Alle Jahre Wieder – in Feindlers Monatsgedicht weihnachtet es sehr

Von Turid Müller
Michael Feindlers letztes Monatsgedicht des Jahres trägt nicht nur der Weihnachtszeit Rechnung, sondern natürlich auch wie immer der Politik. 
Der Newsletter Dezember beginnt mit der Einleitung: „… nicht nur das Weihnachtsfest, auch andere Veranstaltungen von weltweitem Interesse haben zum Ende des Jahres inzwischen Tradition. Doch obgleich der Ausrichtung solcher Zusammenkünfte etwas Wanderpokaleskes anhaftet, reichen sie kaum an den Glanz der meisten Pokale heran:“

Alle Jahre wieder
(ein singbares Gedicht)

Alle Jahre wieder
hört man lediglich
altbekannte Lieder,
treffen Menschen sich.

Wünsche sind zu hören
für die bess’re Zeit,
auf Papier beschwören
alle Einigkeit.

Was in diesem Rahmen
auch ertönt: Man kennt’s —
hört man nur den Namen
“Klimakonferenz”.

Da gibt es erbaulichere Veranstaltungen. Und zielführendere. – Und die kann man übrigens auch verschenken.

In diesem Sinne wünsche ich Euch mit den Worten von Michael Feindler
„… soweit das gesellschaftliche, familiäre und sonstige Klima es ermöglichen (…) eine friedliche Weihnachtszeit.“

Trüber Tag – Monatsgedicht von Michael Feindler

von Turid Müller

In seinem aktuellen Monatsgedicht nimmt Michael Feindler die Inflation aufs Korn.

„In mutmaßlicher Ignoranz gegenüber der aktuellen Jahreszeit“ hat der Kabarettist (Celler Schule 2010) im Mai Rainer Maria Rilkes Gedicht Herbsttag „thematisch überarbeitet und aktualisiert“:

Trüber Tag

Markt, es wär Zeit. Das war ein schöner Lenz
für manche. Lass die Blasen endlich platzen,
denn Preise kratzen an der Existenz.

Beschütz mit deiner unsichtbaren Hand
zur Abwechslung mal jene, die es bräuchten,
lasse die Augen der Verdrängten leuchten
und schaff sozialen Wohnraum hierzuland.

Denn wer kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt noch mietet, wird auch Mieter bleiben,
wird suchen und Bewerbungstexte schreiben,
oft umzieh’n – immer fort und nicht mehr her –,
wenn ihn die Mieterhöhungen vertreiben.

Ergänzend dazu empfiehlt er „eine Dokumentation über explodierende Bodenpreise.“

Wer mehr „aktualisierte Lyrik“ hören möchte, kann das „in der Feindlerthek in der Gedichtsammlung Alte Texte für neue Ohren, die bis Ende Mai auch für Nicht-Mitglieder freigeschaltet ist.“

 

 

 

 

 

 

 

Spuren von Nüssen – Gedichtband von Dieter Behrens

Von Turid Müller
Er hat es wieder getan! Nach seinem Erstling „Nicht-Ganz-Dichtkunst“ hat Dieter Behrens nun einen zweiten Lyrikband veröffentlicht: „Spuren von Nüssen„.

Dieter Behrens

Eigentlich schreibt und singt der studierte Biologe bei Vocal Recall. Das Musikcomedy-Ensemble aus Berlin ist zurzeit mit der Show „Die Zeit ist live“ auf Tour. Doch der ExCellent (Celler Schule 2017) macht sich seinen Reim auf die Welt zuweilen eben auch in ungesungenen Versen. – Ein kleiner Eindruck:

Jetzt siehste Mal
Heut habe ich’s dem Bus gezeigt,
er kam verspätet an mit Schnaufen,
doch kurz bevor er bei mir war,
bin ich ihm weggelaufen!
Ha!

Autor und Werk haben im Dezember bereits die Premierenlesung über die Bühne gebracht. 2023 folgen weitere. Wer selbst ein bisschen stöbern möchte, findet online eine Leseprobe.

Nach einem Statement zu seinem neusten Buch gefragt, zitiert der Künstler selbiges:

 

Dichterisches Credo
Es gibt glaub ich keinen Gedanken,
den man nicht so sehr kann beschranken,
dass, wenn man ein Gedicht verfasst,
er locker in vier Zeilen
passt.

Zum Ausklang noch etwas Weihnachtliches:

Aufrührerisches Militär

 

Zur Weihnacht schleicht der General
klammheimlich in den Küchensaal.
Dort späht er ins Rezeptebuch
und startet einen Punschversuch.

„Nett gemeint“ – Das Monatsgedicht von Michael Feindler

Hier ist es: Michael Feindlers Monatsgedicht!

Aktuell wie immer setzt er sich diesmal mit der aktuellen Internet-Kampagne auseinander: #metoo

 

Losgetreten wurde die Kampagne von Alyssa Milano. Via Twitter regte die Schauspielerin an, dass alle Frauen, die Opfer sexueller Übergriffe geworden sind, dies sichtbar machen. Und zwar mit dem Hashtag #MeToo („Ich auch“). Die dadurch angestoßen Diskussionen sind weltweit, kontrovers und reichen bis hinein ins politische Geschehen. Feindler kommentiert das im Monatsgedicht Oktober:


Nett gemeint

Er wurde langsam wütend, denn er fand,
dass sie ihn regelmäßig falsch verstand.
Er habe nämlich stets Respekt vor ihr,

ihm käme etwas wie Sexismus schier

nicht in den Sinn – er sei da reflektiert,
er habe ja im Übrigen studiert,
und überhaupt: Bevor sie auf die Schnelle
ein Urteil über seine Worte fälle
und ihm Wer-weiß-was-Schlimmes unterstelle,
wär schön, wenn sie dabei im Auge hätt:

Er meine, was er sage, immer nett.
Sie schlug ihm vor, dann dürfe er gern wagen,
das eigentlich Gemeinte auch zu sagen.
Es würde schließlich naheliegend scheinen,
er würde das Gesagte auch so meinen.

 

Lyrik von Feindler! – Wer mehr davon will, kann das haben. Und zwar in seinem aktuellen Programm „Artgerechte Spaltung“:

 

16.11. Leipzig, Academixer
23.11. Leichlingen, Kulturcafé
25.11. Köln, Ateliertheater
02.12. Karlsruhe, Kabarett in der Orgelfabrik 22.12. Hannover, Theater am Küchengarten

Offene Briefe – leicht gemacht

von Edith Jeske

Vorbei die Zeiten, als wir noch um Worte ringen mussten, um der Welt unseren unverzichtbaren Standpunkt darzulegen. Angestoßen durch die Debatte um die Unsäglichkeiten von  (aber auch über) Günter Grass, hat sich gezeigt, dass man noch viel mehr und viel schneller schreiben kann, wenn man nur über die richtigen Werkzeuge verfügt:

Mit http://www.wortfeld.de/offenerbrief/ steigt dessen Entwickler laut eigenem Bekunden in einen Wachstumsmarkt ein. Mit vielen schönen Modulen passt das Ergebnis quasi immer und für alle wichtigen Anlässe. Sogar die Möglichkeit der Grassifizierung wird angeboten: Geben wir unserem Text also den hochwertigen Anstrich von Lyrik!

Viel Spaß!