Thomas Franz und sein Malheur beim Friseur

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Der letzte Friseurbesuch endete letal. Nicht für Thomas Franz, sondern für seinen Figaro, der in seinem Salon Knall auf Fall erschossen wurde. Ob es ein unzufriedener Kunde war oder doch ein Mafioso, ist noch ungeklärt. Thomas glaubt eher an eine Mafiageschichte. Solche Bilder kriegt man nicht so schnell aus dem Kopf, aber nun hat er das Trauma auf einem Video und einem Song seiner neuen CD aufgearbeitet. „Zwischen Iro und Ironie!“, bringt es Musikerkollege Melvin Haak auf den Punkt. „Jetzt geht’s mir besser“, sagt der bayrische Liedermacher, der zur Zeit in München seinen Hausarrest absitzt und dabei den Haaren beim Wachsen zuschaut. „Jetzt geht’s mir besser“ hat er der Einfachheit halber auch die CD benannt.

ALLES EIN BISSCHEN DADA

Die skurrilen Texte bezeichnet Thomas als total konstruierte Kurzgeschichten, kurz TKKG, die er in einer Art Sprechgesang vorträgt, als depressiven bürgerlichen Hip Hop seine Musik. Alles ein bisschen Dada. So fragt er sich, wer im Raumschiff den Dreck wegmacht, beweint seinen Hamster, der im Meer ertrunken ist und die Folgen, wenn man einen Eisbecher per Post verschickt. Und das ganze mit der Attitüde eines sympathischen Losers, den man am liebsten sofort in den Arm nehmen würde, wären nicht Corona und seine Freundin dagegen. Neugierig geworden? Das Album kann man als Download überall kaufen (amazon, itunes, bandcamp etc). Die CD gibt es über bandcamp oder direkt über die Homepage von Thomas Franz. Einfach anschreiben und bestellen.

IRONISCH, TRAGIKOMISCH, ABSURD

„Meine Musik ist“, sagt Thomas, der kokett sein Alter verschweigt, „wahrscheinlich Ausdruck einer arg verspäteten Pubertät. Am besten treffen es vielleicht die Begriffe ironisch, tragikomisch und absurd. Ich freue mich immer, wenn mir was Abwegiges und Unerwartetes einfällt. Dann macht es mir auch selbst mehr Spaß, das Lied zu schreiben. Außerdem freue ich mich, wenn Leute sich nicht sicher sind, ob ich irgendetwas ernst meine oder nicht. Wahrscheinlich weil beides stimmt, also weil ein wahrer Kern drin ist, den ich dann aber künstlerisch verändert habe. Und ich freue mich, wenn Leute gleichzeitig gerührt sind und lachen. Weil meine eigenen Gefühle auch ambivalent sind.“
Die Musik ist minimalistisch. Thomas kommt mit zehn Gitarrengriffen aus und geht auch sparsam mit den Akkorden auf dem Keyboard um. Dass er nicht singen kann, hat er sich schon öfters sagen lassen müssen. Das hat ihn aber in keine Sinnkrise gestürzt. „Ist leider wahr. Von Quantenphysik verstehe ich übrigens auch nichts“, meint er lakonisch. Wenn ihm jemand sagt, er erinnere ihn an Helge Schneider, nimmt er das gern als Kompliment. „Früher wollte ich mal so werden wie Howe Gelb, ein amerikanischer Songwriter. Hier habe ich geschätzte Kolleginnen und Kollegen, wie Lennart Schilgen, Christoph Theussl, der Rockn Roll Diktator, Christian Gottschalk, aber nicht so Liedermacher als Vorbilder.“
2013 war er Stipendiat in der Celler Schule. „Dort habe ich gelernt, sauberer zu arbeiten, also mir am Ende das Lied noch einmal von außen anzuschauen und schlechte Reime und Satzverdreher herauszunehmen, weil es sonst kacke klingt. Und ich erinnere mich noch an die kreativen Partyspiele. Das war irgendwie wie im Landschulheim.“

ZWIEBACK FÜR DIE SEELE

Seit 15 Jahren pendelt Thomas zwischen Berlin und München, wenn nicht gerade die Corona-Maßnahmen dagegen sind. „München hat sich für mich immer wie zuhause angefühlt, obwohl alle Vorwürfe natürlich stimmen: es ist teuer, es ist schick, und die nicht so hohe Kultur führt ein Mauerblümchendasein – an einer Mauer, die vielleicht schon nächsten Monat eingerissen wird, und dann kommen da Büros hin oder Eigentumswohnungen.“ Regelmäßige Auftritte hat er im Vereinsheim Schwabing. In Berlin ist sein Lieblingsauftrittsort die Scheinbar. „Das ist ein kleines Varieté-Theater mit einer langen Tradition. Wenn gerade nicht Pandemie ist, kann man dort von Mittwoch bis Samstag auf die Offene Bühne springen. Leider geht es der Scheinbar nicht gut gerade, aus den allgemein bekannten Gründen. Ich hoffe, dass es sie noch lange gibt.“

AUF DER SUCHE NACH EINEM NEUEN FRISEUR

Und wie wurschtelt sich Thomas durch die Krise? „Ich komme schon klar, aber das Auftreten fehlt mir. Mein Solo-Konzertprogramm „Zwieback für die Seele“ wartet geduldig in der Schublade auf bessere Zeiten. Im September habe ich einen Songslam im Berliner Heimathafen gewonnen. Das war ein kleines Erfolgserlebnis für zwischendurch. Manchmal schaue ich mir Hamstervideos auf Youtube an und weine in meinen Zwieback. Die Haare sind mittlerweile nachgewachsen, ich müsste wieder mal zum Friseur. Halt zu einem neuen, weil der alte ist ja tot.“

Ewiger Moment – Debütalbum von Stefan Waldow

Stefan Waldow 3 (credits Tanja Kammel)

 

Von Claudia Karner (Celler Schule 2016)

Manche Großereignisse dauern in Hamburg länger als veranschlagt, werden dann aber noch besser als erwartet: Die Elbphilharmonie zum Beispiel oder das Debütalbum des Singer-Songwriters Stefan Waldow. Am Samstag wurde die CD Ewiger Moment im Gängeviertel in einem Release-Konzert präsentiert. Dort, wo Stefan als Mitbegründer der Konzertreihe Sängerknaben und Sirenen selbst oft und gerne als Gastgeber fungiert.

