„Wir wünschen uns PartnerInnen, die unsere Kulturbranche ernst nehmen und mit uns zusammenarbeiten“ – ein Statement zur Radiolandschaft von LUKAS HAINER

Von Lukas Hainer
Bezug nehmend auf diesen Artikel des Medienmagazins DWDL.de mit dem Titel „Wieso Radiosender einen Bogen um Deutschpop machen“ schreibt Lukas Hainer, einer der erfolgreichsten Textdichter und Musikautoren Deutschlands und außerdem DTV-Vorstandsmitglied und -Schatzmeister, nachfolgende Worte, die wir mit seiner freundlichen Erlaubnis hier publizieren dürfen: 

Foto: Franziska Nehmer

Dass deutschsprachige Musik in der deutschen Radiolandschaft keinen leichten Stand hat, ist kein neues Phänomen. Obwohl im letzten Jahrzehnt medial gerne schlagzeilenstark einem „Boom des Schlager-Genres“ nachgegangen wurde, war davon in der Radiolandschaft nichts zu sehen. Im Gegenteil verräumten selbst die öffentlich-rechtlichen Sender den deutschsprachigen Schlager fast ausschließlich in online abrufbare Spartenangebote. Und während deutschsprachige Popmusik mit KünstlerInnen wie Mark Forster, Vincent Weiss oder Sarah Connor in den Radiocharts noch lange gut vertreten war, scheinen die Sender auch hier nun umzudenken: Deutschsprachige Musik testet in Umfragen zunehmend schlechter und verschwindet folgerichtig aus dem Angebot. Schuld daran seien die Kreativen selbst.

Komponisten und Textdichterinnen, Produzentinnen und Künstler bieten Songs an, „wo heute vieles eher nach einem alten Schema produziert zu werden scheint“, sagt zum Beispiel Tanja Ötvös, Musikchefin bei Radio Hamburg, in einem Interview gegenüber DWDL. „Vor ein paar Jahren wirkten diese Titel noch deutlich innovativer als heute.“
Und Niklas Gruse, Musikchef bei Radio FFN, beklagt im selben Kontext die starke Zunahme deutschsprachiger Popmusik: „Es ist wie beim Kochen: Zu viel macht das Essen nicht schmackhafter.“

Dass ausgerechnet Radioredakteure Innovation in der Musiklandschaft vermissen, klingelt einem als Musikautor schon in den Ohren. Immerhin ist der Fingerzeig aufs Radio bei Songwriting und Listening Sessions stets mit der Überlegung verbunden, provokante Textzeilen zu entschärfen, harte Sounds weichzuzeichnen und nach zwei Schritten nach vorne vielleicht lieber nochmal einen zurückzutreten. Und auch Herrn Gruse muss man fragen, wohin seine Essensmetapher ihn denn nun trägt: Sollte die Muttersprache bei deutschen Musikschaffenden vielleicht nur das Salz in der Suppe sein, mit dem man vorsichtig umgehen muss? Sollten wir doch lieber generell mehr auf ein internationales „simple English“ zurückgreifen, das auch gerne mal inhaltsarm aber mit Wohlklang die Autofahrt untermalt? Zu mehr Innovation dürfte dieser Ansatz nicht führen.

Auch wir MusikautorInnen haben uns in den vergangenen Jahren oft gefragt, wo die Ursachen der Verdrängung der deutschen Sprache in unserer Radiolandschaft liegen. Immerhin ist deutschsprachige Musik aus allen Genres in vielen anderen Formaten, vom klassischen Fernsehen bis zum Streaming, weiterhin stark nachgefragt. Doch während zum Beispiel viele Streamingangebote ihre HörerInnen schon strukturell dazu animieren, auch neue KünstlerInnen kennenzulernen, haben die meisten RadiohörerInnen von der zunehmenden Menge kontemporärer, deutschsprachiger Musik, von der Herr Gruse spricht, gar nichts mitbekommen. Präsentiert werden bei FFN wie auch bei zahlreichen anderen privaten wie öffentlich-rechtlichen Sendern seit Jahren starke Rotationen der immer gleichen KünstlerInnen, die auf Dauer zur Ermüdung und vielleicht auch dem Eindruck fehlender Innovation führen, wie er bei Frau Ötvös entstanden ist. Als Musikschaffende beklagen wir diese Einseitigkeit ebenfalls schon lange und so gibt es sogar eine Initiative, die in Zeiten der Pandemie entstanden ist und die hiesigen Kreativen ebenso wie die Vielfalt im Radio stärken möchte: #musikvonhier. Bei #musikvonhier stellen in Deutschland beheimatete KünstlerInnen, darunter Silbermond, Alvaro Soler, Leslie Clio oder Alle Farben, die ganze Vielfalt unserer Musiklandschaft liebevoll in einer ganz persönlichen Auswahl vor. Es sind engagierte KollegInnen, die dieses Format in Kooperation mit Rundfunkpartnern geschaffen haben, und die mit großem Einsatz an dessen Verbreitung arbeiten. Und ich bin sicher, dass genau solche Beiträge in der Breite auch zu einer besseren Testung des deutschsprachigen Repertoires unter den Hörern führen könnten.

