Hinterm Horizont

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Seit dem letzten Blog-Eintrag  „Das Mädchen aus dem Song“ schwirren pausenlos Namen in meinem Kopf herum, Namen von weiblichen Wesen, denen deutsche Texter und  Songwriter ein musikalisches Denkmal setzten.Was ist wohl aus ihnen geworden? Aus der so herrlich intellektuellen Annabelle zum Beispiel, die Reinhard Mey anflehte, ihm die rosa Brille samt Gartenzwerg-idylle zu zerstören? Oder aus der standhaften Anuschka, die Udo Jürgens abblitzen ließ mit den Worten „Liebe heut nix gut!“ Oder Cindy Lou, von der Drafi Deutscher ein Bild malen wollte und nicht die passenden Farben fand?

Und wer war das Mädchen aus Ostberlin, das Udo Lindenberg besang und nun im Mittelpunkt des Musicals Hinterm Horizont steht, das am 13. Januar Welt-Premiere im Theater am Potsdamer Platz in Berlin feiert? Sie heißt Manu und stammt aus Pankow. So kann man es in Lindenbergs Autobiographie, die er 2004 veröffentlichte, nachlesen. Im Musical heißt sie Jessie und wird von Josephin Busch gespielt. Den Hut des jungen Udo setzt sich Serkan Kaya auf.

„Es geht um so ’ne geile East-West-Side Story“, bringt es Udo Lindenberg auf den Punkt. „Einer wahren Geschichte wurde ein neues Kleidchen angezogen.“ Die deutsch-deutsche Liebesgeschichte hat  der Autor Thomas Brussig („Sonnenallee“) um zwanzig Hits von Udo Lindenberg geschrieben. Regie führt Ulrich Waller, der Intendant des St.Pauli Theaters in Hamburg. Die Lindenberg-Fans scharren schon ungeduldig mit den Hufen.

Übrigens: Wolltet ihr schon immer wissen, welche Claudia der Kabarettist und ExCELLEnt Bodo Wartke in dem gleichnamigen Lied anhimmelt und für wen er den genialen Reim  machte: Claudia, daraus mache ich kein Hehl. Ohne dich wär’ ich wie Saudia-Rabien ohne Öl?

Also, ich war’s nicht! 😉 Zweckdienliche Hinweise werden gerne entgegengenommen!

Kinofilm „Almanya“ mit Musik
von Stefan Noelle (Celler Schule 2009)

Fremde Länder, fremde Straßen, fremde Lichter“ – das klingt wie ein 60er-Jahre-Schlager, den man eigentlich kennen müsste. Ist aber eine Neuschöpfung. Stefan Noelle (Celler Schule 2009) hat ihn für den Kinofilm „Almanya“ komponiert, getextet, produziert und arrangiert, der im März in die Kinos kommt.
Dazu schreibt er “ die Interpretin nennt sich vor meinem geistigen Auge Anita Doré (oder so ähnlich . . .)“.
Und hier ist das kleine Meisterwerk zum Anhören: Fremde Länder

IN MEINEN TRÄUMEN
(Burkhard Ihme – Celler Schule 1997)

In meinen Träumen liegst du auf der Totenbahre
mit einem Blumenstrauß in deiner kalten Hand
als ein Symbol für all das Gute, Schöne, Wahre,
das man bei dir, mein Schatz, nur leider niemals fand.

In meinem allerschönsten Traum wird deine Asche
aus einem Flugzeug über Reykjavik verstreut,
denn dann liegst du mir nicht mehr auf der Tasche.
Ach, käm‘ der Tag doch bald. Am besten heut.

Und dann stehst du vor der hohen Himmelspforte,
und Sankt Petrus macht dir auf und läßt dich ein
und zeigt dir gleich die Himmlischen Aborte,
denn die müssen stündlich frisch gereinigt sein.