Stefan Waldow habe ich in der Celler Schule kennengelernt. Fast zwölf Jahre ist das jetzt her. Ich erinnere mich noch gut, dass er allabendlich nach Seminarschluss am Klavier saß und Der Wind schickt mir deine Lieder spielte. Eine traurige Ballade an den verflossenen Liebsten, die ich gleich zu meinem Lieblingslied erkor. Die Zeit machte nicht Halt. Stefan trägt nach einem Intermezzo mit Zylinderhut jetzt graue Schläfen und einen ebensolchen Hipster-Bart (Ob das eine Reminiszenz an den Achtel-Dänen ist, der in ihm schlummert?), geblieben ist sein jungenhafter Charme in der Stimme. Schon in der Celler Schule träumte der Sänger und Pianist von einer eigenen CD. Dass die Produktion, die durch Crowd Funding finanziert wurde, nun so lange gedauert hat, ist wohl neben diversen beruflichen Engagements auch Stefans hohem Qualitätsanspruch geschuldet. Herausgekommen ist, so steht’s im Pressetext, „ein Werk, das dem realen Prinzip Vergänglichkeit etwas entgegenzusetzen hat: Das Leben und Erleben von Musik als ewigen Moment.“

Der Wind schickt mir deine Lieder ist auch auf der CD zu hören, und zwar in einer sehr ins Ohr gehenden Salsa-Version. Stefan und seine zwei Musikerkollegen, Kai Ortmann am Schlagzeug und Christian Glauß am Bass, schufen zwölf Songs aus einem Mix aus Pop, Jazz und Chanson. Da passt mein altes/neues Lieblingslied gut dazu. Auch die anderen Texte berühren. Man spürt Stefans Affinität zum Meer (Ebbe und Flut), zur Natur (Unicornwall), seine Suche nach dem Sinn des Lebens (Wo geht die Reise hin? oder Ohne Musik) und der besonderen Liebe und Wertschätzung (Ein Mann, ein Wort).

Während ich nach dem vierten Mal Anhören des Albums noch immer grüble und grüble, was denn wohl der ewige Moment sei, wollen meine Fingerkuppen Goethes Faust zitieren: „Verweile, ach, du bist so schön!“ Das sei nun doch ein bisschen zu übertrieben, flüstert mir meine unsichtbare Kritikerin ein. Dann lasse ich es eben bleiben und lege noch einmal die CD ein.

Ich gestehe: Ich könnte sie ewig hören!

 

PS: Heute kam ein Mail von Stefan: „Der Konzertabend war wirklich etwas Besonderes für mich. Als Zugabe gab es einen neuen Song von mir, „Brücken bauen“. Den für meine Verhältnisse ungewöhnlich politischen Song habe ich ursprünglich letztes Jahr für den CITY LINK (kultureller Städteaustausch Hamburg / Kopenhagen) komponiert, wofür der Achtel-Däne in mir ein paar dänische Zeilen dazugetextet hatte. Für die Neuauflage am Samstag habe ich Unterstützung von zwei jungen Geflüchteten bekommen – von Muslim, einem Studenten aus Syrien und Siri, einer Sängerin aus Armenien, die erst auf deutsch und dann in ihrer jeweiligen Muttersprache (kurdisch und armenisch) ein paar selbst gedichtete Zeilen mit uns gesungen haben. Das war ein sehr bewegender Abschluss für alle Konzertbesucher.“

 

Fotocredit: Tanja Kammel

 

Engelszungenbrecher – Lieder und Schabernack mit Lennart Schilgen

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Nun ist es raus, das erste Album von Lennart Schilgen, das live im Zebrano-Theater in Berlin aufgenommen wurde. Engelszungenbrecher heißt es, genau wie Lennarts aktuelles Solo-Programm. Schon im Titel zeigt sich sein Hang zur Doppelbödigkeit. „Ich habe heute so viel vor…“, platzt der Berliner Liedermacher und Musik-Kabarettist gleich zu Beginn heraus, um dann mit einem „…mir hergeschoben“ die vollmundige Behauptung gleich wieder zu relativieren.

„Lieder und Schabernack“ machen, das mag er und das kann er. Lennart Schilgen inszeniert sich dabei als liebenswerter Nichts-auf-die-Reihe-Krieger, auf dessen To-Do-List ganz oben „Aufstehen“ steht, der aber an der Snooze-Taste oder an der verlorenen Telefonnummer scheitert. Das tut er mit soviel Musikalität, sprühendem Wortwitz und Selbstironie, dass dieses Scheitern für den Zuhörer zum reinsten Vergnügen wird. Es geht dem Liedermacher in erster Linie nicht um den schnellen Gag. Seine Texte zeichnen sich durch genaue Beobachtungsgabe, perfekte, unverbrauchte Reime und einen Hang zum Absurden aus. Das ist komisch und anrührend gleichzeitig, wenn das Komische ins Tragische kippt und umgekehrt. Und dabei sitzt Lennart immer der Schalk im Nacken wie Pippi Langstrumpf Herr Nilsson, der kleine Affe.
Lennart Schilgen erzählt nicht nur von widerspenstigen inneren und äußeren Schweinehunden und deren Zähmung, sondern auch von Frauen: von der globetrottenden Marta zum Beispiel, der er schon nachheult, bevor sie noch weg ist, oder von Miriam und ihren rotäugigen, blassen Handyfotos und vor allem von Lea, der Kurzzeitflamme, der er am Telefon gesteht, er hätte ein Lied für sie geschrieben und – Was für ein charmanter Wink mit dem Zaunpfahl an die Radiomacher! – sie solle es von ihm erfahren und nicht aus dem Radio. Lea wurde von David Wonschewski auf seinem Lieder- und Chansonblog Ein Achtel Lorbeerblatt zum Videotipp des Monats Dezember gekürt. Lennart begleitet sich selbst bei seinen Songs, er spielt Klavier und Gitarre, routiniert und vielseitig, mal zart, mal Rock’n’Roll, so wie es eben der Inhalt des Songs verlangt. „Was dabei herauskommt, ist subtiler Wahnsinn zum Wohlfühlen“, schreibt der Pressetexter. Der Mann hat Recht!

