Meine kleine Militärballade

Wo gönnt der Tagesplan dir nur
für Waschen, Anziehn und Rasur
und Bettenmachen ganze zehn Minuten?
Wo gibt man jedem ein Gewehr,
Pistole, Messer, und noch mehr;
am liebsten achtzehnjährigen Rekruten?
Wo wurde der Beweis erbracht,
dass auch oliv nicht schöner macht,
nicht Einzelne und nicht die ganze Truppe?
Wo hast du jeden Donnerstag,
weil mittwochs niemand essen mag,
ein Déjà vu beim Anblick deiner Suppe?
Wo macht man aus dem Ekel vor dem Essen keinen Hehl?
Wo beginnt der Sommer auf Befehl?

Nicht im Affenhaus im Zoo,
nicht im Wetterstudio,
So was gibt es nur beim Militär,
und manch andern Unfug mehr:
Das Gewehr ist die Braut des Soldaten’
und sein Schwippschwager ist das MG.
Ja, verwandt sein mit lauter Granaten
ist ´ne ziemlich bekloppte Idee,
Aber in der Kaserne
glaubt man so was ja gerne,
darum gibt´s das nur bei der Armee.

Wer stört den fließenden Verkehr
und schleicht mit sechzig vor dir her
auf Autobahnen und in der Kolonne?
Wer treibt am Freitag seinen Spuk,
bevölkert mittags jeden Zug,
und stellt dir seinen Seesack vor die Sonne?
Wer futtert, wenn´s ins Biwak geht,
Gebäck, das aus Zement besteht
und sicher nicht aus harmlosem Getreide?
Wer meidet Straßen aus Asphalt
und singt das Lied vom Westerwald
bei Märschen durch die Lüneburger Heide?
Wer ballt, wenn ein Konflikt ihm droht, die Panzerfaust sogleich?
Wer spielt dir manch üblen Zapfenstreich?

Max und Moritz sicher nicht
und auch sonst kein dummer Wicht;
so was macht man nur beim Militär,
und manch andern Unsinn mehr.
Vielleicht würdest du das nur ertragen,
wenn du ständig betrunken dort wärst.
Von Soldaten lässt sich das nicht sagen,
weil du wenig von ihnen erfährst.
Doch ich möchte fast wetten:
Wenn die jemals wen retten,
dann gilt ‚Brauer und Winzer zuerst!’

Hier darf man schon mit achtzehn Jahrn
so große, schwere Laster fahrn,
die allgemein als halbe Waffen gelten.
Hier treibt man Sport, weil jeder sieht:
Das ist von Nutzen, wenn man flieht.
und manchmal geht man auch bewaffnet zelten.
Die Sprache, die das Volk hier spricht,
kennt ‚Bitte schön’ und ‚Danke’ nicht,
doch dafür pflegt sie die Imperative.
Hier wird nur Technik eingesetzt,
die man schon seit Jahrzehnten schätzt.
Der Fortschritt kommt auch hier nur sukzessive.
Und hier wird jeder LKW mit Tarnfarben bedruckt,
dass man ihn nicht sieht, wenn man nicht guckt!

Scheint dir das jetzt zu verworr´n?
Wirf die Flinte doch ins Korn;
schon allein, weil man ja als Soldat
niemals seine Ruhe hat.
Denn glaubst du nach neunmonat´gem Fristen,
dass all das nun Vergangenheit wär,
dann ernennt man dich zum Reservisten –
ja, so geht das zu beim Militär.

Und vielleicht auch noch schlimmer,
doch bedenken Sie immer:
Alle Angaben ohne Gew(a)ehr!

(Meine kleine Militärballade, Michael Kühne [Celler Schule 2006])

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