Das Gedicht des Monats – und ein heißer Tipp: Das Krisenbüro

Fotografin: Sylvie Gagelmann

Zusammengestellt von Turid Müller

Michael Feindler nutzt sein Monatsgedicht erstmals für Werbung – und zwar für ein brandneues TV-Format…

 

Corona und der Lockdown stellen uns als Gesellschaft vor große Herausforderungen. Zu tun gibt es für uns Kreative also mehr als genug. Da ist so Vieles, was im Argen liegt und dringend kommentiert werden müsste: Das Sterben der Kulturszene, die Forderung danach, die „Schwächsten in der Gesellschaft einfach sterben zu lassen“, und das Wiedererstarken mancher alter Denkmuster. Doch gerade jetzt gibt es zu wenig Bühnen dafür. Wir schaffen uns daher neue, virtuelle. So auch Michael Feindler. Darum gibt es in seinem aktuellen – und wie immer mit spannenden Links gespickten – Newsletter diesmal einen…

 

 

TV-Tipp in eigener Sache

Ich wünscht, man hätte mich gebeten,
gleich morgen wieder aufzutreten
und mit der Bahn herumzureisen
zu Bühnen, die zur Zeit verwaisen.
Doch das ist aktuell nicht drin.
Ich akzeptiere Grund und Sinn,
bemerke aber immer wieder:
Ich brauch für Kabarett und Lieder
ein so genanntes Publikum,
sonst bleiben meine Worte stumm;
ein Vers erwacht erst dann zum Leben,
kann ich ihn munter weitergeben.

Es bleibt ein Trost (obgleich ein schwacher):
Für Poesie und feine Lacher
konnt ich mit einigen Kollegen
im Fernseh’n kürzlich was bewegen.
Und so empfehle ich als Wink
mit einem Zaunpfahl diesen Link:
Das Krisenbüro – Drei Satiriker off Stage | MDR

Schlagerstern in Gold für den Fernando Express – und wie man aus Mangos einen Tango macht

2020 vergab Radio Schlagerrallye (www.schlager-rallye.de) bereits zum 16. Mal die Awards für die Titel, die in der sendereigenen Hitparade im gesamten Jahr am erfolgreichsten waren.

Mehr als 500 Songs wurden vorgestellt. Der begehrte Schlagerstern in Gold ging an Fernando Express für „Tango unter Palmen“ – in diesem Jahr leider ohne Preisverleihungsgala. Groß ist die Freude trotzdem – vor allem bei Bandleader Josef Eisenhut.

Ilona Boraud und Josef Eisenhut

Seine musikalische Idee hatte er ein gutes Jahr zuvor an Ilona Boraud geschickt, die schon die Ballade „Sternschnuppennacht“ getextet hatte (Musik: Christof Bergman). Die ExCellentin (Celler Schule 2015) schrieb zunächst über „Mangos unter Palmen“, doch Josef Eisenhut hatte die Idee – passend zu den „Königen der Tanzpaläste“, wie der Fernando Express auch genannt wird – daraus „Tango unter Palmen“ zu machen. Kurzerhand wurde umgetextet.
Und das hat sich gelohnt!

Übrigens stammt auch der Titelsong des Albums von einem Absolventen der Celler Schule: Alexander Scholz (Celler Schule 2013) Im August 2019 wurde „Tango unter Palmen“ vorab als Single ausgekoppelt und war in zahlreichen Hitparaden vertreten, darunter eben auch die Schlagerrallye, wo der Song viermal hintereinander Platz 1 belegte.

Dank seiner treuen Fans – und einem treffsicheren Blick für ihr Autorenteam – ist der Fernando Express auch über 35 Jahre nach Bandgründung aus dem Schlager nicht wegzudenken.
Das muss Heidi, Hans und Josef erst einmal jemand nachmachen!
Wir gratulieren!

 

ExCellent durch die Krise – Kreative Wege in Zeiten des Lockdown (Teil II)

Von Turid Müller

Was machen eigentlich die Absolvent*innen der Celler Schule jetzt, wo die Spielstätten geschlossen sind? – Weiter! Aber oft auf anderem Wege…

Isabel Arnold und ihr neuer „Bühnenkollege“

HüperBel alias Isabel Arnold (Celler Schule 2019) bringt es auf den Punkt:
Was sie daheim in den Wahnsinn treibt, ist:

1)Stundenlange Telefonkonferenzen mit den Kollegen zu Fragen, die man normalerweise schnell mal im Büro bei einem Kaffee klärt

2)Die Kinder bei Laune halten, die natürlich viel lieber ständig Xbox spielen als Hausaufgaben zu machen.