Schilgen, Absolvent der Celler Schule 2011, ist mit seinen 28 Jahren in der Szene kein Unbekannter mehr. Er hat sowohl im Alleingang als auch mit seiner Kabarett-Band Tonträger schon etliche Chanson- und Kleinkunstpreise gewonnen, darunter den 1. Preis (plus Publikumspreis) beim Potsdamer Chansonfestival 2012 – vor Georg Clementi und Konstantin Schmidt. Mit den Tonträgern gewann er 2017 die St. Ingberter Pfanne, als Solokünstler ersang er sich im selben Jahr beim Deutschen Songcontest Der Troubadour trotz gerissener Gitarrensaite den 3. Platz. 2016 gewann er den Bielefelder Kabarettpreis und ein Jahr zuvor den Deutschen Chansonpreis 2015 in der Nachwuchskategorie. „Man geht mit Freude mit auf seine doppelten Böden, man jubelt innerlich über die vielen Einfälle und Reime. Wunderbar leichte, überraschend unaufwändige und höchste einfallsreiche Songs“, hieß es in der Laudatio. „Lyrisch astreines Wortwerk … eines Reinhard Mey würdig“, schrieb der Tagesspiegel.

Erhältlich ist Engelszungenbrecher unter mail@lennartschilgen.de oder als Download bei Amazon,iTunes, Spotify, Deezer, Google Play, 7Digital und Slacker.

Wir geh’n durch die Zeit – Das aktuelle Musikvideo von Roland Kaiser

Über Marcel Brell, Celler Schule Jahrgang 2010, heißt es auf seiner Homepage: „Brells Lieder sind wie Filme im Kopf“. Kein Wunder: Denn Brell schreibt nicht nur Songs, er filmt auch! Im Oktober wurde das aktuelle Musikvideo von Roland Kaiser veröffentlicht. Und Brell hat es gedreht.

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„Andere denken in seinem Alter an Rente“, kommentiert MDR.de das jüngste Album, „Roland Kaiser legt mit 65 noch einmal so richtig los“. Am 20. Oktober erschien „stromaufwärts – kaiser singt kaiser“. Der Name ist Programm. Das Konzept: Neue Interpretationen seiner größten Hits.
„Es war eine sehr bewegende Reise zurück an die Quellen meiner musikalischen Laufbahn – immer stromaufwärts, da muss man manchmal rudern, manchmal geht es mit geblähtem Segel voran (Roland Kaiser / Marketing & Communikation Service).“
Mit dem Album feiert Kaiser gleichzeitig „seinen Einstand beim Sony Music-Label RCA Deutschland“, heißt es auf der Homepage des Schlagersängers.

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Das neue Album hat auch direkt sein erstes Musikvideo bekommen. Und zwar zu dem Song ‚Wir geh’n durch die Zeit‘ (Text: Anna Krabbe / Musik: Anna Krabbe & Frank Kretschmer):
„Die Jahre flogen wie ein Wimpernschlag vorüber und voller Staunen steh ich dir nun gegenüber…“
Kopfsteinpflaster und Altbauten. Ein Paar Arm in Arm unterwegs auf den Straßen der Stadt… Das Musikvideo begleitet die beiden durch die gemeinsamen Stunden sowie beim Revue passieren lassen ihrer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Marcel Brell, sonst bekannt als Komponist und Sänger, Träger des Fred-Jay-Preises und nominiert für den Deutschen Musikautorenpreis (in der Kategorie Nachwuchs), hat diese klaren und gefühlvollen Bilder erschaffen.

Das Musikvideo ist „für echte Fans ein Muss“, behauptet schlager.de. Und auch für die, deren Herz nicht Schlager schlägt, ist „Wir geh’n durch die Zeit“ auf jeden Fall einen Klick wert.

 

 

 

 

[Foto von Roland Kaiser: Sandra Ludewig. Quelle: www.roland-kaiser.de;

Foto von Marcel Brell: Quelle: www.marcelbrell.de]

Neue CD von Sylvia – Die Unvollendete

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Sylvia - die Unvollendete
Sylvia – Die Unvollendete

Was kann einen himmelblauen Frühlingstag noch schöner machen? Ein Päckchen aus Berlin. Darin die neue CD der Musikkabarettistin und Chansonsängerin Sylvia – Die Unvollendete. Nach „Fang nichts mit deinem Pianisten an“ legt die ExCELLEntin (Jahrgang 2007) ihr 2. Album mit dem Titel „Egoisten müssen zusammenhalten“ vor.

Ist Ihnen dieses Phänomen vertraut? Sie lernen jemanden kennen und möchten gerne mehr über ihn erfahren. Gespannt werfen Sie die Suchmaschine Ihres Vertrauens an und stalken dem Objekt Ihrer Begierde virtuell hinterher. Sylvia tut es auch. „Ich hab dich gegoogelt heut Nacht“, gesteht sie mit leicht frivoler Stimme auf dem 1. Lied der CD, einem Lied, das man nicht mehr aus dem Ohr kriegt und das mit einer wunderbaren Pointe endet. Ein toller Einstieg! Dass die Chansons eine unerwartete Wendung nehmen, ist neben den witzigen, unverbrauchten und durchwegs perfekten (von wegen unvollendet!) Reimen eine Spezialität von Sylvia. Erstaunlich, was die Frau alles auf dem Kasten hat: Sie schreibt nicht nur die Texte, sondern auch die Melodien selbst, die – durchaus beabsichtigt – wie aus der Zeit gefallen klingen. Das macht eine ganze besondere reizvolle Mischung aus. Ihre musikalischen Vorbilder wie Friedrich Hollaender und Georg Kreisler sind unüberhörbar.

