Carl J. Schäuble im Porträt

 

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Mit dem „Neggabrigge-Blues“(auf Hochdeutsch: Neckarbrücken-Blues) machte Joy Fleming, stimmgewaltige Soulsängerin und Deutschlands weit unter ihrem Wert geschlagene Vertreterin beim Eurovison Songcontest 1975, die im September dieses Jahres im Alter von 72 Jahren verstarb, den Mannheimer Dialekt radiotauglich. Die Musik stammte von Roland Heck und Albin Metz. Den Text schrieb Joy Fleming unter ihrem bürgerlichen Namen Erna Strube gemeinsam mit dem schwäbischen Textdichter Carl J. Schäuble, Porträt-001 _der viele Jahre auch den Unterhaltungssendungen des Deutschen Fernsehens seinen Stempel aufdrückte.

EIN HOCH DER LIEBE

Carl J. Schäuble wurde am 10. April 1933 in Stuttgart als Sohn eines Musiklehrers geboren. Nach dem Abitur landete er beim Radio, und zwar beim Aktuellen Dienst des SDR, dem Vorläufer des SWR. Als Textdichter machte Schäuble erstmals international 1966 von sich reden. Damals gewann Inge Brück das Festival Internacional de Canção in Rio des Janeiro mit dem Lied Fang den Wind, zu dem er den Text und Helmut Zacharias die Melodie geschrieben hatte. Ein Jahr zuvor war Schäuble dem Berliner Komponisten, Jazzkomponisten und Bandleader Horst Jankowski im Funkhaus über den Weg gelaufen, was sich als schicksalhafte Begegnung herausstellen sollte. „Von ihm wurde ich quasi zum Textschreiben gezwungen“,vermerkte Schäuble im Handbuch des Deutschen Textdichterbandes. „In mir denkt’s und manchmal schreib’ ich’s auf. Ich hab’ ja sonst nichts gelernt.“

1968 erntete das Duo Jankowski/Schäuble den ersten großen gemeinsamen Erfolg. Beim Grand Prix Eurovision de La Chanson (heute: European Songcontest)landete die Norwegerin Wencke Myhre mit Ein Hoch der Liebe in der Royal Albert Hall in London auf Platz 6. Zwei Neuheiten prägten diesen Grand Prix. Erstmals vertrat eine ausländische Sängerin die BRD, und erstmals wurde die europaweite Fernsehübertagung in Farbe ausgestrahlt. Wencke Myrhe, gerade mal 21 Jahre alt, war in ihrem quietschgelben Volantkleidchen unübersehbar.

NECKARBRÜCKENBLUES

Schäuble, der auch 14 Jahre lang Mitglied der Jankowski-Singers, ein Amateur-Vokalensemble unter Leitung von Horst Jankowski, war, schrieb auch den Text zu dem Lied Eine Schwarzwaldfahrt, das als Instrumentalstück in den USA als A Walk in the Black Forest ein Riesenhit wurde, mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde und Jankowski den Namen Mister Black Forest einbrachte. Die Liste der Sänger und Sängerinnen, für die Schäuble – von 1993 bis 2004 Vizepräsident des DTV (Deutscher Textdichterverband) – schrieb, ist prominent besetzt: Cliff Richard (Deutsche Übersetzung von Good bye Sam), Katja Ebstein (Ich wär’ wirklich gut für dich) Peter Horton (Das Fenster zum Hof), Howard Carpendale, Hoffmann & Hoffmann, Manfred Krug und Joy Fleming Joy Fleming-001(Neckarbrücken-Blues, Mannemer Dreck und Ich sing’ fürs Finanzamt). Sogar ein Duett hat er für Krug und Fleming verfasst(Mozart). Obendrein stammen von Schäuble die deutsche Übersetzungen für Bad, bad Leroy Brown (Orginalinterpret: Tim Croce) und den Tony-Christy-Hit I did what I dit for Maria.

HAFER- UND BANANENBLUES

Der Carle, so Schäubles Spitzname, arbeitete nicht nur als Textdichter, sondern auch als Drehbuchschreiber und Texter für das Fernsehen. Beliebte Sendungen in ARD und ZDF waren Sing mit Horst mit Horst Jankowski, Ein Jäger aus Kurpfalz, Glücksspirale, Wunschkonzert, Lass das mal den Tony machen mit Tony Marschall, Olympia mit CateHafer- und Bananen-Blues-001rina Valente, Kein schöner Land mit Günther Wewel und It’s country-Time mit Freddy Quinn.

Für den SWR verfasste er ein Lied, das heute noch jedes Kind in Baden-Württemberg kennt: Der Hafer- und Bananenblues. Diesen hat er zwei Zeichentrickfiguren auf dem Leib geschrieben, dem Äffle und dem Pferdle. Die beiden waren seit den frühen Sechziger Jahren im Werbefernsehen – analog zu den Mainzelmännchen – beliebte Hingucker zwischen den Werbespots. Ausgedacht hat sie sich der Fernsehfilmproduzent Armin Lang, gezeichnet wurden sie von seinem jüngeren Bruder Volker Lang und Werner Klein.Kaum zu glauben: 2016 schafften es Äffle & Pferdle, die es sogar zu einem eigenen Fan-Club gebracht haben, mit ihrem Hafer- und Bananenblues erstmals mit Platz 9 in die Top Ten der jährlichen SWR1 Hitparade. Seit Mai 2017 sind die zwei nicht mehr Werbepausenfüller, sondern haben jeden Freitag einen Drei-Minuten-Auftritt am Ende der Landesrundschau Baden-Württemberg. Und seit Oktober 2017 gibt es auch von der Schwabenrockband Muggabatschtr eine neue Fassung des Hafer- und Bananenblues.

Das hätte sicher auch dessen Schöpfer gefallen, der die Mundart seiner Heimat liebte. Carl J. Schäuble starb am 24. August 2010 in Saarbrücken und wurde dort in einem Friedwald beigesetzt. Äffle & Pferdle sind mit einem kleinen Dialog auf seiner Traueranzeige verewigt:

Wo kommsch her?

Von drhoim.

Wo gohsch naa?

Hoim.