Anti-Imposter-Schild: Hans-Bradtke-Förderpreis 2023 geht an Lucie Mackert

Von Turid Müller

Im Rahmen des Abschlussabends der Celler Schule wurde wie jedes Jahr der Hans-Bradtke-Preis vergeben.  Lucie Mackert, die „Macke“ in „Mackefisch“ hat ihn erhalten, und eine Kostprobe aus dem gemeinsamen Programm zum Besten gegeben. 

Die Preisträgerin mit dem Leitungs-Team der Celler Schule (Foto: Peter Heske)

Lucie Mackerts Weg zur Musik führte über die Theaterbühne: „Ich habe nach der Schule Schauspiel studiert und dann erstmal viel Theater gespielt, aber nach ein paar Jahren gemerkt, wie sehr mir das Liederschreiben und Musikmachen fehlt, was ich schon als kleines Mädchen und dann durchgängig bis zum Schauspielstudium viel gemacht habe. Daher habe ich dann mein festes Theaterengagement aufgegeben und parallel zu Gasttheaterengagements diverse musikalische Projekte gegründet und ausprobiert, was auch alles ganz toll war. So ist auch die One-Woman-Band entstanden, die es ja auch als Teil von Mackefisch noch gibt.“
Die Zeit in der Celler Schule hat die Künstlerin im Hinblick auf diese Arbeit sehr beflügelt:

Celler Schule Jahrgang 2023 (Foto: Peter Heske)

„Unglaublich, was ich in der Zeit in der Celler Schule alles gefunden habe: Inspiration, Wissen, Werkzeuge, neue Freunde, und so viele Quellen für Begeisterung und Neugier. Das allein war schon so viel, dass ich immer noch am verdauen bin. Und dann hat man mir auch noch diesen Preis mitgegeben: den Hans-Bradtke-Preis! Wow! Eine riesengroße Ehre und ein fabelhafter Anti-Imposter-Schild. Vielen Dank dafür!“

Mackefisch (Foto: Max Saufler)

Als Anti-Imposter-Schild sollte eigentlich auch der große Erfolg ihrer Kleinkunst-Kombo taugen – um nur die jüngsten zu nennen:  Ein TV-Auftritt bei Ladies Night und die Nominierung für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik für das aktuelle Album HARMONIEDERGANG.  Klar, dass das gemeinsame Projekt mit Duo- und Lebenspartner Peter Fischer (Celler Schule 2018) zurzeit bei der Lucie Mackert im Fokus steht: „In diesem Jahr habe ich nun die Theaterengagements und anderen Projekte zugunsten von Mackefisch fast alle abgespielt und freue mich total drauf, konzentriert an den eigenen Liedern zu arbeiten. Die Celler Schule kam da auch zeitlich goldrichtig, um mir für mein eigenes Songwriting noch weiter den Rücken zu stärken. Besonders toll ist natürlich, dass Peter auch in der Celler Schule war und wir auch immer häufiger gemeinsam an Liedern arbeiten, das ist eine sehr besondere Situation.“
Der Hans-Bradtke-Förderpreis wird seit 2021 im Rahmen der Songtexter Masterclass an ein Nachwuchs-Talent verliehen. Ins Leben gerufen hat ihn die Tochter des Namensgebers: Barbara Berrien. Hans-Bradtke war ein Textdichter, Zeichner und Karikaturist. Man kennt ihn zum Beispiel durch den sommerleichten Ohrwurm „Pack die Badehose ein!“. Ganz andere Themen treiben hingegen die aktuelle Preisträgerin um:

Lucie Mackert und Peter Fischer in Springe (Foto: Peter Heske)
„Beim Texteschreiben habe ich immer wieder den Wunsch, die Themen, die mich beschäftigen, die mir vielleicht sogar Sorgen oder Angst bereiten, durch Leichtigkeit, Humor und skurrile Bilder zu entwaffnen. Dass ich Teil der Celler Schule sein durfte, hat mir sehr dabei geholfen, dieses Ziel weiter zu verfolgen. Dass ich nun auch noch den Hans-Bradtke-Preis bekommen habe, benannt nach einem Textdichter, der es geschafft hat, Lächeln und Sehnsucht extrem erfolgreich in Lieder zu verpacken, gibt mir Rückhalt auf diesem Weg, den ich gerne, aber manchmal auch mit angehaltenem Atem gehe. Vielen Dank!“

Harmoniedergang – Album von Mackefisch für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert

Von Turid Müller

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am 30.09.2022 ist es erschienen. Pünktlich zum Beginn der Jubiläumsfeier der Celler Schule brachte Mackefisch das aktuelle Album raus. Anfang 2023 schon stehen sie damit auf der Longlist der deutschen Schallplattenkritik! „Ohne Corona“, meint Elmar Krämer vom Deutschlandfunk, „hätte ihnen vermutlich schon längst das Publikum der Republik vor Lachen zu Füßen gelegen.“

„Ein Planet, der sich stur im Kreis dreht, während eine Mischung aus Feelgood-Mantras und Endzeit-Szenarien auf seine Bewohner einhagelt – und mittendrin ein Musikduo mit sehr vielen Instrumenten: Lucie Mackert und Peter Fischer sind MACKEFISCH,“ heißt es im Pressetext der neuen CD.