Der Bogen der Themen ist weit gespannt. Mal gibt sich Sylvia – Die Unvollendete mit entzückender Berliner Schnauze (n)ostalgisch („Wenn noch DDR wär“), mal nimmt sie den zeitgeistigen Lifestlye auf die Schippe („Nimm doch ’nen Nerd“, „Du bist fest und ich bin frei“ und „Wer kennt wen?“). „Das Bett von Jeannette“, in dessen Matratze noch Licht brennt (Was für eine köstliche Formulierung!) endet in einem Furioso. Regisseur und Chansonsänger Jo van Nelsen attestiert dem Lied absolute Kreisler-Qualitäten in Text und Melodie.

„Fang nichts mit deinem Pianisten an“, riet Sylvia – Die Unvollendete auf ihrer ersten CD. Nun hat sie es doch wieder getan. Der Mann am Klavier ist Peter André Rodekuhr, der auch zwei Duette mit der Chansonette singt. Egoisten müssen zusammenhalten. Zumindest für die Dauer von 14 Liedern. Die CD gibt es auf Amazon, I-Tunes und GooglePlay.

 

 

 

 

 

 

 

Stephan ULLMANN mit seinem ersten Soloalbum ALLES ANDERS – und ein exCELLEnter Kollege

Nicht nur ein excellenter Kollege – aber einer der vielen ist einer von uns. Erdmann Lange (Celler Schule 2014) hat ganz entscheidend an diesem Album mitgewirkt.
Also der Reihe nach:

Stephan Ullmann ist vor allem in der Musikszene des Rhein-Neckar-Raums, aber auch darüber hinaus seit Jahren eine feste Grüße – allerdings meist in der zweiten Reihe oder als Side-Kick für andere: Er war Gitarrist für Acts wie Anne Haigis, Julia Neigel oder Xavier Naidoo, hat für Herbert Grönemeyers Liveshows Beats programmiert, mit den No Angels zusammengearbeitet und in dem Studio, das er zusammen mit dem Grönemeyer-Drummer Armin Rühl betreibt, Platten für Grönemeyers „Grönland“ – Label produziert. Dazu kamen unzählige Liveshows auf großen Firmen-Events und Galas, die er als Gitarrist und Sänger bestritten hat – und seit mehreren Jahren die Tätigkeit als Songwriting-Coach für die ZDF / KiKa – Sendung „Dein Song“.

ULLMANNCoverALLES ANDERSJetzt aber soll „ALLES ANDERS“ werden, und dafür hat sich ULLMANN Verstärkung geholt: Nicht nur sind auf seinem Soloalbum, auf dem er erstmals eigene, deutschsprachige Songs veröffentlicht, illustre Musiker wie Ralf Gustke (Drums) und Robbee Mariano (Bass) von den Söhnen Mannheims zu hören. Als Toningenieur zeichnete Sascha Kohl, sonst live unterwegs mit Xavier Naidoo und Rea Garvey, verantwortlich. Und für mehr als die die Hälfte der Titel auf ALLES ANDERS hat mit Erdmann Lange ein Ex-CELLEnt die Texte beigesteuert:

Aus seiner Feder sind IRGENDWO IM NIRGENDWO (übers Loslassen und die Hoffnung auf ein Wiedersehen), DU LÜGST SO SCHÖN (übers Verführt werden wider besseres Wissen),  DIE ALTEN FOTOS (übers Zurückdenken an wilde Zeiten), IN DEINEN ADERN (übers Vatersein), AM OFFENEN HERZEN (über Leidenschaft, die auch mal über Schmerzgrenzen geht) und FEUER FLAMME ASCHE (übers Abkühlen nach großer Hitze) – zum Teil in enger Zusammenarbeit mit Stephan Ullmann, der in allen Fällen die Musik komponiert hat.

Auslöser für Stephan Ullmann war der von ihm selbst nach dem Tod seines Vaters geschriebene Song WENN DIE BLÄTTER FALLEN – für ihn die erste deutschsprachige Nummer. In diese Richtung sollte es weitergehen – das Gefühl, erstmals eigene, sehr persönliche Songs präsentieren zu wollen, ließ ihn ab diesem Zeitpunkt nicht mehr los, und dafür suchte er einen passenden Sparringspartner. In persönlichen Gesprächen über das Leben, die Liebe und die Musik und bei dem einen oder anderen Kaltgetränk ist dann – nachdem ein gemeinsamer Freund Stephan Ullmann und Erdmann Lange überhaupt erst miteinander bekannt gemacht hatte – mehr als nur eine musikalische Zusammenarbeit entstanden.

Das Resultat ist auf ALLES ANDERS zu hören. Und weitere Songs sind bereits in Ko-Produktion…

Infos zum Album / Stephan ULLMANN: www.dynamo-records.com  &  www.deltasoul.de

Tatort Liebe? Tatort Springe!

 

Von Erdmann Lange (Celler Schule 2014)

Andi Königsmann, Erich Sellheim, Terence Olivier, Tobias Reitz und Erdmann Lange als Texter – sowie  abermals Andi Königsmann, Willy Klüter und Mike Rötgens unter den Komponisten: Alles Namen aus vergangenen (und im Falle der Dozenten natürlich auch künftigen) „Celler Jahrgängen“, die nun im Booklet zum neuen Album von Ross Antony mit dem Titel TATORT LIEBE zu finden sein werden, das am 12. Februar bei Telamo erscheint. Dabei ist zumindest einer der Titel sogar unmittelbar aus den in Springe bearbeiteten „Aufgaben“ des Jahres 2014 entstanden!Ross Antony

Insgesamt sind gleich fünf Songs auf dem neuen Album des in England geborenen Sängers und Moderators – nämlich LIEBE,  DAS TUT SO GUT, ICH LEBE MEINE TRÄUME, ZEIT ZU LEBEN  sowie DIE LIEBE WEISS SCHON WAS SIE TUT – Werke der oben genannten Ex – Cellenten und Celler Schule – Dozenten.

