Kommet, ihr Hirten – Carl Riedel im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 1996)

Kommet ihr Hirten, ihr Männer und Fraun, kommet das liebliche Kindlein zu schaun…
Dieses traditionelle deutsche Weihnachtslied erfreut sich 151 Jahre nach seiner Entstehung noch immer großer Beliebtheit. Ursprünglich stammt es aus Böhmen und heißt im Original Nesem vám noviny, was so viel wie „Ich verkünde Euch eine Neuigkeit“ bedeutet. Der Komponist und Chorleiter Carl Riedel schrieb 1868 den deutschen Text.

VOM SEIDENFÄRBER ZUM MUSIKUS

Carl Riedel wurde am 6. Oktober 1827 in Cronenberg (heute ein Stadtteil von Wuppertal) geboren. Über sein Privatleben ist nur sehr wenig bekannt. In der Krefelder Liedertafel wurde der Dirigent, Chorleiter und Komponist Carl Wilhelm – vom ihm stammt Die Wacht am Rhein – auf den talentierten jungen Sänger, der als Seidenfärber arbeitete, aufmerksam und wurde dessen Förderer. Er ermöglichte Riedel von 1849 bis 1852 ein Studium in Krefeld und in Leipzig am Konservatorium, der heutigen Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy. Anschließend bekam Riedel eine Anstellung als Klavierlehrer. Seine große Liebe galt allerdings dem Chorgesang. Und so gründete er 1854 einen gemischten Gesangsverein für geistliche Musik, den er der Riedel-Verein nannte, und der im ganzen Deutschen Reich Berühmtheit erlangte. Riedel führte u. a. Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Franz Liszt auf. Auch bei der Grundsteinlegung des Bayreuther Festspielhauses 1872 war der Riedel-Verein dabei. Damals wurde unter Leitung von Richard Wagner die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven aufgeführt.

DIE ENGEL UND DIE HIRTEN

Auch die Weihnachtslieder lagen Riedel am Herzen. So bearbeitete er die Bergischen Weihnachtslegenden, Weihnachtslieder von Michael Prätorius – das bekannteste davon ist Es ist ein Ros‘ entsprungen – und Kommet, ihr Hirten. Die Melodie soll bereits seit Anfang des 17. Jahrhunderts als böhmisches Weihnachtslied bekannt gewesen sein. Das ist aber nicht eindeutig belegbar. Sicher ist allerdings, dass sie 1847 erstmals in Olmütz gedruckt und im Katholischen Gesangsbuch (Katolicky kancionál) veröffentlicht wurde. Riedels Fassung erschien unter dem Titel Die Engel und die Hirten erstmals 1870 in seiner Sammlung Altböhmische Gesänge für gemischten Chor . Die Übersetzung hält sich nicht an die ursprüngliche tschechische Textvorlage, steht aber in der Tradition der Hirtenlieder, die die Verkündigung der Geburt Jesu durch die Engel an die Hirten und deren Gang zum Stall von Bethlehem aus dem Weihnachtsevangelium thematisiert. Das Lied ist sowohl im Evangelischen Gesangbuch und als auch im katholischen Gotteslob zu finden. Mari Ruef Hofer verfasste 1921 eine englische Übersetzung mit dem Titel Come, all ye shepherds. Es gibt auch eine niederländische Übersetzung.

COMEDY HIRTEN

Riedel, der auch Mitbegründer und Präsident des Allgemeinen Deutschen Musikvereins war, starb am 3. Juni 1888 im Alter von 61 Jahren in Leipzig. An seinem Geburtshaus im heutigen Wuppertal erinnert eine Gedenktafel an ihn. Kommet, ihr Hirten gehört auch heute noch zum weihnachtlichen Repertoire vieler Sänger. Auf Youtube sind Interpretationen von Heintje, Maite Kelly, Roger Whittaker, Die Flippers, Wolfgang Petry und Hansi Hintereseer zu finden. Nomen est omen: Auch der Mundharmonika spielende Michael Hirte kam nicht an dem Hirtenlied vorbei. Witziges Detail am Rande: Eine österreichische Kabaretttruppe, die vor allem als Stimmenimitatoren beim Ö3-Wecker Kult-Status erlangt hat, ließ sich bei der Namenswahl vom Titel inspirieren. Das Quartett nennt sich Comedy Hirten.

