In diesem Monat hat uns Michael Feindler mit einem besonderen Gedicht beschenkt. Genießt seine poetisch-philsophoschen Gedanken, die sich um den Herbst ranken, auch wenn Weihnachten schon um die Ecke lugt.
Herbst
Die Luft ist heute überraschend kühl, ist windig unterwegs, macht selten Rast. ?Im kalten Hauch beschleicht mich das Gefühl, ?ich hätt den Sommer wieder mal verpasst.
Wo sind die warmen Tage hin, von denen ? ich mir am Jahresanfang viel versprach? ?Ich meine mich nach Kommendem zu sehnen,? doch im Kalender ist es schon danach.
An einen Frühling mag ich mich entsinnen, an Aufbruchsstimmung, Ziele und den Plan, gemeinsam etwas Großes zu beginnen. Wohin verschwand im Anschluss der Elan?
Was wurde aus dem Drang, der in uns steckte, aus jenem Antrieb, der uns weiterbrachte? Wo blieb die Neugier, die das Umfeld weckte,? das Feuer, das ein Geistesblitz entfachte?
Das alles ging wohl, als der Sommer kam. Von diesem haben wir dann kaum gezehrt, denn Statisches ist von Natur aus lahm? und somit weniger erinnernswert.
Zum Frühling lässt sich einiges erzählen, ?der Sommer aber ist ein Status quo, dem weitere Entwicklungsstufen fehlen – zwar schön und warm, doch bleibt er eben so.
Das Faszinierendste ist stets, was sich bewegt, was wächst und was sich noch verändern lässt.? Ein definiertes Zielereignis legt? zugleich den Punkt für einen Stillstand fest.
Denn schließlich sind es ja die Übergänge, die ganz besonders intensiv erscheinen.? Entwicklung zieht Momente in die Länge -? zumindest kann man das im Rückblick meinen.
Und wenn uns dann der Sommer beispielsweise? erfasst, ergibt sich häufig das Problem:? Elan und Tatendrang verschwinden leise,? der Status quo ist nämlich sehr bequem.
Doch jeder Sommer wird mal abgelöst.? Es folgt der Herbst. Er bringt Veränderung, indem er das Entstandene verstößt – ganz sachte, ohne frühlingshaften Schwung.
Die Luft beginnt sich langsam abzukühlen, ein Hauch von Sommer scheint noch nachzuhallen. Nun geht es weiter. Neue Winde wühlen auch die Gedanken auf und zeigen allen:
Am stärksten können wir das Leben fühlen, wenn Dinge wachsen oder grad zerfallen.??
„Während die Tage immer kürzer werden, können die langen Abende vortrefflich in Kabarett-Theatern verbracht werden, in denen ich in den kommenden Tagen und Wochen spielen werde“, meint Michael Feindler und verweist auf seine Homepage.
Wer schrieb eigentlich Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii, ging nie durch San Francisco in zerrissnen Jeans…? Na, Udo Jürgens, wer sonst, werden Sie jetzt vermutlich sagen. Falsch! Es war sein Haus- und Hoftexter Michael Kunze, der ihm viele Hits, darunter Griechischer Wein, Ein ehrenwertes Haus und Heute beginnt der Rest meines Lebens auf den Leib schrieb und dem dabei das typische Textdichter-Schicksal widerfuhr. Das Publikum identifiziert gewöhnlich den Sänger mit dem, was er singt, den Texter nimmt es gar nicht wahr. Das hat mich nie gestört. Ich bin so eine Art Ghostwriter, der den Interpreten die Sprache gibt, sagteMichael Kunze in einem Interview in der FAZ.Udo Jürgens und ich, wir waren ein eingespieltes Team. Mit ihm zusammen am Klavier war mir die liebste Arbeit. Einmal hat Udo gesagt: Oft stört der Text die Musik oder umgekehrt. Wenn aber ein guter Text und die passende Melodie zusammenkommen, löst das die stärkten Emotionen aus. Schade, dass Udo Jürgens bei der Fernsehshow anlässlich seines 80. Geburtstags für seinen langjährigen Textdichter nur in einen Halbsatz übrig hatte.
DU BIST ALLES, WAS ICH HABE AUF DER WELT…
Geboren wurde Michael Kunze am 9. November 1943 in Prag, wo sein Vater als Journalist beim Prager Tagblatt arbeitete. Nach der Rückkehr der Familie nach Deutschland wuchs er im Schwarzwald auf und besuchte in München das Gymnasium. Als Teenager entdeckte er die Liebe für den RocknRoll, lernte Gitarre spielen und schrieb die ersten Lieder. Nach dem Abitur mit der Durchschnittsnote 1,0 studierte Kunze Jura, ein Studium, das er, wenn erst auch viele Jahre später, summa cum laude beendete. Die Dissertation über einen Hexenprozess aus dem Jahre 1600 (Der Prozess Pappenheimer) erregte großes Aufsehen in Fachkreisen und wurde Grundlage für seinen Erfolgsroman Straße ins Feuer. Doch erst mal wollte der junge Kunze Liedtexte schreiben. Da die ersten Versuche nicht besonders erfolgreich waren, entschloss er sich, selbst zu produzieren. In einer Schwabinger Musikkneipe entdeckte er 1969 den 17jährigen Peter Maffay, für den er das Lied Du schrieb. Du bist alles, was ich habe auf der Welt. Du bist alles, was ich will… Durchaus möglich, dass sich Kunze beim Schreiben dieses Textes von seiner Jugendliebe Roswitha inspirieren ließ, die er mit 17 Jahren im Schulbus kennengelernt hatte und ihn noch heute als Ehefrau durchs Leben begleitet.