„Ross Antony featuring Celler Schule“, könnte man also sagen…

 

Mister X – der Spion, der dich liebt

Wer ist Mister X? Was hat er vor? Und was macht er auf diesem Blog?
Fragen über Fragen, auf die es (noch) keine Antworten gibt.
Mister x

Während die ganze Musikbranche rätselt, wer hinter dem Pseudonym Mister X stehen könnte und selbst versierte Stimmanalytiker sich die Haare raufen, ist bisher nur folgendes bekannt:

„Der Spion… der dich liebt“ ist ein Fox-Brett erster Güte, umhüllt von typischen Bond-Sound und geschickt eingesetzten Effekten. Schon beim ersten Hören lässt er einen nicht mehr kalt und bleibt im Ohr kleben wie Kaugummi.

Geheime Unterlagen des Secret Service kündigten sogar bereits eine Version auf Englisch an, mit dem Mister X nach Deutschland auch den Rest der Welt erobern will. Doch wir wissen, die Welt ist nicht genug und es bleibt spannend, was der geheime Agent weiter plant.

Wer sich selber ein Bild machen und sich an dem mysteriösen Ratespiel beteiligen will, kann den Song ab sofort bei allen legalen Downloadportalen kaufen!

Und wer weiß… vielleicht wird das Geheimnis ja bald gelüftet…

Fritz Löhner-Beda im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Sie sind das Obst der deutschen Einheit. Aber warum Bananen, ausgerechnet Bananen? „Die Banane ist eine Hoffnung für viele und eine Notwendigkeit für uns alle“, sagte Konrad Adenauer einst im Wirtschaftswunderland. Die Aussage muss sich wohl ins kollektive Gedächtnis der Deutschen gegraben haben. Wie ließe es sich sonst erklären, dass einen Tag nach dem Mauerfall am 9. November 1989 in den westdeutschen Supermärkten alle krummen Dinger schlagartig ausverkauft waren? Die Banane – das Luxussymbol der Ossies!

Dabei hatte schon in den 1920-Jahren die Tropenfrucht Furore gemacht. Josephine Baker brachte nur mit einem Bananenröckchen bekleidet die Männer in Paris, Berlin und Wien zur Raserei, und Fritz Löhner-Beda, einer der genialsten Textdichter seiner Zeit, setzte dem gelben Früchtchen mit dem Lied „Ausgerechnet Bananen“ ein literarisches Denkmal.

WAS MACHST DU MIT DEM KNIE, LIEBER HANS?

Fritz Löhner-BedaFriedrich Löhner wurde am 24. Juni 1883 als Bedrich Löwy im böhmischen Wildenschwert geboren. Die gutbürgerliche jüdische Familie zog vier Jahre später nach Wien. Beda bedeutet auf Tschechisch Fritz. So riefen ihn seine Eltern, und diesen Namen nahm er auch als Pseudonym an, als er als Gymnasiast seine ersten Gedichte veröffentlichte. 1908 promovierte Löhner zum Doktor der Rechte, übte seinen Beruf allerdings nie aus. Er hatte schon früh schriftstellerische Ambitionen und liebte die Unterhaltung, die sogenannte leichte Muse. Beda schrieb Gedichte und Kabarett-Sketche und machte sich auch bald als Schlagertexter einen Namen. Die Texte bestachen durch feine Ironie, charmante Zweideutigkeiten und höchste Reimkunst. Zur raschen Verbreitung trugen die neuen Medien Radio und Tonfilm  bei, und die Comedian Harmonists, die erste Boygroup der Welt, machten sie zu Hits mit ungeahntem Haltbarkeitsdatum. Wer kennt nicht „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans!“ (Musik: Richard Fall), „O Donna Clara“ (Musik: Jerzy Petersbursky ) und „Ausgerechnet Bananen“ (Musik: Irving Cohn). Dieses Lied war eine äußerst freie Übertragung des englischen Songs „Yes, we habe noch Bananas“. Dass all diese Lieder in den 1990er Jahren ein Revival erlebten, ist nicht zuletzt Max Raabe und dem Palast-Orchester zu verdanken.

DEIN IST MEIN GANZES HERZ

Entscheidend für die steile Karriere von Löhner-Beda war die Begegnung mit dem Operettenkomponisten Franz Lehár. Dem ersten gemeinsamen Werk „Der Sterngucker“ war zwar kein Erfolg beschieden. Aber schon beim zweiten Anlauf schafften Lehár und Löhner-Beda, der Ludwig Herzer als Co-Autor ins Boot holte, mit „Friederike“ einen Sensationserfolg. Den größten Triumph erreichte das Trio mit „Land des Lächelns“ (1929). „Dein ist mein ganzes Herz“ wurde zum berühmtesten aller Lieder, die der Startenor Richard Tauber sang. Löhner-Beda widmete es seiner Frau Helene. Um in Lehárs Nähe zu sein, kaufte er sich in Bad Ischl die Villa Felicitas, die ehemalige Villa von Katharina Schratt. Dort pflegte der damalige Kaiser Franz Josef, wenn er in Bad Ischl auf Sommerfrische war, zu einem Gugelhupf und mehr einzukehren. (Übrigens: Zur Zeit steht die Villa wieder zum Verkauf frei!)

Auch viele dieser Operettenklassiker feiern wieder ein Revival. Im vergangenen Jahren erschienen CDs der Startenöre Jonas Kaufmann („Du bist die Welt für mich“) und Piotr Bezcala („Mein ganzes Herz“), die Werke von Franz Lehàr und somit auch Fritz Löhner- Beda zum Inhalt haben.

FREUNDE, DAS LEBEN IST LEBENSWERT!