Wohnzimmerkonzert in Münster – Stefan Noelle spielt in gemütlicher Runde

Von Mario Rembold

Ein Hocker, eine Gitarre und Stefan Noelle – mehr braucht es nicht für ein gelungenes Wohnzimmerkonzert.

Gut, ein kleines Grüppchen Zuhörender vielleicht noch, die ein offenes Ohr haben für Songs im Singer/Songwriter-Gewand. All diese Zutaten waren beisammen – am 4. Dezember zuhause bei Edith Jeske und Peter Heske. Rund zwanzig Gäste holten sich noch schnell ein Getränk, legten das Smartphone beiseite und machten es sich gemütlich. Hier ein paar Eindrücke:

Zu Beginn erzählt Stefan Noelle, wie er 2009 über die Celler Schule dazu kam, Zitat: „ernsthaft eigene Songs zu schreiben“. Der professionelle Schlagzeuger und Percussionist war zu diesem Zeitpunkt bereits zwanzig Jahre auf Bühnen und in Studios unterwegs, schrieb Film- und Theatermusik. Mittlerweile sieht man ihn außerdem mit seinen selbstverfassten Liedern auf der Bühne. Heute ganz ohne Band und ohne Mikro. Auch die nylonbespannte Konzertgitarre erklingt ohne Verstärker und somit vollkommen unverfälscht. In dieser Form geht das wirklich nur in einer Wohnzimmer-Atmosphäre. Mal berührt Stefan die Saiten nur ganz leicht, so dass man die Begleitung mehr erahnt als hört. Gelegentlich nimmt die Gitarre aber auch Fahrt auf – ein Dynamikumfang, der sich in einem großen Saal über Boxen nur schwer realisieren lässt.

Auch Kater Freddy hat Stefan Noelles Musikpoesie genossen.

Stefan ist ein Mann der leisen Töne und hat ein Händchen für eingängige Melodien und Metriken. Die Texte kommen ganz natürlich rüber, und sind doch auf den Punkt gereimt und voller Sprachwitz. Besonders originell finde ich die Mischung aus Melancholie und Humor. Zum Beispiel bei seinem Herbstlied („Gib mir noch mal Saft bevor du gehst“), das er laut Songtext jahrzehntelang vor sich herschob, um es dann doch endlich zu schreiben. Dazu mussten ihm jedoch erst die Haare ausfallen.

Sogar ein Fade-Out mit Akustikgitarre ist bei Stefan möglich, nämlich am Ende des Stücks „Aber so geht es auch“. Ein Lied über ein Paar, das über die Jahre zusammengeblieben ist, inzwischen aber wohl mehr übereinander denkt als miteinander redet. Und so blendet die Nummer langsam (und ganz ohne Mischpult) aus, indem Stefan immer leiser wiederholt: „Sie glaubt, dass er weiß, was sie denkt, wenn er sagt, dass er hofft, dass sie ahnt, was er meint, wenn er fragt…“.

In einem ganz aktuellen Stück outet sich Stefan außerdem als deutscher Patriot, der sich nicht von AfD und anderen Rechtspopulisten den Begriff „deutsch“ definieren lassen will. „Muss ich jetzt was sagen?“ ist ein originelles Statement gegen all jene, die Vokabeln wie „Patriotismus“ oder „deutsche Werte“ für sich allein vereinnahmen wollen. Denn schließlich kann man sein Land auch lieben, ohne dabei zu hassen, zu hetzen oder auszugrenzen. Auch dieser Song kommt wieder mit pfiffigen Wortspielen daher – aber die möchte ich hier nicht vorwegnehmen.

Und so vergeht ein kurzweiliger Abend mit Texten zwischen Liedermacher, Chanson, Kabarett und Pop. Als Zugabe gibt es zuletzt noch den Titelsong seines Albums „Meinetwegen im Regen“. Auf der CD ist das Lied voll arrangiert zu hören. Ich persönlich liebe aber vor allem die Livefassung nur mit Gitarre und empfinde sie als lebendiger und energiegeladener. Es sei erwähnt, das Edith Jeske mir sofort widersprach, denn schließlich sei ja die CD-Fassung ebenso herausragend. Da hilft nur eins: Sich selber ein Bild machen und erst die CD bestellen und diese dann zum Signieren zum nächsten Stefan-Noelle-Konzert mitnehmen.