KEINE ANGST VOR GEFÜHLEN
Von da an ging es aufwärts. Sehr steil sogar. Insgesamt sind es 4000 Titel geworden, darunter an die 300 Hits. Einige davon finde ichheute noch gut, sagt Kunze. Sein Erfolgsrezept: Ich hatte nie Angst vor Gefühl, vor Einfachheit. Angst hatte ich vor Lügen und Klischees. In der Branche wusste man bald, für die richtigen breiten Schlager bin ich nicht der Richtige. Durchgesetzt haben sich meine Texte, weil sie etwas anders waren als das übliche Schlager-Einerlei. Und so schrieb er u. a. für Peter Alexander (Die kleine Kneipe), Jürgen Drews (Ein Bett im Kornfeld), Die Münchner Freiheit (Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein), Gitte Haenning (Freu dich bloß nicht zu früh), Mary Roos (Aufrecht gehn), Juliane Werding (Stimmen im Wind) und Gilbert Becaud (Desirée).
1974 wagte Michael Kunze den Sprung über den Großen Teich, gründete in den USA die Retorten-Gruppe Silver Convention und erfand den sogenannten Munich Sound. Auf Grund der sensationellen Erfolge in den USA mit Fly, Robin, Fly der Song wurde Nummer 1 in den Billboard Charts – und Penny Mc Leans Lady Bump, die Kunze unter dem Pseudonym Stephan Prager schrieb, arbeitete er mit Stars der amerikanischen Musikszene und produzierte Alben mit Herbie Mann, Julio Iglesias und SisterSledge. 1976 wurde er als erster Deutscher gemeinsam mit dem Komponisten Sylvester Levay mit einem Grammy ausgezeichnet. In Deutschland wählte ihn die Jury der Goldenen Europa zum Mann des Jahres 1976. Das Pendeln zwischen den Kontinenten und Druck der amerikanischen Plattenfirma gingen Kunze an die Substanz. Ende der 1970er Jahre zog er die Notbremse. Er löste Silver Convention auf, kündigte alle Verträge und nahm sich Auszeit, um den Roman Straße ins Feuer zu schreiben.
MUSICAL- UND STORY-ARCHITEKT
In den 80er Jahren entdeckte Michael Kunze eine neue künstlerische Welt: das Musical. Er übertrug mit großem Erfolg die Musicals des weltbekannten Engländers Andrew LloydWebberwie Evita, Cats, Das Phantom der Oper und Sunset Boulevard ins Deutsche und verhalf so diesen Werken in seiner Heimat zum Durchbruch. Gleichzeitig machte er sich einen Namen in dieser Branche. Es folgten die deutsche Adaptierungen (Die Bezeichnung Übersetzung, hört Kunze nicht gern) von A Chorus Line, Der kleine Horrorladen, Der Glöckner von Notre Dame, Der König der Löwen, Mamma Mia! und Aida. Mit dem Komponisten Sylvester Levay, mit der sich bereits zu Zeiten des Munich Sound die Lorbeeren geteilt hatte, begann Michael Kunze eigene Musicals zu schreiben und zu produzieren. Er startete 1990 mit Hexen, Hexen und landete zwei Jahre später mit Elisabeth, der Geschichte der österreichischen Kaiserin fernab vom picksüßen Sissi-Kitsch, trotz anfänglicher Kritikerschelte einen Welterfolg. Elisabeth wurde vier Jahre lang in Folge in Wien gespielt. O-Ton Michael Kunze, der sich als Story-Architekt verstanden wissen will: Seit zwanzig Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in der Welt Elisabeth aufgeführt wird. Das ist nicht ohne Ironie. Ich wollte die Geschichte der unglücklichen Kaiserin als zeitgemäßes, emotionales Musiktheater erzählen, ohne dabei zum Broadway zu schielen. Dass das dem Wiener Publikum gefiel, konnte ich allenfalls hoffen. An einen Welterfolg dachte ich wirklich nicht.
ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK
Weitere Erfolgs-Produktionen aus Kunzes Kreativ-Werkstatt: Mozart! das Musical (1996), Tanz der Vampire (1997), Rebecca (2006), Marie-Antoinette (2006) und Moses (2013). Im Oktober 2015 soll die Uraufführung des Pop-Oratoriums Luther folgen. Ich war noch niemals in New York, jenes Musical, zu dem Michael Kunze Titel und Titelsong lieferte, stammt allerdings nicht aus dessen Feder. Es ist eine Kompilation von 23 Udo-Jürgens-Liedern, die der österreichische Dramatiker Gabriel Barilly nach einer Idee von der Bestellser-Autorin Hera Lind in eine flotte, familientaugliche Story à la Traumschiff packte.
56 Goldene Schallplatten, 23 Platin-Schallplatten, ein Grammy, der Echo für das Lebenswerk, die Goldene Feder des Deutschen Textdichter-Verbandes und der Deutsche Musikautorenpreis – die Liste von Kunzes Auszeichnungen ist lang. „Michael Kunze ist ein echtes Universaltalent, der ein wahrhaft umfassendes Gesamtwerk vorweisen kann. Musical, Oper, Schlager, Theater, Literatur, Film und Fernsehen überall fühlt sich Michael Kunze gleich wohl, so die Würdigung der Jury des Musikautorenpreises 2010. Da er der meistgenannte Autor bei Die besten Jahrhundert-Hitsdes ZDF ist, kann man davon ausgehen, dass fast jeder sofort ein paar Zeilen seiner Lieder auswendig aufsagen kann. Diese zum Beispiel: Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii… Welche Zeile kriegen Sie nicht mehr aus dem Ohr?
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.AkzeptierenDatenschutzerklärung