Mit dem Komponisten Paul Abraham schrieb Löhner-Beda 1930 „Victoria und ihr Husar“, 1931 „Die Blume von Hawaii“, 1932 „Ball im Savoy“ und 1934 mit Franz Lehár „Giuditta“. Daraus stammt das Lied „Freunde, das Leben ist lebenswert!“. Es sollte die letzte Operette der beiden sein. Löhner-Beda erkannte nicht die tödliche Gefahr, die von Hitler, den er spöttisch den Tapezierer nannte, ausging. Freunde drängten ihn, das Land zu verlassen, doch er blieb. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 war es für Flucht zu spät. Mit dem 1. Prominenten-Transport wurde er in das KZ Dachau und dann nach Buchenwald deportiert. Unter den Häftlingen befand sich auf der Komponist  Hermann Leopoldi. Im KZ schrieben die beiden das Buchenwaldlied, eine Lagerhymne, die die Häftlinge beim täglichen Appell singen mussten. Ein Lied, von dem Löhner-Beda sagte, es wäre sein bestes gewesen.

EINMAL KOMMT DER TAG, DANN SIND WIR FREI!

Währenddessen hatte sein Name schon aufgehört zu existieren. Er wurde in das „Lexikon der jüdischen Musik“ aufgenommen und durfte, obwohl die Lieder und Operetten gespielt wurden, nicht mehr in den Programmen, Notenheften und Schallplattenetiketten aufscheinen. Löhner-Beda hoffte bis zuletzt auf Lehárs Fürsprache. Umsonst! Er starb am 4. Dezember 1942 in Auschwitz, ohne vom Tod seiner Frau und seiner beiden Töchter, die in einem KZ in Minsk ums Leben gekommen waren, erfahren zu haben. Weil er zu langsam arbeitete, wurde er von einem Mithäftling erschlagen. Die offizielle Todesursache lautete Altersschwäche. „Denn einmal kommt der Tag, dann sind wir frei“ – diese Zeile aus dem Buchenwaldlied ging für Fritz Löhner-Beda nicht in Erfüllung.

…UND PFEIFEN AUF DIE SITTSAMKEIT!

Wer mehr über das tragische Leben und das Werk von Fritz
Löhner-Beda wissen will, kann dies in zwei Biographien nachlesen: „Kein Land des Lächelns“ von Barbara Denscher und „Dein ist mein ganzes Herz“ von Günther SchwarbergCharles Lewinksy verwandelte Bedas Leben in das berührende Theaterstück „“Freunde, das Leben ist lebenswert“. Christoph-Wagner-Trenkwitz, Chefdramaturg an der Wiener Volksoper, brachte den Gedichtband „Wie man sich trefft im Ampezzotal“ heraus, der längst vergriffene Texte von Beda beinhaltet.

Heuer setzten das Salzburger Vokalensemble Auftakt und der Wiener Schauspieler Alfred Pfeifer ein Herzensprojekt von mir in die Tat um. „…und pfeifen auf die Sittsamkeit!“ heißt die heiter-frivole Hommage an den verehrten Meister. Das Besondere an der CD: Einen Tonträger, der ausschließlich Werke von Fritz Löhner-Beda beinhaltet, gab es noch nie. „…und pfeifen auf die Sittsamkeit!“ – so heißt auch das Bühnenprogramm, das am 11. November wieder im kleinen theater in Salzburg zu sehen ist.

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Camillo Felgen im Porträt

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Schnee von vorvorgestern: Am 13. März 1965, also vor genau fünfzig Jahren, landeten die Beatles auf dem Flughafen in Salzburg. 5000 Fans standen auf dem Rollfeld (ja, das durfte man damals noch!), um The Fab Four willkommen zu heißen. Nach der Pressekonferenz ging es dann weiter in den Wintersportort Obertauern, wo die Dreharbeiten für die Agenten-Parodie „Help!“ stattfanden. Drei Songs auf der gleichnamigen LP kennen wahre Beatles-Fans heute noch auswendig: Help, Ticket to ride und Yesterday. „Hi-Hi-Hilfe!“ hieß die deutsche Fassung des Films. Apropos Deutsch: Haben Sie sich schon mal gefragt, wer eigentlich für Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr die deutsche Übersetzung von I want to hold your hand schrieb? Es war Camillo Felgen.

Camillo Felgen
Camillo Felgen

TAUSENDSASSA AUS LUXEMBURG

Camillo Felgen wurde als Camille Jean Nicolas Felgen am 17. November 1920 in in Tetingen in Luxemburg geboren. Nach Volksschule und Gymnasium besuchte er die Lehrerbildungsanstalt und war als Volksschullehrer und Dolmetscher tätig. Danach studierte Felgen Schauspiel, Gesang und Oper in Brüssel und Lüttich, schloss das Studium 1949 ab und widmete sich der leichten Muse. Seinen ersten internationalen Plattenerfolg hatte er bereits zwei Jahre später mit „Bonjour les amis“. Dieses Lied wurde später die Erkennungsmelodie für den französischen Sender von Radio Luxemburg. Als Camillo Felgen 1958 zum ersten deutschsprachigen Programmleiter von Radio Luxemburg, dem ersten Privatsender Europas und Vorläufer von RTL, berufen wurde, erfand  er das Radio neu. Mit seiner sonoren Stimme, seiner charmanten Art zu moderieren und seiner Improvisationskunst begeisterte er Millionen von deutschsprachigen Hörern und vor allem Hörerinnen. Felgen traf den Nerv der Zeit. Seine Hitparade wurde Kult. „Die großen Acht“, eine Sendung, in denen er Neuerscheinungen aus aller Welt vorstellte, galt als Erfolgsbarometer für die Plattenindustrie. Das sonntägliche Wunschkonzert ist für viele heute noch unvergessen. In den 1960er und 1970er Jahren stand Radio Luxemburg – zumindest akustisch – für ein vereintes Europa. Der Fernempfang über Kurz- und Mittelwelle machte die Diskussionen über offene Grenzen und Zusammengehörigkeit obsolet. Kaum zu glauben: Es gab sogar spezielle Kofferradios mit der „Radio Luxemburg-Taste“. Mit einem Klick zum richtigen Sound, hieß die Devise.

