Thomas Quasthoff macht KEINE KUNST

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Ich wollte schon immer mal ein Chanson singen“, sagt Thomas Quasthoff, der gefeierte Star, der auf allen Opernbühnen dieser Welt zu Hause war, ehe er 2012 aus gesundheitlichen Gründen seinen Rückzug bekannt gab. Nun ist Quasthoff dorthin zurückgekehrt, wo für ihn alles begann: auf die Kleinkunstbühne. Gemeinsam mit dem Kabarettisten Michael Frowin und dem Pianisten Jochen Kilian macht er nun „KEINE KUNST“, so der Titel des Programms, mit dem er beim Salzburger Kabarett-Festival MotzArt seine Österreich-Premiere feierte. Hier kann er sich auch seinen lang gehegten Wunsch erfüllen. Für seine Chanson-Premiere wählte der große kleine Bassbariton „Hauptbahnhof“ von Pigor & Eichhorn. Darin besingt er variantenreich den Hauptbahnhof von Paris. Um am Ende draufkommen zu müssen, dass es dort gar keinen Hauptbahnhof gibt. Kunst im weitesten Sinn ist das Motto, um das sich der Abend dreht, in der Quasthoff und Frowin ihre Sangesfreude, ihre schauspielerische Wandlungsfähigkeit, ihren mitunter bitterbösen Humor und ihre enorme Bühnenpräsenz unter Beweis stellen. Und wie sie das machen, ist auch Kunst.

Nach der frenetisch beklatschten Vorstellung freue ich mich über das Wiedersehen mit Michael Frowin im Arge-Beisl. Auch schon wieder drei Jahre her, dass ich ihn, den Leiter des Theaterschiffes, bei einer Premiere in Hamburg getroffen habe. Eines meiner Lieder wird heute noch in dem Kabarettprogramm  der Drama-Queens „Versprochen!“ gespielt. Die Zusammenarbeit mit Quasthoff habe auf einer Filmgala in Berlin mit dem branchenüblichen Satz: Wir sollten mal was zusammen machen! begonnen, erzählt mir Frowin. Und Quasthoff unterhält  laut und polternd die Runde, zu der sich auch der Chansonnier Georg Clementi und der Kabarettist Jochen Malmsheimer gesellt haben, mit Schnurren aus seinem Leben. Zum Beispiel aus der Zeit,  als er noch beim NDR als Moderator arbeitete und einmal Peter Kraus in ärgste Bedrängnis brachte, als er absichtlich einen Kugelschreiber auf den Boden warf und  Kraus in seinen knallengen Jeans sich danach bücken musste. Was dann passierte, sei der Fantasie des Lesers überlassen. 

Ich schreibe keine Lieder mehr

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Ich schreibe keine Lieder mehr. Schon seit den Achtziger Jahren. Mir fällt einfach nichts mehr ein“, sagt er mit gespielter Verlegenheit, um ein beiläufiges „Wenn man von meinen Opern absieht“ anzuhängen. Er – das ist Georg Kreisler, die Legende des deutschsprachigen Musikkabaretts. Er singt auch keine Lieder mehr. „Nicht, weil ich es nicht könnte, sondern weil ich es falsch fände. Es passt einfach nicht zu einem alten Mann wie mir. Bei einem Lied kommt es ja auch auf den Text an, und worüber soll ein alter Mann singen? Wenn man hingegen aus seinen Büchern liest, kann man so alt sein wie man will und auch so alt sein, wie man nicht will.“

Und so geht der fast 89-jährige nun gemeinsam mit seiner Frau Barbara Peters auf Lese-Tour. Vor ein paar Tagen war er beim Kabarett- und Kleinkunstfestival Motzart in Salzburg  zu Gast und las aus dem Buch „Zufällig in San Francisco: Unbeabsichtigte Gedichte“, das er im vergangenen Jahr bei der Leipziger Buchmesse präsentierte und von der FAZ in höchsten Tönen gelobt wurde: „Wer hätte das gedacht! Georg Kreisler entpuppt sich im fortgeschrittenen Alter als veritabler Lyriker. Eine Entdeckung!“ Und das Salzburger Publikum zeigte sich begeistert von seiner  umwerfenden Bühnenpräsenz, seiner Interpretationskunst und dem Schalk, den er aufblitzen ließ.

Georg Kreisler ist ein Multi-Talent. Mehr als 500 Lieder hat er geschrieben,  Romane, Essays, Kurzgeschichten, Theaterstücke und zwei Opern. Berühmt geworden ist er als Komponist, Texter und Interpret seiner eigenen Lieder. Wer kennt nicht „Taubenvergiften im Park“? Dass die Lieder nach wie vor so populär und immer wieder neue Anhänger finden, liegt an der Originalität, der Zeitlosigkeit, am bitterbösen Humor und daran, dass Chansonniers wie Tim Fischer („Gnadenlose Abrechnung“ ) und Michael Frowin („Taubenvergiften für Fortgeschrittene“) sie lebendig erhalten. Auch Fritz Kohles hatte mit seiner Art, Kreisler zu singen, immer die Lacher auf seiner Seite.

1988,  als Barbara Peters in den Salzburger Kammerspielen „Heute abend: Lola Blau“ spielte, hatte ich die Gelegenheit, mit Georg Kreisler ein Interview für das mittlerweile sanft entschlafene Stadtmagazin Impuls zu machen. Kreisler kann sich zwar nicht mehr daran erinnern, ich aber noch sehr gut.  „Ich will kein lebendes Denkmal sein“, sagte er damals, und so lautete auch der Titel des Artikels.  23 Jahre danach ist er eines geworden.