Peter Fischer (Celle 2018) plaudert aus dem Nähkästchen der Produktion:

„Spannend war für uns bei diesem Album, dass sich auf musikalischer Ebene analoge Klänge mit elektronischen Sounds vermischt haben, also gewissermaßen traditionell & modern. Wobei auch das Moderne dabei einen gewissen Vintage-Flair hat. Mackefisch war ja immer schon „relativ viel Instrument“ für zwei Leute und dabei bewusst „handmade“: Klavier, Gitarre, Banjo-Ukulele, Lucies (Celler Schule 2023) selbstgebaute Koffer-Basedrum und -Percussion. Neu auf unserem zweiten Album ist jetzt, dass nicht nur Klavierklang an den Keys genutzt wird, sondern z.B. auch ein gameboy-hafter Synthie-Sound bei „Kartoffel vom Mars„, ein Orgel- oder ein verstimmter Honkytonk-Sound. Auch verzerrte Gitarren sind mal im Hintergrund beigemischt. Dem gegenüber steht dann z.B. wieder ein dreistimmiges Vocal-Arrangement (bei „Selbstmitleid„), das fast ein wenig an die Andrew Sisters erinnert.

Es hat total viel Spaß gemacht, sich da auszutoben. Das ging vor allem auch, weil wir das Album komplett selbst produziert, also selbst zu Hause aufgenommen und bearbeitet haben. Da konnten wir z.B. spontan noch eine Session „Bodypercussion-Schenkelgeklopfe“ für den Song „Netflix“ aufnehmen, als eigentlich schon alles im Kasten war und die Recordings eigentlich vorbei. Aber die Idee kam eben und wir konnten sie dann noch umsetzen — das wäre im Studio so nicht möglich gewesen.

Für „Oxytocin„, ein Lied eigentlich über den Menschen, Freundschaft und Einsamkeit, aber naja, vordergründig über ein Meerschweinchen, haben wir in liebevollem Sounddesign Meerschweinchengeräusche erschaffen (eigentlich ein Fingernagelkratzen auf einer Saite, ein Schaben auf einem Korpus, schneller abgespieltes Atmen oder ein Rascheln und Zupfen von Kopfhaaren, das am Ende klingt wie das Meerschweinchen, das am besungenen Lauch schnüffelt und knabbert).

Fotograf: Max Saufler

Durch diese Mischung an Einflüssen ist das Album einerseits ein liebevolles Bastel-Projekt, andererseits gewissermaßen ein wenig „poppiger“ als das erste Album (das man vielleicht noch näher am Musikkabarett verorten konnte).
Gleichzeitig sind aber auch die Texte für uns natürlich nach wie vor unglaublich wichtig. Neben schrägem Humor und Sprachspielspaß möchten wir schon oft auch ernste Themen ansprechen — aber meistens mit einer gewissen Leichtigkeit und Lockerheit. Das zieht sich in vielerlei Hinsicht durch das Album: eigentlich befasst sich das Album „Harmoniedergang“ in verschiedenen Facetten ziemlich stark mit dem Scheitern. Aber irgendwie in schön. Also so, dass man Lust hat, es anzuhören. So zumindest das Feedback, was wir bekommen haben.“

„Mackefisch besitzen die seltene Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten mit viel Gespür Lächeln in Töne umzusetzen.“
(Ado Schlier, Walther-von-der-Vogelweide-Preis)

Fotograf: Max Saufler

„Apropos Feedback: nicht nur ist „Netflix“ auf Platz 7 der Liederbestenliste geklettert, gerade auch die Nominierung zum Preis der Deutschen Schallplattenkritik freut uns natürlich wahnsinnig! Wenn man bei einem Album wirklich alles, vom ersten Gedanke bis zum fertigen Master, selbst gemacht hat, ist das eine so großartige Anerkennung – mega!“

 

„Ihre poetischen Texte treffen den Nerv der Zeit.“
(Die Rheinpfalz)

Anker: Video-Release von Mackefisch

Von Turid Müller
„Du bist das Pflaster auf die Wunde, die ich ohne dich nicht hätte.“ – Ein Kleinkunst-Duo und Paar verarbeitet musikalisch die Höhen und Tiefen von Liebesbeziehungen. Und: Es ist mal wieder ein Produkt der Celler Großfamilie…