JEAN NICHOLAS ALS PSEUDONYM

Camillo Felgen erfand den Werbeslogan „Die fröhlichen Wellen von Radio Luxemburg“ und war maßgeblich an der Schaffung des „Goldenen Löwen von Radio Luxemburg“ beteiligt, einer Auszeichnung für nationale und internationale Künstler. Auch als Sänger war er erfolgreich. Der Bariton vertrat zwei Mal  Luxemburg beim Grand Prix Eurovision de La Chanson, dem Vorläufer des Eurovision Song Contests, und erreichte 1962 mit  dem französischen Lied Petit Bonhomme den dritten Platz. 1968 verließ Camillo Felgen den Radiosender, denn es lockte ein neues Medium, das Fernsehen. Wetten, dass Sie seinen Nachfolger kennen? Es war – Richtig! – Frank Elstner.  Felgen wechselte zum WDR  und moderierte er von 1965 bis 1973 125 Mal die legendäre Fernsehsendung „Spiel ohne Grenzen“. Dazwischen fand das Multitalent Zeit, für sich und andere Liedtexte zu schreiben. Für sein Pseudonym Jean Nicholas nahm er Anleihe bei seinem zweiten und dritten Vornamen. Er schrieb auch unter Lee Montague,was mitunter zur Verwirrung führte. 2000 Lieder sind es im Laufe seines Lebens geworden. Einer seiner größten Hits  war Sag warum?. Die Single verkaufte sich 800.000 mal. An diesen Erfolg kam nur der Titel Ich hab’ Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren  heran, das im Original von Bobbejaan gesungen wurde.  Dieser unverwüstliche Evergreen aus dem Jahr 1961 treibt noch heute ungezählten Müttern und Großmüttern die Tränen in die Augen.

KOMM, GIB MIR DEINE HAND!

In den 1960er Jahren war  so es durchaus üblich, fremdsprachige, meist englische Lieder ins Deutsche zu übertragen. So schrieb Felgen für Connie Francis den Hit Schöner, fremder Mann (während die Originalversion Someone else’s boy in den USA floppte), für Peter Alexander Ich zähle täglich meine Sorgen (Original: Heartaches by the number), für Rolf Paulsen Bonanza und für die Beatles  Komm gib mir deine Hand (I want to hold your hand) und Sie liebt dich (She loves you). Der Produktionsleiter des deutschen Plattenvertriebs war der Überzeugung, dass die Beatles in Deutschland nur Erfolg hätten, wenn es auch eine deutschsprachige Fassung gäbe. Felgen flog nach Paris, wo er im Nobel-Hotel „Georges V“ John Lennon und Paul McCartney traf.  Ihm blieben nicht einmal 24 Stunden Zeit, um die Texte zu verfassen und mit den zwei Pilzköpfen die Songs phonetisch einzustudieren. Fast wäre das Unterfangen gescheitert, zu sehr plagten sich John und Paul mit der deutschen Aussprache. Am 29. Januar 1964 wurden im Pariser Tonstudio Pathé Marconi die neuen Texte aufgenommen und über die Original-Musikspuren gelegt. Nicht einmal eine Woche später, am 4. Februar 1964, erschienen die Aufnahmen als Komm, gib mir deine Hand/Sie liebt dich  liebt Dich (Odeon 22671) und erreichten einen fünften  beziehungsweise siebten Rang der deutschen Hitparade.. Letztendlich war die englischsprachige Originalfassung erfolgreicher. Sie war die acht Wochen auf Platz 1 und wurde  im April 1964 von „O my Darling, Caroline“ von Ronny verdrängt. Heute werden die beiden Songs als Kuriosum gewertet. Sie sind die einzigen Lieder, die die Beatles in Deutsch aufgenommen haben und obendrein die einzigen, die außerhalb von London  entstanden sind.

1987 zog sich Camillo Felgen offiziell aus der Medienwelt zurück. Sich auf seinen Lorbeeren ausruhen, wollte der Radiopionier auch im fortgeschrittenen Alter nicht. Er schrieb französische und deutsche Chansons,  spielte Theater und wirkte in Filmen mit, u. a. in  Andy Bauschs „Le Club des Chômeurs“.  2004 drehte der luxemburgische Filmemacher eine Dokumentation über seinen Landsmann unter dem Titel  „Monsieur Warum“  – als kleine Anspielung an dessen größten Erfolg „Sag warum“. Ein Jahr später, am 17. November 2005, verstummte die wunderbare Stimme von Camillo Felgen für immer.

Auch fast zehn Jahre nach seinem Tod scheint er unvergessen zu sein. So betreibt Meike Konrad aus Offenbach im Internet eine liebevoll gestaltete Fanseite, um das Andenken an jenen Mann zu bewahren, der den Beatles Sätze wie O du bist so schön, schön wie ein Diamant. Ich will mit dir gehen. Komm gib mir deine Hand in den Mund gelegt hat. Übrigens: Im Original ist der Text auch nicht besser!

 

 

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Mark Scheibe am digitalen Lagerfeuer

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Mark Scheibe
Mark Scheibe, der Hit-Experimentierer  Foto: Monic Johanna Wollschläger

Schreiben ist ein einsamer Job. Das wissen wir alle. Und dass die Inspiration nicht immer dann kommt, wenn man sie braucht, leider auch. Der Sänger, Pianist, Texter und Komponist Mark Scheibe (Celler Schule 2013), hatte im vergangenen Oktober eine geniale Idee. Der gebürtige Bremer, der seit 2001 in Berlin lebt, startete via Facebook ein Hit-Experiment und bat dort um eine inspirierende Wortspende. Viele FB-Freunde nahmen diese Idee begeistert auf und warfen Mark dreizehn Tage lang verbale Hölzchen zu, aus denen er innerhalb eines Tages ein komplettes Lied fabrizierte. Kaum zu glauben: Am nächsten Morgen stand im Internet bereits ein Video von dem fertigen Song, den Mark Scheibe zum Piano oder zum flugs produzierten Playback sang. Insgesamt dreizehn Lieder entstanden so in Rekordzeit. Die Ideenlieferanten sind im Abspann der Videos namentlich erwähnt.

