„Orongsch“: Rainer Bielfeldts neues Album – ein Baby der Celler Schule

von Turid Müller

Achtzehn Songs. Etliche Kreative – alle aus dem Celler Dunstkreis. Ein Album.

 

Rainer Bielfeldt (Foto: Tiago Bielfeldt)

Rainer Bielfeldt hat ein Album veröffentlicht, an dem viele Kolleginnen (und ich zitiere an dieser Stelle das Booklet: „Männer sind mitgemeint…“) mitgestrickt haben. Das Gemeinschaftsprojekt beginnt mit dem Liebeslied „Glückspilz“; beim Text haben Sandra Niggemann (Celler Schule 2014), Mario Rembold (Celle 2015) und Tanja Svejnoha (beide Celle 2015) mitgewirkt – ebenso an „Ungeweinte Tränen“ und am Titelsong.
„Zug nach Hagen“, ursprünglich von Tim Fischer interpretiert, und „Auf dem Weg zu Dir“ haben – wie so viele Ohrwürmer des Chansoniers – Texte von Edith Jeske.
Johanna Hanf und Uli Lux (beide Celle 2020) haben an „Du bist mein Lieblingslied“, einer Liebeserklärung an einen Herzensmenschen, mitgeschrieben. „Zwei Euro sechsundfünfzig“, mitgetextet von David Quaas, Dagmar Schönleber und Carsten Thiele (alle Celle 2018) ist eine moderne „Father and Son“-Unterhaltung. In „Krokus“Angelika Glitz, Manuel Westermann, Lorelay (alle Celle 2019) und Rainer Bielfeldt) wird ein Mensch besungen, der so ein Kämpfer ist, wie das namensgebende Blümchen, das Eis und Schnee zum Trotze Blüten trägt.
Die „Geisterbahn“ – unter anderem von Matthias Ningel, Björn Patrick Pfeiffer und Anne Folger (alle Celle 2019) – besingt das nostalgische Jahrmarktsabenteuer als einzige Konstante in der dem stetigen Wandel unterworfenen Welt. Ein anderes Fahrgeschäft behandelt „Big Dipper“ – unter Beteiligung von Barbara Berrien (Celle 2011), Tillman Graach (Celle 2015) und Hannes Potthoff (Celle 2017).

(Gestaltung: Tiago Bielfeldt)

„Keine Angst“ ist ein berührendes Mutmach-Duett von und mit Lorelay und Rainer Bielfeldt. Erdmann Lange hat das sehnsuchtsvolle „Mehr als Freunde“ getextet. „Wie gut, dass wir kein Paar sind“ aus der Feder von David Quaas, Carsten Thiele und Rainer Bielfeldt feiert eine Freundschaft, die viele zerbrochene Beziehungen überlebt hat; „Weich gelandet“ (Angelika Glitz & Rainer Bielfeldt) nimmt dagegen mit hoffnungsvollem Blick das Ende der Liebe aufs Korn.
Dass das Leben auch noch an seinem Abend neue Liebesgeschichten schreibt, das verspricht „Nie zu alt für neue Märchen“ mit einem Text von Angelika Glitz.
Unter Mitwirkung von Manuel Westermann entstanden, sind zwei sehr persönliche Nummern: für seine brasilianisch-peruanische Nichte Laura: Laurinha (Lass dein Herz niemals vergiften)“ und für seinen Bruder „Bielfeldt Brothers Band“.
Nur „Home!“ ist allein vom Künstler selbst – das gemeinsame Schreiben hat es ihm angetan.

 

„Für das Celler Schule Seminar 2015 schlug Tobias Reitz vor, ein Songcamp auszuprobieren: gemeinsames texten in einem festen (und ziemlich sportlichen) Zeitfenster.