… denn die Grundbausteine sind im Band-Camp der Celler Schule entstanden:
„Die Grundbausteine für den Text kamen mir tatsächlich in der Celler Schule,“ verrät Peter Fischer – der „Fisch“ in Mackefisch. Beim Band-Camp im Bereich Chanson entstand unter der Leitung von Rainer Bielfeldt gemeinsam mit ihm, Thomas Lienenlüke und Feli (Karla Feles) das Lied „Die Hölle, die mich wärmt“, das den Weg in Rainers Bühnenprogramm fand. Peter Fischer erinnert sich:

„Irgendwann fehlte uns vor allem noch eine Bridge und wir hatten die Aufgabe, jeder soll mal bis zum nächsten Tag allein ein bisschen brainstormen und Textideen sammeln.“ Und das war die Geburtsstunde des neuen Songs:

„Da entstand bei mir dieser ganze „Pflaster-auf-die-Wunde-die-ich-ohne-dich-nicht-hätte“-Refrainteil. Der aber dann viel zu umfangreich war, und für das eigentliche Lied nicht so gut passte. Also hab ich ihn erstmal „behalten“ und er lag ne ganze Weile bei mir in der Schublade. Als ich deutlich später dann mal ein eigenständiges Lied daraus basteln wollte, kam ich nach einer Weile nicht so recht weiter.“

Aber an der Stelle kam dann die andere Hälfte der 2-Personen-Band ins Spiel: Lucie Mackert. Von ihr stammen die Strophen. Und gemeinsam haben die beiden am Rest gefeilt.

Auch die gesamte Song-Produktion lief in kompletter Eigenregie: „Wir haben die Corona-Zeit und auch Fördergelder genutzt, unsere Homerecording-Möglichkeiten zu professionalisieren; ich habe außerdem eine Ausbildung zum Audio-Engineer angefangen, die uns ermöglicht, die Produktion in eigene Hände zu nehmen. Das ist besonders spannend, da wir ja viel mit untypischen Instrumenten (z.B. Banjo-Ukulele), eigenen Klängen, selbstgebastelter Percussion (Koffertrommel, Reisbrett-Snare…) usw. arbeiten und so auch viel kreative Arbeit in die Musik stecken können. Und da wir es selbst produzieren, haben wir etwas besser die Möglichkeit und können wir uns es auch leisten, da bei Bedarf etwas kleinteiliger dran rumzutüfteln.“

Das Video, das die beiden unter der Dusche gedreht haben, wurde heute veröffentlicht.
Im Pressetext heißt es: „Ihr neuestes Release „Anker“ ist eine Hymne auf die Zweisamkeit. Denn die ist wunderschön. Und schlimm.“

Ein Preis – zwei ExCellent*innen: Der Förderpreis vom Kleinkunstpreis Baden-Württemberg geht an Anne Folger & Mackefisch

Von Turid Müller

Dieses Jahr wurde der hochdotierte Förderpreis gleich zweifach vergeben: Einer an Mackefisch, das Liedermacher-Duo aus Peter Fischer (Celler Schule 2018) & Lucie Mackert. Und einer an Klavierkabarettistin Anne Folger (Celler Schule 2019).

„Die Rekordzahl an eingegangenen Bewerbungen zeigt: Der Kleinkunstpreis ist aktuell wichtiger denn je“, betont Georg Wacker, Geschäftsführer von Lotto Baden-Württemberg. „Mehr als doppelt so viele Künstler wie üblich haben ihre Unterlagen eingereicht. Wir freuen uns besonders, die Preisträger auch in so einer schwierigen Situation unterstützen zu können und ihre Leistung zu würdigen.“ Daher wichen die Veranstalter*innen 2021 vom Usus ab, den Förderpreis nur an ein Projekt zu vergeben: „Der Fördergedanke ist tief bei uns verankert, deshalb haben wir beschlossen“, diesmal gleich „zwei vielversprechende Talente zu unterstützen“, bekräftigt Georg Wacker.

Lucie Mackert und Peter Fischer „sind sehr dankbar für diesen Preis des Landes Baden-Württemberg. Besonders in den auftrittslosen Zeiten von Corona, in denen einem das direkte Feedback zur eigenen Kunst etwas fehlt“ sei „so eine Auszeichnung ein fantastischer Rückenwind“, ließ das Bühnengespann verlauten.
„Superspannend“ war der Kommentar der Jury zum Material der Mini-Band.

Inzwischen arbeiten die zwei an ihrem neuen Album Oxytocin, das im März 2022 erscheinen wird.
Was das Dreamteam für Bühne und Leben sonst so bewegt? Nicht nur die Zukunft ihres Programms – auch die Zukunft unseres Planeten: Im Rahmen des Wettbewerbs Funny for Future vom Unterhaus Mainz haben Sie ein Video über ihren potenziellen Enkel gedreht. Bis 27.06. kann man für den bisher ungeborenen Nachfahren noch voten. Auch wenn es dabei eigentlich gar nicht ums Gewinnen geht, sondern um die Wurst – sprich: Um einen lebenswerten Planeten.