„Es bildete sich eine bemerkenswerte Gemeinschaft. Je länger das Hit-Experiment ging, desto tiefgehender und berührender wurden die Beiträge, die über einzelne Begriffe weit hinausgingen“, erinnert sich Mark Scheibe. „Nach ein paar Tagen waren die Kommentare auf meiner Facebook-Seite ein Ozean der Poesie, dessen Flut mich überwältigte. Diese Kommentare waren für mich so befruchtend wie ein Abend mit guten Gesprächen mit Freunden am Lagerfeuer, daher die Assoziation „digitales Lagerfeuer“. Mir kam es vor, als würde jeder etwas von sich erzählen, und ich sitze da und schaue, was sich zu Musik machen lässt. Die Wege der Inspiration lassen sich beim Studium der Kommentare zurückverfolgen. Oft ergab sich ein kollektives Thema, dass ich je nach meiner Tagesform übernahm, variierte, abstrahierte oder als Rampe zu einem ganz anderen Thema nahm. Ich habe mich natürlich immer gefreut, wenn ich möglichst viel zurückgeben konnte, manchmal hatten die Lieder aber auch gar keinen direkten Bezug zu den Kommentaren.“

Mark Scheibe überarbeitete Texte und Musik noch einmal gründlich. Im Januar ging er ins Studio, um eine CD aufzunehmen. Darauf befinden sich fünf  Songs aus dem Hit-Experiment:  „Der Mögen danach“, „Illusion“, „Weck die Diva in mir „, „Mittwochs gehörst du mir“ und „Durchs Feuer gehen“ (mit dem neuen Titel : „Cherie“) Am 24. Januar präsentierte er seine brandneuen Songs in einem Konzert im legendären Bremer Sendesaal.  „Musik ist Liebe“ – so lautet sein Credo. Wer sein wunderbares Hit-Experiment im Herbst verpasst hat, kann sich schon auf den Februar freuen: Vom 9. bis zum 13. Februar versammelt der Schnellschreiber noch einmal seine Facebook-Freunde um das digitale Lagerfeuer. „Ich liebe dieses Gefühl, beim Schreiben nicht ganz alleine sein zu müssen.“  

 

 

 

Alles gut, solang man tut

 Von Claudia Karner, Celler Schule 2006

„Ich hab in Münster mal eine Pflanze gesehen, die durch ein zwei Meter hohes dünnes Rohr gewachsen ist, bis sie schließlich oben ankam. Die wuchs da unaufhaltsam, weil sie am Ende des Rohres Licht gesehen hat. Das beeindruckt mich bis heute“, antwortete Marcel Brell  auf eine Reporterfrage nach seinem Vorbild. So unbeirrbar wie das zitierte Grünzeug scheint auch der aus Wesel stammende SingerSongwriter und ExCELLEnt, Jahrgang 2011, seinen künstlerischen Weg zu verfolgen.

MArcel Brell Album

Im Mai brachte der 31-jährige die erste CD mit dem Titel „Alles gut, solang man tut“ auf den Markt. „Nachdem ich in den letzten zwei Jahren über 200 Mal solo oder mit Band aufgespielt habe, habe ich in meinem Wohnzimmer, im Proberaum und auch in einem tollen Studio in Berlin die zwölf Lieder aufgenommen, die mir am meisten am Herzen liegen“, sagt Marcel. Bis zum 11. Juli  tourt er mit dem gleichnamigen Programm quer durch Deutschland. Und zwar mit großem Erfolg. Dass er Musik machen wollte, stand schon früh fest. Mit fünf Jahren bekam er  Klavierunterricht, mit 13  brachte er sich selbst das Gitarrenspielen bei und komponierte seine ersten Stücke. Friedens- und Umweltlieder, wie es sich eben für einen richtigen Songschreiber gehört. Nach dem Abitur studierte Marcel in Münster Musik, Schwerpunkt Arrangement und Produktion. Seine ersten Auftritte mit Halbplayback und englischen Popsongs brachten nicht den gewünschten Erfolg.

Nach dem Studienabbruch und dem Umzug nach Berlin wendete sich das Blatt. In den letzten zwei Jahren spielte der SingerSongwriter neben eigenen Konzerten auch im Vorprogramm von der Alin Coen Band, ElifSuzanne Vega, Sharon Corr und Dota Kehr. Er hat nun den Stil gefunden, der ihm voll und ganz entspricht und schreibt seine Texte auf Deutsch. Die Geschichten, die er darin erzählt, gehen den Zuhörern ins Herz und unter die Haut.

In einem Interview für die Online-Ausgabe von Die Welt sagt eMarcel Grell über seine Erstlings-CD: „Das Album hat eine Geschichte. Ich war jahrelang Musikproduzent, und habe mich irgendwie davor gedrückt, meine eigene Musik auf die Bühne zu bringen. Der Prozess hin zum eigenen Album hat tatsächlich zehn Jahre gedauert. Man fragt sich: Wie macht man eigentlich ein Album, wenn man nicht am Mischpult, sondern am Mikro steht? Wie gehe ich da ran? Egal: Einfach machen! Nicht zu lange nachdenken, sondern tun. Besser tun, als zu Hause sitzen und unglücklich sein. Alles, was ich die letzten Jahre ausprobiert habe, hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ich glaube, aus der Bewegung entsteht das Ergebnis – nicht aus dem Planen und darüber Nachdenken, sondern aus dem Tun. Ich bin ein sehr praktischer Mensch.“

„Alles gut, solang man tut“ wurde von DATES, dem Magdeburger Stadtmagazin, zur Scheibe des Monats gekürt. „Marcel Brell schafft es, die Themen seiner Generation zusammenzutragen. Er berührt mit seiner Direktheit  und seiner samtigen Stimme und schafft eine Intimität, die bewegt.“ Und auch Anne Drerup von Ein Achtel Lorbeerblatt geizt nicht mit Lorbeeren: „Absolut hörenswert!“