In Schlager und Pop war dieses Vorgehen schon ziemlich üblich, für mich im Bereich Chanson war es absolut neu. In diesem Jahr entstand gemeinsam mit Barbara Berrien, Annette Müller und Tillman Graach an einem halben Tag Pflanz Lavendel auf mein Grab – ein Lied, das zunächst von Tim Fischer auf seinem Album Absolut veröffentlicht wurde und danach von mir auf Zwei Leben, und das mittlerweile einen Grundpfeiler meines Solorepertoires darstellt. Unser jährliches Song- und Chansoncamp wurde zu einer festen Einrichtung und einem Höhepunkt der jährlichen Seminare.

Auf meinem gerade veröffentlichten Best-of-Doppelalbum Was bisher geschah stammen die Texte der insgesamt 30 Lieder zu einem Drittel aus Kooperationen mit Teilnehmer:innen der Celler Schule; weitere 14 schrieb die Chefin und Grande Dame des Chansontextes höchstpersönlich: meine langjährige (wir feiern 2023 unseren 40. Jahrestag) Freundin Edith Jeske.“

Zeitlos – Tim Fischer feiert Premiere und 30 Jähriges Bühnenjubiläum

Zusammengetragen von Turid

Heute hat „Zeitlos“ Premiere im Tipi am Kanzleramt. Die Liste der neuen Lieder zeigt: Die Celler Schule ist mit von der Partie!

Im Booklet der am 11.10. erschienenen CD finden sich unter den Urheber*innen der Songs viele ExCellent*innen: Paul Schepansky, Barbara Berrien, Tillman Graach, Hannes Potthoff, Erdmann Lange, Corinna Fuhrmann. Auch Rainer Bielfeldt und Edith Jeske haben wieder mitgewirkt. Und auch die Rinnsteinprinzessin darf natürlich nicht fehlen und hat zum feierllichen Anlass ein neues Video bekommen!

Erdmann Lange ist mit seinem Stück Ich liebe Dir hinterher (Text von mir, Musik von Rainer Bielfeldt) vertreten: „Der Text beim „20 Jahre Celler-Schule-Jubiläumstreffen“ in Springe 2016 entstanden, wo Rainer seine Musik schon dabei hatte samt „Schimmel“-Text. Und in einem „Schimmel“-Workshop entstand dann schon der nahezu fertige Text von mir. Sozusagen ohne die Musik dazu zu hören, nur mit Rainers Schimmel als Vorlage. Beim nachträglichen Hinzufügen der Musik stellte sich dann raus: Das passt wunderbar! Und Rainer hat mich dann gleich angesprochen, ob er den Text dafür verwenden kann.“

Kurz: Eine echte Celler Geschichte, das neue Programm! Also: Hin da!

Und vor allem: Herzlichen Glückwunsch, Euch allen!

Die Erinnerung von morgen. – Am 01.12.2017 erschien Rainer Bielfeldts Album zum aktuellen Solo-Programm.

Pressetext von Tobias Reitz; gekürzt und zusammengestellt von Turid Müller.

 

Gut zehn Jahre nach seinem letzten Album „Sänger sein“ bringt er jetzt ein neues auf den Markt und geht endlich auch wieder auf die Bühne.

 

Warum die lange Pause, Herr Bielfeldt? „Ach, eine Pause war das eigentlich nicht“, wiegelt er ab, „ich hab mich nur für den Moment zurückgezogen aus der ersten Reihe und mehr Musik für Andere gemacht.“ Mit den inzwischen verstorbenen Publikumslieblingen Dirk Bach und Christiane Weber und Stars wie Jan Ammann oder Mireille Mathieu hat es Bielfeldt ins Studio gezogen. Chansons, Schlager, Musicals und Hörspiele unterschiedlichster Couleur sind entstanden. Und dann ist da natürlich noch „sein“ Künstler der ersten Stunde: Tim Fischer! Mit ihm ist er seit Jahren wieder unterwegs. Das aktuelle Programm „Absolut!“ führt die beiden Chanson-Ikonen seit einem knappen Jahr wieder quer durch die Republik – und das wird es auch weiterhin! Aber: Es wird auch wieder Zeit für ein neues Solo-Abenteuer.