Anne Folger (Fotograf: Guido Werner)

Die andere Förderpreisträgerin ist Anne Folger. Fazit der Jury: „Blitzgescheit, charmant, spritzig, frech und hintergründig!“ Das Lied, das die Jury vor allem überzeugte, ist aus Fußnoten, dem brandneuen Programm der Musikkabarettistin: „Manche Anmerkungen findet man nicht im Text. Den kleingedruckten Stachel hinter dem Kompliment, die euphorische Schlagzeile mit ironischem Beigeschmack. Annes Blickwinkel sind eigenwillig und kommen leichtfüßig, aber tiefgründig daher. Mit Wortwitz und Ironie singt sie im Rosamunde-Pilcher-Stil gegen Großkonzerne, über das Glück zu fliegen, wenn die Beine fest auf dem Boden stehen, parodiert anschaulich Beethovens Götterfunken unter Lockdown- und Weingeist-Bedingungen, lässt Doremi (…), die Influencerin ihres Debüt-Programmes „Selbstläufer„, im neuen Tutorial erklären, welche Intervalle zum Fasten geeignet sind und warum der Tritonus keine Nuss ist.“

Bei ihrer Bewerbung hatten die Preisträger*innen es dieses Jahr krisenbedingt besonders schwer: „Die extrem hohe Anzahl der Bewerbungen ist (…) ein deutliches Signal dafür, dass die Künstlerinnen, Künstler und Gruppen auch in der Pandemie neue Programme und Formate entwickelt haben.“ Die Organisator*innen wollten mit dem Preis „in der herausfordernden Zeit der Corona-Pandemie auch ein Signal des Mutmachens setzen“, betonte Petra Olschowski. Die Kunststaatssekretärin ist sich sicher: „Auch die große Fangemeinde wird der Kleinkunst treu bleiben.“ Das kann sie dann hoffentlich spätestens bei der offiziellen Preisverleihung unter Beweis stellen: Wenn alles gut geht ganz klassisch in 3D – am 12. Oktober in der Württembergischen Landesbühne in Esslingen.

 

ExCellent durch die Krise – Kreative Wege in Zeiten des Lockdown (Teil VII)

Von Turid Müller

Inzwischen haben wir aufgehört zu zählen, wie oft der Lockdown verlängert wurde. Bei der Öffnungsstrategie stehen die Spielstätten weit hinten. Und die englische Mutante ist in der Statistik ganz weit vorn. Aber – auch wenn die Kreativen zuhause bleiben: Die Kultur steht nicht still …

Lucy van Kuhl alias Corinna Fuhrmann

Seit dem 29.01. ist die neue Scheibe von Lucy van Kuhl (Celle 2017) im Handel erhältlich. Denn Corinna Fuhrmann, wie die Songwriterin im bürgerlichen Leben heißt, hat die politisch verordnete Spielpause genutzt:
„Ich habe im Winter-Lockdown mein neues Album Alles auf Liebe rausgebracht. Fünfzehn Lieder, die sich zwischen Melancholie und Ironie bewegen. Zur Promo hab ich mal nen kleinen Rap gewagt, den Lockdown-Song. Edith hat einen sehr liebevollen Pressetext geschrieben. Die CD könnt Ihr im Online Shop auf meiner Website kaufen.“

Es sind auch noch zwei weitere Musikvideos veröffentlicht worden: Der Moment, in dem es sticht. Und Hochzeitstag (mit Konstantin Wecker), auf dessen Label ihre CDs erscheinen:

„Lucy van Kuhls Art zu musizieren und zu singen begeistert mich, ihre Worte sind poetisch und ironisch. Sie schafft ausdrucksstarke Bilder und setzt sie musikalisch ganz zauberhaft um.“
(Konstantin Wecker)

Mackefisch: Peter Fischer & Lucie Mackert

Für alle, die weniger umtriebig sind, und denen im Lockdown „öööööde“ ist, haben Peter Fischer (Celle 2018) und Lucie Mackert den richtigen Soundtrack: Manno!
Und zwar mit einem Video, das zum Mitmachen anregt!
Im Newsletter warnt das Duo seine Fans vor: „Das Lied ist zum Teil etwas untypisch für Mackefisch. Zum Teil dafür aber auch sehr typisch. ‚Aber… wie das?!“, fragt ihr euch?‘ Nun, es ist so: Das Ergebnis ist geradezu discotauglich, klingt fast schon nach Techno. Entstanden ist die Musik aber nach mackefischiger Bastelmanier. Oder Manie, sagen wir, Manie. Denn wenn man schon nicht rauskann, fängt man irgendwann halt an, das Zeug drinnen zweckzuentfremden. Das führte zu einer ungewöhnlichen Instrumentierung des Liedes: Schüsseln, Schalen, Sieb, Käsereibe, benetzte Finger auf Weinglasrändern und Peters persönlicher Favorit: unser Küchenmixer. Der mit apokalyptischem Getöse den Zeitgeist unter den hämmernden Küchengeräte-Beat dröhnt. Ein Lied über Stillstand, Frustration und die einzige heute noch unumstößliche Wahrheit: Wir müssen da jetzt gemeinsam durch.“