3)Nicht selber Xbox ständig spielen können

Allerdings hat sie selbst in dieser Krise, wie sie sagt, eher kleine Sorgen und verrät, was ihr gut tut:

1)einen Bürojob zu haben und damit das Privileg, die eigene Existenz gerade nicht in Gefahr sehen zu müssen

2)den Freund als Bühnen- und Produktionspartner zu entdecken

3)mit dem Internet die ganze Welt erreichen zu können“

Jutta Wilbertz – Mord ist mehr als nur ihr Hobby

Wie sie dazu kommt? Sie plaudert aus dem Nähkästchen:

„Auf einmal waren wir jeden Abend daheim, kein Improtheater mehr spielen, Kein Stand-Up, kein Kabarett, nüscht. Man kann ja nicht ständig Xbox spielen. Comedy Kollege Berhane Berhane hatte die Idee, in einem Instagram Livestream ein paar neue Jokes zu testen, was eigentlich ganz gut funktioniert hat. Ich hatte dafür fix einen Quarantäne Macarena zusammengeschustert und den danach ins Netz gestellt. Den hatte ich dann – eigentlich nur als Sprachübung – ins Dänische übersetzt. Aber ein gelangweiltes Wochenende später hatten mein Freund und ich die Version aufgenommen und samt Video ins Netz gestellt. Ich glaube, das war zumindest auf Facebook mein bisher erfolgreichstes Video – mit deutschen Untertiteln.“
Auch Jutta Wilbertz (Celler Schule 2011) treibt sich vermehrt im Internet rum. Nicht nur zur Akquise neuer Gigs, sondern sozusagen auch in „krimineller Mission“ – sie schreibt Krimis. Aber natürlich auch neue Songs – wie zum Beispiel die Couch-Schnecke, in der sich vermutlich die Eine oder der Andere wiedererkennt… Und manchmal mischen sich auch ihre beiden kreativen Lieblingsfelder – und dann kommt ein Krimi-Song dabei raus.
Katie Freudenschuss (Celler Schule 2008) äußert sich im Rahmen von Livestreams und Challenges zur Situation. Zum Beispiel unter dem #weiterlachen beim WDR, bei Schmidt FLYX im SR2 Kulturradio und an der Seite von Gerburg Jahnke im Ebertbad Oberhausen. Heute (03.05.2020) um 19 Uhr gibt es dort auch ihr Solo zu sehen. Dienstag ist sie zu Gast in der Anstalt. Und Ende Mai / Anfang Juni erscheint ihr neues Album, das sie live im Schmidtchen aufgezeichnet hat.

Katie Freudenschuss – Viel unterwegs

Einige macht die Krise Erfinderisch und experimentierfreudig. So zum Beispiel Jens Wenzel (Celler Schule 2016): „So mies, wie diese Krise auch ist, hat sie für mich auch einige neue Impulse gebracht. Ich habe das Live-Streaming für mich entdeckt, da ich meine Show trotz des „Auftrittsverbots“ durchführen wollte und es mich gereizt hat, mit einfachen Mitteln meinen eigenen kleinen „Fernsehsender“ an den Start zu bringen. Ich bin zwar eher Audiomensch und kamerascheu, aber vor allem die Improszenen in meiner Show funktionieren besser, wenn man die Schauspieler*innen auch sieht.

Jenz Wenzel – Finale vom 1. Livestream

Ich plane gerade ein abgespecktes Format meiner Show, „Gerührt und geschüttelt – light“, in dem ich verschiedene Künstler vorstellen werde.
Außerdem unterstütze ich die Leute vom BühnenRausch beim Live-Streaming, so streamen wir morgen die Online-Dating-Improshow „Fake It“ auf Facebook. Auch wenn ein Live-Stream keine Bühne ersetzen kann, wichtig ist es einfach, kreativ zu bleiben und sich nicht von einem Virus ins künstlerische Handwerk pfuschen zu lassen.“
Wer die Premiere von Jens‘ Streaming-Aktivitäten sehen möchte, kann das hier. Improtheater, Musik, Talk – es ist eine bunte Mischung und funktioniert tatsächlich alles auch online.
Also: Wir sind und bleiben kreativ. Trotzdem ist bei weitem nicht alles rosig. Die staatlichen Hilfen haben zuweilen mehr Lücken als Netz. Die Gratis-Kunst im Internet könnte die Preise auf dem umkämpften Kulturmarkt noch weiter drücken und die Lage für alle noch prekärer machen als sie ohnehin schon war. Und auch die Dinge, die wir uns anhören müssen, sind seit der Krise nicht besser geworden. Zum Umgang mit uns Kreativen habe ich neulich mal in gereimten Worten Stellung bezogen. Das taugt vielleicht als Schlusswort.