Doch noch ein zweites Phänomen, das Herr Gruse in seinem Kommentar anspricht, sticht ins Auge: „Die Grenzen zwischen deutscher Popmusik und deutschem Schlager sind oft fließend“ und das sei ein Problem, denn „beide Musikstile [sind] nicht miteinander kompatibel. Wer deutsche Popmusik mag, steht nicht zwingend auf Schlagermusik und erwartet diese auch nicht bei seinem Lieblingssender.“

Dass Schlager und Popmusik sich in vielen Bereichen näherkommen oder sogar verschmelzen gibt es nicht erst seit Helene Fischer. Wir MusikautorInnen beobachten diese Tendenz seit mindestens einem Jahrzehnt und sind selbst oft genug über Genregrenzen hinweg tätig. Und dass ein Mainstream-Radio bei so einem Repertoire Gefahr sieht, mit seinem Image aus dem Fahrwasser der jungen Zielgruppe zu geraten, ist nachvollziehbar. Aber kann die Antwort darauf sein, alles Undefinierbare auszuklammern? Es demonstriert zumindest nicht besonders viel Gefühl für den Zeitgeist und gibt ein schlechtes Zeugnis zur Innovationskraft des eigenen Senders, wenn die Wellen so einen offensichtlichen musikalischen Trend nicht nur nicht mitgehen, sondern im Gegenteil altbewährte Genrebegriffe zementieren, an Geschmacksklischees verhaften und alle Zwischenbereiche großflächig umgehen.

Als kreativ an Musik arbeitende Menschen in Deutschland nehmen wir gerne jede Herausforderung an, musikalische und sprachliche Innovationen zu schaffen und mit unseren Werken zu überraschen, oder auch einfach die HörerInnen Ihrer Wellen in Ihrem Alltag mit viel deutschsprachigem Gefühl in alle Richtungen zu begleiten. Wir wünschen uns dabei aber PartnerInnen auf Seiten der deutschen Radiolandschaft, die uns nicht mit Pauschalurteilen abstrafen, sondern unsere Kulturbranche ernst nehmen und mit uns zusammenarbeiten, um das heimische Repertoire zu fordern und zu fördern. Ich für meinen Teil würde mich freuen, #musikvonhier-Beiträge auch bei FFN oder Radio Hamburg zu entdecken, und auch über jede andere Form der Kooperation und des sachlichen Austauschs. Unsere Kulturlandschaft könnte davon besonders nach diesen schwierigen Pandemiejahren nur profitieren.

Deutscher Textdichter-Verband wählt neuen Vorstand und stellt Textdichter-Aufsichtsrat der GEMA

Quelle: Deutscher Textdichter Verband

Im Rahmen der aufgrund der anhaltenden Pandemie online abgehaltenen Mitgliederversammlung des Deutschen Textdichter-Verbands wurden am 08. Juni 2021 nicht nur aktuelle Themen des Berufsstandes diskutiert, sondern auch ein neuer Vorstand gewählt.

Steve Art, Jörg Wendel, Andrew van Scoter, Katja Kuhl, Kai Heimberg, Isabell Vreden

Präsident Frank Ramond dankte zuvor den scheidenden Vorstandsmitgliedern Pe Werner, Klaus Pelizaeus und Thomas Woitkewitsch ausdrücklich für ihr großes Engagement für die Belange des Verbands in den zurückliegenden Jahren. Alle drei Beirät:innen hatten auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Nach dem Tod des langjährigen Schriftführers Peter Zentner im Mai 2021, für den ebenso wie für weitere verstorbenen Verbandsmitglieder eine Gedenkminute eingelegt wurde,  waren somit insgesamt vier Vorstandsposten neu zu besetzen.

Präsident Frank Ramond, Vizepräsident Tobias Reitz sowie Schatzmeister Lukas Hainer kandidierten erneut und wurden allesamt einstimmig (keine Gegenstimmen, einzelne Enthaltungen sowie Enthaltung der Vorstandsmitglieder selbst) wiedergewählt. Als neue Vorstandsmitglieder wurden mit gleicher Stimmenzahl einstimmig gewählt: Diane Weigmann, Pat Appleton und Götz von Sydow für den Beirat sowie Erdmann Lange als Schriftführer.

Im Amt bestätigt wurde außerdem Kassenprüfer Curt Weiner, der das Amt bereits seit vielen Jahren bekleidet. Der DTV gratuliert herzlich allen neu und wieder Gewählten!

44 Mitglieder des Verbandes waren während der vierstündigen Sitzung online anwesend, außerdem die Justiziarin des DTV, Rechtsanwältin Katrin Busch, die den ordnungsgemäßen Verlauf der Wahl überwachte. Als Wahlleiter fungierte Alexander Scholz.

Am darauffolgenden 09. Juni 2021 wurde im Rahmen der GEMA – Mitgliederversammlung ein neuer GEMA-Aufsichtsrat gewählt. Auch hier übernahmen DTV-Mitglieder Verantwortung und fanden das Vertrauen der Delegierten: Stefan Waggershausen, Frank Ramond, Tobias Reitz und Götz von Sydow vertreten die Textdichterkurie im neuen Aufsichtsrat der GEMA. Als Stellvertreter:innen wurden Diane Weigmann und Tobias Künzel gewählt. Herzlichen Dank und Gratulation allen Mandatsträger:innen! Der DTV wünscht ein glückliches Händchen bei allen anstehenden Entscheidungen!