Turid Müller

„Gemeinsam“ ist auch das Stichwort, das mich (Celle 2016) bei meinem neuen Video beschäftigt hat, das ich mit Michael Hierer (Celle 2018) mit 255 Kilometern Abstand getextet, gesungen und produziert habe. Mich trieb bei dem Song die Frage um: Wie läuft Dating in Zeiten von Mundschutz und Mindestabstand? Inspiriert hatte mich eine schöne Wortschöpfung, die nun immer öfter im Gebrauch ist: Infektionsgemeinschaft!
Das Video wurde in meinem neuen Radio- & TV-Format TAUCHSIEDER released und ist übrigens auch auf einem brandneuen YouTube-Channel zu finden, den Peter Vollmer ins Leben gerufen hat. Der Comedy-Booster ist ein Versuch, die Reichweite von Kolleg*innen aus Kabarett & Comedy zu erhöhen, freut sich also über Klicks, Likes und Teilen. Und sicher auch über weitere Inhalte…
Insofern – falls auch Euch im Lockdown ööööööööööde ist: Ran an die Buletten! Peter Vollmer freut sich auf Euch: info@peter-vollmer.de. Und wer dank uns Kleinkunst bingewatchen kann, hält es vielleicht im Sinne von Solidarität und Gesundheit noch etwas länger zuhause aus und randaliert nicht in Verweilverbots-Zonen…
In diesem Sinne: Halten wirs gemeinsam durch!

ExCellent durch die Krise – Kreative Wege in Zeiten des Lockdown (Teil VI)

Zusammengestellt von Turid Müller

Ein Lockdown light sollte es werden. Nun wurde er erneut verlängert… und gerade noch mal verschärft. Lockerungen sind nicht in Sicht. Und die finanziellen Rettungspakete schaffen derart hohe Hürden, dass viele Kreative durchs Raster fallen. Das Weihnachtsgeschäft fällt ins Wasser. Wie geht die Branche damit um? – Ein paar Eindrücke…

Die Gründerinnen der Sisters of Comedy (Foto: Stefan Mager)

3 Shows hätten es 2020 werden sollen, die zeitgleich am 12.11. in Deutschland, Österreich und der Schweiz stattgefunden hätten, mit über 120 Künstlerinnen, um ein Zeichen gegen Gewalt gegen Frauen und gegen Sexismus zu setzen und um zu zeigen, dass es sehr wohl viele beruflich komische Frauen gibt. Hätte, wäre… Dieses Jahr gab es aus bekannten Gründen keine Sisters of Comedy – nachgelacht– Shows. – Um aber auch 2020 nicht ganz aus dem Fokus zu fallen und um wenigstens für ein Frauenhilfsprojekt Spenden sammeln zu können, haben Dagmar Schönleber (Celler Schule 2018) und Vera Deckers kurzerhand am 12.11. einen Livestream als „Sisters Special“ präsentiert.

In der Kölner Kneipe „Heimathirsch“, von wo aus Vera Deckers zusammen mit den Kollegen Heinz Gröning und Keirut Wenzel seit dem ersten Lockdown wöchentlich das Format „Homekneiping“ präsentieren, wurde quasi das Setting geentert und zum „Sisters special“ geladen. Einspieler von Kolleginnen wie Carmela de Feo und Patrizia Moresco, die mit Dagmar Schönleber zu den Gründerinnen der Sisters of Comedy gehören, sowie Grüße und Sketche von Lisa Feller, Daphne De Luxe, Mirja Regensburg, Rebecca Carrington, Frau Kühne, Andrea Volk, Deana Ehrich, Nora Böckler, Ariane Müller und Julia Gamez Martin (Suchtpotenzial), Ramona Schukraft (Sybille Bullatschek), Constanze Lindner, Barbara Ruscher und Katie Freudenschuss (Celler Schule 2008), der Spendenaufruf ging zugunsten des Vereins „Frauen helfen Frauen e.V.“, die zwei autonome Frauenhäuser in Köln stellen.

Der Livestream wurde über 5 Facebook-Seiten gestreamt, hatte bisher insgesamt über 15000 Aufrufe und kann immer noch zum Beispiel hier angeguckt werden.