Deine Seele ist dank Gottes großes Gnade
nun gerettet, deine Laster sind besiegt,
und zum Lohn gehörst du jetzt zur Putzbrigade,
weil man vom Manna immer starken Durchfall kriegt.

So wie andere an einer Weihestätte
in tiefer Andacht stehen, stehst nun du
in den geheiligten Gewölben der Toilette.
Und dann scheißen dich die andern Engel zu.

Das Mädchen aus dem Song

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Kürzlich stieß ich beim Surfen im Internet auf folgenden – mittlerweile  beinahe schon verjährten – verbalen Hilfeschrei: „Hallo ich bin verzweifelt möchte meiner freundin ein lied machen um ihr zu zeigen wie sehr ich sie liebe doch ich kann keinen songtext schreiben!!! Wär echt nett wenn es einen geben tuht, der es machen würde.“ Pech für Forum-User Elbow-Joe! Sein Wunsch blieb, wie ich aus den fehlenden Angeboten schließen konnte, unerfüllt. Joes Ellbogen-Taktik ging also nicht auf.

Auf die Idee, seiner Angebeteten ein musikalisches Denkmal zu setzen, waren allerdings schon einige vor ihm gekommen. Paul Anka zum Beispiel, der als schüchterner 15-jähriger ein Lied für die um drei Jahre ältere Diana schrieb, das kurz darauf ein Riesenhit wurde. Oder Donovan, der in „Jennifer Juniper“ das englische Model Jenny Boyd verewigte, die Schwester von Patty Boyd, die mit George Harrison verheiratet war. Oder Leonhard Cohen, der Suzanne besang, Suzanne  Verdal, die Muse der Beatniks aus Montreal, die mit Cohen am St. Lorenz-Strom Tee trank und Orangen aß, aber zu dessen Leidwesen nicht mehr von ihm wollte.

All das noch und viel mehr erzählt der englische Musikjournalist Michael Heatley in dem Buch „Das Mädchen aus dem Song“, erschienen im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. Er hat sich auf die Suche nach fünfzig außergewöhnlichen Frauen gemacht, die berühmte Musiker – von Bob Dylan bis  Mick Jagger –  zu  legendären Liedern inspirierten. Wer waren Angie, Lola, Lovely Rita, Sweet Caroline, Peggy Sue & Co? Wie kam es dazu, dass ein Lied über sie geschrieben wurde? Und was machen sie heute? Heatley hat’s in akribischer Recherche herausgefunden. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: „Ein ganz eigener Streifzug durch die Popgeschichte, mit der richtigen Mischung aus musikalischen und biographischen Hintergrundinformationen und Beziehungs-Tratsch.“

Schade, dass sich der Autor in dem Buch auf englischsprachige Lieder beschränkt hat. So werde ich vermutlich nie erfahren, wer jene Gabi war, die Gerd Böttcher in dem Lied  „Für Gabi tu ich alles“, einem Hit aus dem Jahre 1962, unsterblich gemacht hat (Wer sich noch daran erinnern kann, bitte aufzeigen!). Eine Zeile hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt: „Ich trag auch munter den Mülleimer runter. Für Gabi tu ich alles!“ Was für ein emanzipatorischer musikalischer  Liebesbeweis – zu einer Zeit, als Fifty-Fifty in deutschen Haushalten noch nicht einmal angedacht war, zu einer Zeit, als sogar der Begriff „angedacht“ noch nicht einmal angedacht war.

Beschwerde an Herrn Gott

Ich beschwer‘ mich über’n Winter
ich hätte ihn gern hinter
mir. Und außerdem
wär‘ mir mehr Geld sehr angenehm.
Ich will in diesem Jahr verreisen
und will die besten aller Speisen
und will, dass alle Leut‘ mich preisen.
Und feiern will ich, nur noch feiern!
So frag‘ ich ohne rumzueiern:
Machst du das für mich wahr??

Hallo? War mir klar.
Darum, Herr Gott, auch wenn’s dich trifft:
Siehe Überschrift!!

(Maik Brandenburg)