Georg Buschor im Porträt

Von Claudia Karner (Celler 2006)

Nun ist der Juni auch schon fast wieder vorbei. Für alle, deren neues Herzensglück, das so vielversprechend im Mai begann und nicht mal bis Monatsende geschweige denn für die Ewigkeit reichte, bringt seit 54 Jahren ein Schlager zumindest temporären Trost: Liebeskummer lohnt sich nicht! 1964 gewann die schwedische Sängerin Siw Malmquist mit diesem Lied den 1. Preis der Deutschen Schlagerfestspiele in Baden-Baden. Die Musik stammte von Christian Bruhn, der Text von Georg Buschor. Ihm ist dieses Porträt gewidmet.

AKROPOLIS ADIEU

Georg Buschor wurde am 14. März 1923 in Athen geboren. Sein Vater war der namhafte Altertumsforscher Ernst Buschor, der in Athen das Deutsche Archäologische Institut leitete. 1929 hieß es für die Buschors „Akropolis, adieu!“ Die Familie übersiedelte nach München, wo Georg die Schule besuchte. Nach Kriegseinsatz und französischer Gefangenschaft begann er, Philosophie und Theaterwissenschaften zu studieren und tingelte als Liedermacher durch Schwabing. Er trat auch im P1 auf, das sich in der Prinzregentenstraße 1 befand und 1949 als Offiziersclub für die amerikanischen Besatzungstruppen gegründet worden war. Der Einfachheit halber wurde es von den Amerikanern P-one genannt, von den Einheimischen Stüberl. Erst viele Jahre später wurde die Münchner Nobel-Disco P1 daraus. Buschor schrieb auch für andere Künstler wie Lale Andersen, Lolita und Gisela Jonas, die sich als Wirtin von „Bei Gisela“, eines der bekanntesten Münchner Kleinkunstlokale (heute: Vereinsheim), einen Namen machte. Als monatlich 200 DM an Tantiemen auf Buschors Konto waren, hängte er die Gitarre an den Nagel und verlegte sich ausschließlich das Texten.

ZWEI KLEINE ITALIENER

Anfang der sechziger Jahre begann seine höchst fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Komponisten Christan Bruhn. Bruhn erinnert sich in seinen Memoiren Marmor, Stein und Liebeskummer an die erste Begegnung mit Buschor: „Im Tonstudio der Bavaria-Film in München lerne ich den Mann kennen, dem ich im Leben am meisten verdanke. Und ich verdanke vielen etwas. Er ist gute elf Jahre älter und dementsprechend weiser als ich. Buschor ist schon damals ein Lebenskünstler. Gute Grundnahrungsmittel wie Wein und Calvados sind immer vorhanden.“ Buschor, der Bohemien, der exzentrische Kleidung liebte, wohnte damals im elterlichen Dachstübchen, das wegen der geringen Ausmaße von seinen Freunden als „Schrank“ bezeichnete wurde. Bruhn verinnerlichte schnell Buschors Lektion Nummer 1: „Der Schlagerdichter ist souverän, er setzt sich über kleine Alltagslogik hinweg und schafft bleibende poetische Bilder.“ Die zwei waren ein ideales Gespann: Buschor lieferte eine griffige Refrainzeile und legte sich sinnierend auf die Couch, und Bruhn entwickelte eine passende Melodie, die Buschor zu den nächsten Versen inspirierte.

Was Bruhn besonders an Buschor schätzte: „Frische, originelle Ideen, sauberes Texthandwerk und vor allem: Poesie!“ Und so entstanden Midi-Midinette und Zwei kleine Italiener, das erste deutschsprachige Lied, das sich mit der Gastarbeiterthematik beschäftigt. Cornelia Froboess, der einstige Kinderstar von Pack die Badehose ein, gewann damit die Deutschen Schlagerfestspiele 1962. Dabei wäre Zwei kleine Italiener eigentlich für Rocco Granata, den Sänger und Komponisten von Marina gedacht gewesen. Pech für ihn: Die Single wurde 1,3 Millionen Mal verkauft.

LIEBESKUMMER LOHNT SICH NICHT

Buschor avancierte gemeinsam mit Bruhn zum Hitlieferanten. Kaum eine Sängerin, die an ihm vorbeikam. Für Jacqueline Boyer schrieb er Mitsou, für Siw Malmqvist Liebeskummer lohnt sich nicht, für Manuela Schuld war nur der Bossanova und Schwimmmen lernt man im See, für Dörthe Kollo Wärst du doch in Düsseldorf geblieben, für Peggy March Memories of Heidelberg und für Katja Ebstein Der Stern von Mykonos. Einen Glücksgriff machte das kreative Duo auch mit der Französin Mireille Mathieu, die in Deutschland zum Star wurde. Die Liste der Hits, die Bruhn und Buschor für den Spatz von Avignon schrieben, ist lang: An einem Sonntag in Avignon, Hinter den Kulissen von Paris, Akropolis Adieu und La Paloma Ade sind nur einige davon. Buschor hatte offensichtlich ein Gespür für die Damenwelt, Wenn er für Männer textete, kam zumindest ein weiblicher Name im Titel vor wie bei Heute male ich dein Bild, Cindy Lou (Drafi Deutscher) und Das Mädchen Carina (Roy Black). Die Tantiemen flossen reichlich. In seinen besten Zeiten sollen es pro Jahr an die 200.000 DM gewesen sein.

Nach eigener Aussage hatte Buschor kein großes Talent für Humor. Bemerkenswert sind deshalb zwei seiner Werke: Liszts Liebestraum als Twist und der Wilhem-Tell-Twist. Dazu machte Bruhn nicht nur die Musik, sondern er sang auch selbst unter dem Pseudonym Charlie Cotton. Buschor arbeitete auch mit anderen Komponisten zusammen. Mit Rolf Arland schrieb er für Chris Roberts Die Maschen der Mädchen, mit Henry Mayer für Rita Pavone Arrivederci, Hans. Man könnte dem Schlagertexter auch hellseherische Fähigkeiten unterstellen. 1968, als Computer, Internet und Online-Partnerbörsen noch in ungeahnter Ferne waren, dichtete er für France Gall, der Grand-Prix-Siegerin von 1965: Der Computer Nr. 3 sucht mich für mich den richtigen Boy, und die Liebe ist garantiert für beide dabei…

In den späten Siebziger Jahren tauchte der Name des Erfolgstexters nur noch selten in den Charts auf. Buschor zog sich aus dem Showbusiness zurück und lebte mit seiner Frau Christel im Tessin, wo er Wein und Oliven anbaute und am 11. Februar 2005 im 82. Lebensjahr in Lugano starb. Meine Welt ist die Musik – dieses Lied, gesungen von Mireille Mathieu, war auch das Credo des Dream-Teams des deutschen Schlagers. Christian Bruhn: „Für mich ist das schönste gemeinsame Werk, das Georg und ich geschaffen haben.“

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