Und spenden für die Frauenhäuser könnt ihr natürlich auch immer noch. Bisher sind immerhin gut 1000,-€ an Spenden über den Livestream zusammengekommen.

Und 2021 wird es hoffentlich wieder eine große Sisters-Sause geben, live, mit Karacho und viel Herz und Humor!

 

Aber nicht nur die Sisters haben die virtuelle Bühne unsicher gemacht: Auch Sven Garrecht (Celler Schule 2020) sucht nach neuen Gefilden im World Wide Web und gründet zusammen mit seinen Kollegen eine eigene Online-Show: Lieder machen Leute findet komplett via Videokonferenz (genauer gesagt ZOOM) statt: „Ein kleines, ausgewähltes Publikum, meine Band und ich und jedes Mal ein/e andere/r Liedermacher*in als Gast, sitzen im digitalen Studio, analog heißt das bei sich Zuhause auf der Couch. Es wird ein bisschen erzählt, das Publikum kann im Chat Fragen an den Gast stellen und es wird natürlich auch Musik gemacht. Da das live im Videochat etwas schwierig ist, gibt es vom Gast und uns jeweils ein vorproduziertes Musikvideo. Und um die Spontanität bzw. das Überraschungsmoment eines gemeinsamen Jams nicht ganz verloren gehen zu lassen, schickt uns der Gast vorher ein Video von sich. Wir haben dann eine Woche Zeit, dazu zu spielen, uns aufzunehmen und ein gemeinsames Musikvideo daraus zu basteln. Welches Lied uns geschickt wird, wissen wir nicht und der Gast hört nicht die gemeinsame Version, bevor es gesendet wird.“

Ein Ticket für die erste Folge kann man hier erwerben. Auf der Seite kann man das Video dann auch direkt sehen. Die erste Folge ist ab 18.12.20 verfügbar. Der erste Gast ist Lars Reichow.

Für die zweite Folge im Januar haben schon Lucie Mackert und Peter Fischer (Celler Schule 2018), alias Mackefisch zugesagt.

Mackefisch mit Album

 

Die beiden sind übrigens nicht nur auf der Bühne liiert, sondern auch jenseits der Bretter, die die Welt bedeuten. Als freiberufliches Künstlerpaar, deren Haushalt sich komplett durch Kulturveranstaltungen finanziert, bekommt die Mannheimer Mini-Band die Corona-Krise deutlich zu spüren. Lähmen lassen wollen sich die beiden von den widrigen Umständen aber nicht: Liedermacherin und Schauspielerin Lucie Mackert ist trotz allem intensiv mit (teilweise mit Abstandsregeln, teilweise „remote“ organisierten) Theaterproben beschäftigt, deren Finanzierung und Aufführung durch Corona jedoch ständig mit neuen Fragezeichen versehen wird. Auch Peter Fischer – Musiker, Kabarettist und außerdem Celler-Schule-Absolvent – versucht die Bühnenpause sinnvoll zu nutzen: „Wenigstens habe ich mal wieder etwas mehr Zeit zum Klavier üben. Und gelegentlich schreibe ich auch an einer kleinen Buch-Idee herum. Außerdem bilde ich mich in Sachen Homerecording fort – das wird man wie’s aussieht künftig öfter mal brauchen.“

Jutta Wilbertz mit ihrer Krimi-Sammlung

Dass es hilft der aktuellen Situation hin und wieder mit Humor zu begegnen, beweist Mackefisch im neuesten Lied Wohnzimmer. Das Duo besingt darin die zur Normalität gewordenen Home-Videochats und damit verbundenen privaten Einblicke, die nun jedermann gewährt. Hören kann man es derzeit hier auf YouTube, eine Veröffentlichung über Spotify ist geplant. Das Lied ist außerdem bereits Vorgeschmack auf das neue Album, an dem Mackefisch bereits arbeitet. Ihr Debütalbum ‚Brot und Glitzer‘, Anfang 2020 veröffentlicht und dann durch Corona stark ausgebremst, wurde von Kritikern bereits sehr gut aufgenommen: Es wurde nominiert für den Preis der deutschen Schallplattenkritik, den Förderpreis der Liederbestenliste, war ‚Persönliche Empfehlung Album‘ der Liederbestenliste im März 2020 und ließ Mackefisch die Auszeichnung mit dem Walther-von-der-Vogeldweide-Preises zuteil werden. Nur die Verleihung des Preises beim renommierten Format Songs an einem Sommerabend musste leider coronabedingt abgesagt werden. Unterstützen könnt ihr die Künstler mit einer Bestellung der CD.

