Irritierende Titelvergabe – Michael Feindlers Monatsgedicht im Januar

 

Von Turid Müller
Michael Feindler, zurzeit auf Tour mit seinem neuen Programm „Durchbruch„, kommentiert im aktuellen Monatsgedicht den Tod von von Franz Beckenbauer. Die Fußballlegende starb am 07. Januar im Alter von achtundsiebzig Jahren. 

Irritierende Titelvergabe

Ein Mann mit Kaiser-Titel herrscht allein.
Nun frag ich mich: Wie kann es bitte sein,
dass Leute einen prominenten Herrn,
den sie als Größe eines Teamsports kennen,
in lobender Verehrung „Kaiser“ nennen?
Anscheinend liegt der Teamgeist ihnen fern.

„Aus gegebenem Anlass noch ein sprachlicher Hinweis“, merkt der Kabarettist dazu in seinem Newsletter an: „Die lateinische Phrase “de mortuis nihil nisi bene” bedeutet in der deutschen Übersetzung nicht etwa, man solle “über die Toten nichts als Gutes”, sondern “über die Toten nur gut” reden. Denn beim Wort “bene” handelt es sich nicht um ein Substantiv, sondern um ein Adverb, das sich darauf bezieht, wie man über Verstorbene sprechen sollte — und nicht etwa darauf, was man über sie äußert. Wer also mal in die Verlegenheit kommen sollte, einen Nachruf zu Papier zu bringen, muss mit Höllenfahrt-Wünschen nicht zwingend hinterm Berg halten, solange sie freundlich und respektvoll formuliert sind.“

Die Goldamsel – Hommage an einen Meister der Satire

Von Turid Müller
Michael Feindler, zurzeit unterwegs mit seinem neuen Programm Durchbruch, beschäftigt sich regelmäßig mit komischen Vögeln…

Foto: Enrico Meyer

Dabei macht es durchaus einen Unterschied, „ob deren charakteristische Komik freiwilliger oder unfreiwilliger Natur ist“, schreibt der Kabarettist in seinem aktuellen Newsletter. „Die zweite Variante scheint sich im humoristischen Kontext geradezu aufzudrängen, aber das folgende Tiergedicht weiß diese Erwartungshaltung zu unterlaufen“…

Die Goldamsel

Ein gelbes Vogelmännchen saß
auf meinem Fensterbrett und sang;
und ich, der grad noch etwas las,
sah auf und lauschte, denn es klang

so frech-vergnügt und ernst zugleich;
ein wenig schräg und doch vertraut;
im Tonfall klar und trotzdem weich;
präsent, doch überhaupt nicht laut.

In manchen Zwitscherlauten schwang
ein Schimpfen mit – jedoch verhöhnt
hat’s niemanden; im Grunde klang
es stets charmant, ja fast versöhnt.

Der Vogel ist längst fort. Leb wohl,
ich wünscht’, ich blickte öfter so
auf diese Welt, wie Du, Pirol,
Du Vogel Bülow, Loriot.

Anlässlich des 100. Geburtstages von Loriot möchte man sich umgehend mit einer Badeente bewaffnet in die Wanne begeben. Und ich schließe demnach kurz und bündig mit einem feierlichen: „Ach was!?“

Bruchstellen – Monatsgedicht von Michael Feindler

Von Turid Müller

Michael Feindler entlässt uns im Juli mit einem kurzen Vierzeiler in die Sommerpause.

Foto: Sylvie Gagelmann

Während der Kabarettist viel über sein neues Bühnenprogramm mit dem verheißungsvollen Titel ‚Durchbruch‘ nachdenkt, das im Herbst Premiere hat, ergab sich eine poetische Randnotiz, mit der er sich in die Sommerpause verabschiedet:

BRUCHSTELLEN
Ein Aufbruch, der zum Durchbruch führt
und den man dann als Umbruch spürt,

wird manchmal nur – ganz unumwunden –
als Bruch empfunden.

Der Autor dieser Zeilen merkt thematisch passend an: „Ohne grundsätzlich mit der Verse-Tradition zu brechen, macht das Monatsgedicht im August Urlaub und kommt erst Anfang September wieder zurück. Wer für diese Zeit noch eine gereimte und musikalische Untermalung sucht, kann sich die erste Strophe dieses Liedes aus der Feindlerthek anhören. Darin kommt ebenfalls das Wort Urlaub vor und bis Anfang September ist das Lied auch für Nicht-Mitglieder freigeschaltet.“

 

In diesem Sinne: Schöne Sommerzeit Euch allen!