Konfetti auf der eigenen Beerdigung – Kasalla-Song sahnt Preise ab

Von Florian Peil, editiert von Turid Müller
Zum dritten Mal in Folge räumt die Kölner Band Kasalla beim Kölsche Musik Bänd Contest Loss mer singe ab. Diesmal mit einem Song, von dem man auf den ersten Blick nicht erwarten würde, dass er zum Karneval-Hit werden kann. Florian Peil, Celler Schule 2005, erzählt, wie es dazu kam.

Flo Peil, Ludwig Sebus und Bastian Campmann im Maarwegstudio bei den Aufnahmen (Foto: Flo Peil)

Also, der Song Wenn ich ne Engel ben ist entstanden, nachdem wir ein bekanntes virales Video angesehen haben, indem ein Ire, der bekannt dafür war, immer Witze zu erzählen und auch in den unmöglichsten Situationen noch immer Witze zu reißen, auf seiner eigenen Beerdigung ein Band abspielen ließ, das so klang, als würde er noch aus dem Sarg rufen und klopfen und sich fürchterlich aufregen. Er hat also auf seiner eigenen Beerdigung tatsächlich noch die Leute zum Lachen gebracht.  Wir fanden die Idee irgendwie schön, dass die eigene Beerdigung vielleicht ein Tag ist, an dem die Leute nicht nur traurig sind, sondern auch ein bisschen schmunzeln, und eher dankbar dafür sind, dass man gelebt hat und vielleicht auch mehr Tränen lachen als sie weinen. Aus dieser Idee ist dann der Song entstanden, der am Ende „wenn ich ne Engel ben“ also auf Deutsch „wenn ich ein Engel bin“ heisst.

Die Kasalla Band mit Biggi Fahnenschreiber und Ludwig Sebus beim Videodreh (Foto: Katharina von der Kall)

Im Refrain heisst es „ich will Euch tanzen sehen, wenn ich ein Engel bin, es soll Konfetti regnen auf den Sarg“.
Wir hatten außerdem schon länger einmal die Idee gehabt, den 98jährigen legendären Kölner Sänger Ludwig Sebus, den wir schon seit ein paar Jahren kennen und verehren, um einen Gastauftritt bei einem Song von uns zu bitten. Als dann der Song fertig wurde, stellte sich uns die Frage, ob man zu so einem Thema nicht Ludwig fragen könnte, und wir waren ehrlich gesagt sehr unsicher, wie er reagieren würde. Immerhin ist das Thema sehr sensibel und es hätte ja auch sein können, dass Ludwig darüber nicht singen möchte. Der Grandseigneur kam aber quietschfidel zu uns ins Studio, hörte das Lied und meinte, das wäre doch eine sehr schöne Idee und das könne er sich gut vorstellen. So konnten wir uns über Ludwigs Gastbeitrag freuen, der den Song für uns zu etwas ganz besonderem gemacht hat.
Wir waren sehr gespannt, ob man mit so einem Thema überhaupt in den Karneval gehen kann, und waren sehr überrascht, dass der Song sofort beim Publikum zündete. Der Beat ist, passend zum Text, natürlich tanzbar und wir merkten, wie die Leute sich ganz intuitiv zum Song bewegten und den Song mitsangen.

Kasalla und Ludwig Sebus bei der Verleihung des ersten Preises von Loss mer singe (Foto: Christian Hedel)
Besonders gefreut haben wir uns natürlich, dass wir beim Wettbwerb „Loss mer Singe“ mit dem Song gut abschnitten, denn dieser Wettbewerb findet über Wochen in den Kölner Kneipen statt und gibt ein ganz gutes Bild der Stimmung der Leute auf der Straße wieder. Es ist auch ein Wettbewerb, bei dem immer Leute vor Ort mit Stimmzetteln abstimmen, also die Abstimmung zeigt wirklich die Stimmung in der jeweiligen Kneipe.
Kasalla und Ludwig Sebus erhalten von rote Funken Präsident Heinz Günther Hunold den Orden für „dat beste Kölsche Leed“ der roten Funken (Foto: Christian Hedel)
Wir bekamen regelmäßig die Ergebnisse zugeschickt und konnten sehen, dass der Song sich oft auf den vorderen Plätzen wiederfand. Als „wenn ich ne Engel ben“ dann am Ende mit sehr knappem Vorsprung tatsächlich den Jahressieg abräumte, haben wir uns wirklich unglaublich gefreut. Zumal es tatsächlich unser dritter „Loss mer singe“ Sieg in Folge war, was eine große Ehre für uns ist.
Am Karnevalssamstag bekamen wir dann von den roten Funken noch den Orden für „dat beste Leed“ überreicht, worüber wir uns ebenfalls sehr gefreut haben.

Toni Hämmerle im Porträt

von Claudia Karner (Celler Schule 2016)

1963 – da war Thomas Gottschalk gerade den kurzen Hosen entwachsen – wurde im ZDF zum ersten Mal eine Fernsehsendung um eine Stunde überzogen. Für den medialen Aufreger sorgte ein Lied, das die Narren der Prunkkarnvealssitzung von Mainz wie es singt und lacht derart begeisterte, dass sie nicht mehr zu singen aufhören konnten: Das Humba Täterä. Das lag wohl am Refrain, der mit Da ruft der ganze Saal: Dasselbe noch einmal! nicht enden wollte. Geschaffen hat dieses musikalische Perpetuum mobile, bis heute der karnevalistische Brüller Nummer 1, der Komponist, Textdichter und Pianist Toni Hämmerle.