 

Feli strickt

Kreative unterstützen – das hat auch Songtexterin Ilona Boraud (Celler Schule 2015) im Sinn: Sie wirbt via Facebook dafür, die Weihnachtsgeschenke dieses Jahr mit gelebter Kulturförderung zu koppeln. Unter den Künstler*innen, die sie vorstellt, sind auch viele Menschen aus dem Dunstkreis der Celler Schule – neben Peter Fischer von Mackefisch zum Beispiel auch Karla Feles (Celler Schule 2018) mit gestrickten Winterträumen, Katharin Lena Orso (Celler Schule 2016) mit ihrem Kinderbuch Ahoi Ihr wilden Piraten, Christine Raudies (Celler Jahrgang 2014) mit ihrem Kinderliederalbum, und  Jutta Wilbertz (Celle 2011) Musikkabarettistin & Krimiautorin.

Kati Orso mit ihrem Kinderbuch

Mit ihrer Aktion hofft die Absolventin, Aufmerksamkeit für die Situation der Kreativbranche zu wecken. Denn sie glaubt, „dass vielen gar nicht klar ist, wie sie Künstler*innen unterstützen können und dass diese von Streamings, YouTube etc. so gut wie kein Einkommen haben. Sie leben von Live-Auftritten (und den bei dieser Gelegenheit verkauften CDs & Merch). Auch Autor*innen haben Probleme, weil Lesungen nicht stattfinden können.“ CDs kann man übrigens am besten bei den Künstler*innen direkt kaufen. „Positiver Nebeneffekt: Dann kann man sie gewidmet und signiert bekommen.“ Das „macht es persönlicher.“

Die Idee: „Eine Win-win-win-Situation schaffen, von der Künstler*innen, Schenkende und Beschenkte etwas haben.“ Künstler*innen bekommen etwas Einkommen in einer schwierigen Zeit. Schenkende finden endlich eine Antwort auf die schwierige Frage: ‚Was schenke ich nur zu Weihnachten?!‘ Und die Beschenkten bekommen etwas viel Wertvolleres als die üblichen Verlegensheits-Wollsocken: Ein schönes wie sinnvolles Geschenk!
Tine Andersen alias Christine Raudies & Erich Sellheim (Celle 2012)

„Das Ganze soll sehr persönlich laufen, von meinen FB-Freunden zu meinen FB-Freunden. Eine kleine Aktion, aber vielleicht machen andere ja etwas Ähnliches. Ich selbst werde für dieses Weihnachtsfest auch vermehrt bei Künstler*innen einkaufen und spenden.“

Wenn das Weihnachtsgeschäft durch einen sich ständig verlängernden Lockdown ersetzt wird, ist diese freundschaftliche Kulturförderung hoffentlich Anstoß und Vorbild für andere. Ilona Boraud ist vorsichtig optimistisch: „Ich habe schon öfters Produktempfehlungen ausgesprochen. Zu konkreten Käufen führt das nur selten. Aber ich hoffe, dass das dieses Jahr anders ist.“

 

 

 

„Zwei Leben“: Rainer Bielfeldts neues Album und Bühnenprogramm

von Sandra Niggemann und Mario Rembold

Rainer Bielfeldt hat Wort gehalten: Rund anderthalb Jahre nach seinem letzten Album hat er nun seine neue CD „Zwei Leben“ veröffentlicht. Wir haben am 1. September 2019 im Kölner Senftöpfchen-Theater den ersten Konzertabend nach der Premiere erlebt.

Foto: Tiago Bielfeldt

„Wir haben zwei Leben. Und das zweite beginnt, wenn dir klar wird: Wir haben nur eins.“ Ob die Inspiration zu diesen Zeilen wirklich aus einem Glückskeks im Chinarestaurant kam? Das erzählt Rainer Bielfeldt im gut gefüllten Kölner Senftöpfchen-Theater, nachdem die letzten Akkorde seines Titelliedes verstummt sind. All seine Songs und Conférencen erscheinen authentisch, denn Rainer singt, spielt und erzählt aus tiefstem Herzen. Das spürt das Publikum. Immer wieder hört man aus den Zuschauerreihen ein mal wohliges und mal staunendes „Oh“. Das sind die Augenblicke, in denen man sich tief hineingezogen fühlt in die Lieder, die auch das eigene Herz zum Schwingen bringen.

Magische Momente, hinter denen eine Menge Arbeit und Sorgfalt im Vorfeld stecken.

