Übung zu Endungsklängen (Buchseite 203)

Deutsche Texte können ebenso klangschön sein wie engliche. aber die deutsche Sprache muss sich dafür mehr anstrengen als die englische. Betrachten wir die Reimendungen. Einsilbige Reime klingen am prägnantesten, das wissen wir schon. Aber auch hier gibt es – natürlich – Unterschiede. Wie viel Kraft kann der Vokal selbst entfalten? Das hängt davon ab, was die Konsonanten um ihn herum zulassen. Bitte probieren Sie die folgenden Reimpaare nacheinander laut aus, und immer auf einem langen Ton. Wie fühlt es sich an? Wo können Sie den Klang leicht halten? Wo müssen Sie sich anstrengen?

Wir – hier
rund – bunt
mit – Schritt
Pfeil – weil
laut – Braut
Stadt – glatt
zwei – Mai
wahr – klar
drückst – beglückst
hell – schnell
dumm – Rum
Schein – mein
Samt – entflammt
alt – bald
ich – sich
du – wozu
Druck – Schluck
Ding – Ring
Krach – wach
Traum – Baum
Hass – nass

 

Am angenehmsten empfunden haben Sie es wahrscheinlich in dieser Reihenfolge: Die langen Vokale, denen kein Konsonant folgt: du – wozu oder die von klingenden Konsonanten gefolgt sind: Schein – mein, mal – Wahl etc. oder von Konsonanten, die man nicht oder natürlicherweise nur schwach ausspricht: wahr – klar.

  1. Diese Art von Reimen singt sich am besten. Leider haben das außer Ihnen und mir alle andern auch schon bemerkt. Daher sind diese schönen Klänge dummerweise auch am meisten abgenutzt und zu Klischees geworden. Dem Klang zuliebe lohnt es aber, neue Formulierungen mit diesen alten Bekannten zu finden. Auch wenn z.B. eine Chorpassage zu betexten ist: Diese Reimgruppe macht es Sängern am einfachsten, synchron zu bleiben. Es ist genug Klang zum Singen da, und die Enden können nicht „klappern“.

  2. Die langen Vokale, denen ein Konsonant folgt, der den Ton abschneidet: laut – Braut. Vor dem Verschlusslaut kann der Vokal sich mühelos so lange halten, wie die Musik ihn lässt.

  3. Die kurzen Vokale, die zwar wenig Klang mitbringen, aber von Konsonanten gefolgt werden, die man ersatzweise klingen lassen kann – bei Opernarien ist es allerdings verpönt, wenn ein Konsonant Vokalfunktion übernimmt. „Vokalische“ Konsonanten sind M und N Samt – entflammt, Wind – sind und – eingeschränkt – das L: alt – bald. Man kann auf ihnen einen Ton halten. S, W, F und V lassen sich zwar auch stimmhaft aussprechen, eignen sich aber nicht für lange Töne. Das klingt dann eher wie ein Haartrockner. Probieren Sie’s mal mit Luffft!

  4. Die kurzen Vokale, die für die Stimme nichts hergeben oder bei Dehnung unnatürlich werden: iiiich – siiiich, Druuuck – Schluuuck. Ihnen folgt immer ein Konsonant. Einen kurzen Vokal am Wortende gibt es im Deutschen nicht. Wenn kurze Vokale von zwei oder mehr Konsonanten gefolgt sind, wird es auf langen Tönen besonders schwer singbar: kannst, darf, beglückst, wirfst etc. Auf kurzen Tönen fällt es weniger auf und geht meist durch. Vorsicht aber wiederum bei Chorgesang – da ist Geklapper bei solchen Endungen vorprogrammiert! Und mit Chorgesang meinen wir nicht nur Kirchen- oder städtische Chöre. Vergessen sie nicht, dass auch Popsongs und Schlager einen Background brauchen!
  • Ordnen Sie nun die Reimpaare den Kategorien 1- 4 zu und überprüfen Sie anhand der Singbarkeit Ihre Lösungen selbst.

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