 

HIER AM RHEIN GEHT DIE SONNE NICHT UNTER

Anton Hämmerle, genannt Toni, wurde am 11. Dezember 1914 in Mainz geboren. Er spielte schon als Kind Mundharmonika, Akkordeon, Geige und Klavier. Nach dem Musikstudium am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz arbeitete er als Musiklehrer. 1941 nahm sein Leben eine tragische Wende. Hämmerle, der schon als kleiner Junge an einer starken Sehschwäche litt, wurde gemeinsam mit seiner späteren Frau Christina bei einem Bomben-angriff verschüttet und verlor dabei zur Gänze sein Augenlicht. Zum Glück blieben ihm der Humor und die Lebensfreude erhalten. Toni war eben ein eschter Meenzer Bub!

Nach dem Krieg zog er mit seiner Frau nach Gießen und arbeitete an der Universität als Telefonist. Das war eine der wenigen Beschäftigungs-möglichkeiten, die es damals für blinde Menschen gab. Die Musik und der Karneval waren für Hämmerle, der rheinischen Frohnatur, Lebenselixier, und so engagierte er sich in der Gießener Fassenachts-Vereinigung, wo er mit seinem Chor „Die Hämmerles“ bei den Karnevals-sitzungen auftrat. Bald machte er sich als Komponist und Texter von Schlagern, vor allem Karnevalsschlagern von sich reden. 1952 begann seine Zusammenarbeit mit dem Mainzer Carneval Verein und dessen Star Ernst Neger, der sich als singender Dachdeckermeister mit Heile, heile, Gänsje in die Herzen der Deutschen eingeschlichen hatte. Für ihn schrieb er Hier am Rhein geht die Sonne nicht unter und Wir haben immer noch Durst.

HUMBA TÄTERÄ Toni Hämmerle, Margit Sponheimer, Ernst Neger

1963 landete Hämmerle mit Humba Täterä seinen größten Erfolg. Das Lied platzierte sich unter den Top 20 und brachte dem Mann am Klavier einen unerwarteten Tantiemenregen. Die Bild-Zeitung verstieg sich zu folgender kühnen Behauptung: In Afrika hatten deutsche Entwicklungshelfer Mühe, Eingeborene zu überzeugen, dass Humba Täterä nicht die deutsche Nationalhymne ist.

Ausgerechnet der Kölner Lukas Podolski ist dafür verantwortlich, dass das Meenzer Liedsche zum Fußball-Schlachtgesang wurde, als er es bei der EM 2008 nach dem Sieg gegen Portugal vor laufenden Kameras sang. Gib mir ein H, gib mir ein U, gib mir ein M… schallt es seither durch die deutschen Stadien. Tim Toupet, der singende Friseur aus Kölle, hatte Humba Täterä gemeinsam mit DJ Padre zwei Jahre zuvor entstaubt und in aufgemotzter Woodstock-Version zum Partykracher gemacht. Noch ein Kuriosum am Rande: Auch Michael Kunze ließ sich von dem unverwüstlichen Ohrwurm inspirieren und verfasste 1995 gemeinsam mit Udo Jürgens ein Lied mit dem Titel Humtata und Tätärä.(Kein Faschingsscherz!)

GELL, DU HAST MICH GELLE GERN

Zurück zu Toni Hämmerle: Für Margret Sponheimer schrieb er Gell, du hast mich gelle gern, die damit ihre Karriere beim Mainzer Carneval Verein startete. Die Single verkaufte sich über eine Million Mal. Für Heinz Schenk, der mit der Fernsehsendung „Der blaue Bock“ berühmt wurde, verfasste er Hätt’ der Adam aus dem Apfel Äppelwoi gemacht. Hämmerle war ein Garant für Stimmung und gute Laune. Das wussten auch Camillo Felgen, Ralf Bendix und Paul Kuhn zu schätzen. Seine besinnlichen Balladen fanden weniger Anklang.

AVE MARIA

Eine seiner letzten Kompositionen, ein Ave Maria, wurde erst bei seiner Beerdigung auf dem Neuen Friedhof in Gießen uraufgeführt. Toni Hämmerle war am 8. Dezember 1968 im 54. Lebensjahr gestorben. An ihn erinnern die nach ihm benannte Pony-Station, Hilfswerk für behinderte Kinder e.V., im westfälischen Ahlen, in der hauptsächlich blinde Kinder betreut und gefördert werden, und eine Bronze-Büste des Künstlers Alf Becker vor seinem ehemaligen Wohnhaus in Gießen, die anlässlich seines 100. Geburtstags aufgestellt wurde.

Garantiert unvergessen bleibt sein Humba Täterä, das auch in diesem Jahr alle Jecken und Karnevalisten durch die närrische Zeit begleiten wird. Ja, da geht’s Humba, humba, humba, täterä, täterä, täterä… Wenn ich nur aufhören könnt’! 😉