Zudem hat sich Rainer für die Regie seines aktuellen Bühnenprogramms in die Hände von Edda Schnittgard begeben: Die einzelnen Songs sind durch kleine Anekdoten, Betrachtungen und Geschichten miteinander verbunden, mit denen er die Zuhörerinnen und Zuhörer zu einer Reise einlädt. Auf der Reise sein – davon spricht und singt Rainer immer wieder, vom Reisen, vom Ankommen und von Sehnsucht. „Viel zu selten allein’“ ist ein augenzwinkerndes Beispiel für alle drei dieser „bielfeldtschen“ Herzensthemen. Das Publikum gerät in herzhaftes Lachen, als Rainer in den ersten Zeilen des Liedes feststellt: „Du lässt mich viel zu selten allein. Du könntest hin und wieder mal verreisen.“

Neben all dem zeigt er eine differenzierte und feinfühlige Haltung: Themen wie Populismus und Rassismus begegnet er nicht mit plumpem erhobenem Zeigefinger, sondern mit sehr persönlichen Ansichten und Geschichten: So erzählt zum Beispiel „Insel namens Abendland“ – unserer Meinung nach ein Highlight des Abends – die Geschichte zweier ehemals dicker Schulfreunde, von denen einer nun, Jahre später, auf Facebook fremdenfeindlich „Häme, Hassgebrüll und Jammern“ verbreitet. Betroffen stellt Rainer aus Sicht des anderen Freundes die Frage: „Bist du noch zu retten, oder bist du schon verloren?“

Erwähnt sei auch Rainer Bielfeldts 1975 verstorbene Lieblingsdichterin Mascha Kaléko. Ihre Gedichte hätten ihn seit seiner Jugend berührt. Und weil, so Rainer, „Mascha Kaléko bei keinem meiner Konzerte fehlen darf“, sind auch drei ihrer Texte auf seinem Album zu kurzen Miniaturen verwoben. Sie sind ein Kontrast zu den anderen Liedern – ein bisschen wie ein Innehalten auf seiner Reise.

Foto: Tiago Bielfeldt

Neben diesen Miniaturen und Texten von Rainer Bielfeldt bündelt „Zwei Leben“ auch die Kreativität einer ganzen Truppe aus dem Kreis der Celler Schule. Während Rainer alle Songs komponiert hat, haben an den Texten neben Rainer folgende Autoren mitgewirkt: Barbara Berrien, Thorsten Budde, Karla Feles, Peter Fischer, Tilmann Graach, Julia Hagemann, Thomas Lienenlüke, Annette Müller, Hannes Potthoff, Thomas Paul Schepansky, David Quaass, Dagmar Schönleber, Otto Senn und Carsten Thiele. Drei Songtexte des Albums hat Edith Jeske beigesteuert.

Insgesamt zeigt sich Rainer Bielfeldt mit seiner neuen CD und seinem neuen Bühnenprogramm abwechslungsreich: nicht nur melancholisch und nachdenklich, sondern auch humorvoll und entschlossen. Das spiegelt sich unter anderem im Lied „Pflanz Lavendel auf mein Grab“ wider. Auch wenn der Titel anderes vermuten lässt: Rainer singt hier eine Hymne an das Leben, das er mit allen Sinnen genießen möchte. Er sei halt, so sagt Rainer Bielfeldt, ein „melancholischer Optimist“.

Und wenn am Abend seine musikalische Reise mit dem Lied „Der Horizont“ zu Ende geht und die Zeilen erklingen „Irgendwann… komm ich an“, dann zeigt der Applaus ganz klar: Beim Publikum des Senftöpfchens ist er angekommen – und wie.

Apropos: Mal abgesehen davon, dass man mit dem Kauf des CD-Albums auf Konzerten den Berliner Hospizdienst Tauwerk unterstützt, bietet Rainer nach seinem Auftritt eine „kostenlose Umarmung“ an. Ein Herzensmensch eben.

Daumen drücken für die Celler Schule beim
Deutschen Chansonpreis…..!

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Um das deutschsprachige Chanson zu fördern, verleihen Das Schiff und die Produktionsfirma Theaterplatz zusammen mit der BGFG zum bereits dritten Mal den Deutschen Chanson-Preis“ und den „Deutschen Chansonpreis Nachwuchspreis“ Am Dienstag, 19. Mai findet zunächst der Nachwuchswettbewerb „Deutscher Chansonpreis“ statt – und zwar auf dem Theaterschiff in Hamburg. Um 19.30 Uhr treten die Finalisten und Finalistinnen an, um Jury und Publikum zu überzeugen: Nisse Barfuss, Peter Fischer, Matthias Lüke, Lukas Meister, außerdem Masha Potempa, Lennart Schilgen und Christin Henkel – alle drei Absolventen der Celler Schule.

Am Mittwoch, 20. Mai um 19.30 Uhr folgt dann die Gala zum Wettbewerb: den ersten Teil des Programms bestreitet der Gewinner (oder die Gewinnerin) des Nachwuchswettbewerbs, der zweite Teil gehört Tim Fischer, dem der Deutsche Chansonpreis verleihen wird. Sein Begleiter und Komponist vieler Chansons ist Rainer Bielfeldt. Und der eine oder andere Text von Edith Jeske wird wohl auch dabei sein….