 

CD-Cover Die Erinnerung von morgen front (klein)

 

Warum „Die Erinnerung an morgen“? „Das Titellied entstand in der Celler Schule, der Songtexter-Akademie, die ich seit einigen Jahren mitleite“, erklärt Bielfeldt. „Mit dreien der Absolventen habe ich den Titel geschrieben. Es ist ein Lied übers Innehalten. Ein Lied mit zwei Gegenpolen: einem getriebenen, zeitbesessenen und einem ruhigen, zeitlosen. Letzterer ist der wichtigere. Und genau so soll auch das Programm sein: Ein ruhiger, zeitloser Abend als Gegenpol zum tagtäglichen Wahnsinn. Ein schöner Moment, der zur Erinnerung von morgen wird.“ Die Musik zu diesem und nahezu allen anderen Liedern des Programms stammt von Rainer Bielfeldt selbst. Einige Texte auch („Dazwischen“, „Der dritte Mai“, „Nicht mal zehn Schritte“). Für die anderen konnte der charmant-smarte Hanseat Autorenkolleginnen und -kollegen der Premiumklasse gewinnen, darunter seine Haus- und Hof-Dichterin Edith Jeske („Willi“, „Gute Reise, mein Herz“, „Tot in Venedig“), aber auch Tobias Reitz („Wie Sommer, bloß mit Schnee“) und die bereits erwähnte Christiane Weber (1975-2011) („Mein Herz, so weit“).

 

Rainer Bielfeldt ist kein Teenager mehr. Er hat aber noch die gleiche Spielfreude wie damals. Vielleicht noch etwas mehr. Schließlich weiß er heute, was er tut (und auch, was er nicht mehr tun würde). Das Anliegen, das ihn mit dem neuen Programm antreibt, ist eher puristisch: Musik machen. Und zwar so, dass es Spaß macht […].

CD-Cover Die Erinnerung von morgen Rückseite (klein)

Keine Angst vor Hintersinn, aber auch nicht vor großen Gefühlen. Überhaupt: Gefühle. Da sagt der Sänger, er wünsche sich mit seiner Musik „Momente des Glücks“. Da bescheinigt ihm die Presse, er sei „ein Romantiker mit Herzenswärme“ (BZ) und mit „fast schon waffenscheinpflichtigen Schauer-Angriffen in seinen Pop-Balladen“ (Hamburger MoPo). Und dann sind da seine Fans, die ihm mitunter durch halb Deutschland nachreisen, weil man Bielfeldt eigentlich kaum als „einen unter vielen“ mögen kann – ihm verfällt man ganz. „Na das is‘ doch fein“, sagt Bielfeldt. Hanseaten reden ja nicht viel über solche Dinge. Im besten Fall setzen sie sich ans Klavier und singen. Endlich wieder.

 

 

 

 

Blogbeitrag Nr. 500:
40 Jahre JeskeTexte. Und was für ein Fest!

1977:
In Bonn und kurz darauf in Berlin stürzt sich eine junge Frau in die Kneipen und Clubs der Liedermacherszene und auf die Bühnen. Sie will eine erfolgreiche Sängerin werden.

Karikatur: Dave Andersen

 

 

2017:
Es ist anders gekommen. Statt der Bühne ist es der Schreibtisch geworden, und sie genießt es, zumal sie kürzlich 60 wurde und es gern etwas ruhiger mag. Nur heute begrüßt sie ihre Gäste mit einem Lied. Denn in diesem Jahr feiert Edith Jeske vier Jahrzehnte Liedtexten.

Bevor sie sich vom Abendprogramm überraschen lässt, begrüßt Edith Jeske ihre mehr als hundert Gäste mit einem Lied (hier ein paar Auszüge).

 

(…)
Ich kann jetzt endlich Kohle sparnJeske singt
und auf Seniorenticket fahrn.
Ich höre noch nicht allzu schwer.
Mit Größe M komm ich noch hin,
die eignen Zähne sind noch drin
und schwanger werd ich auch nicht mehr….

(…)
Auf euch, da war und ist Verlass –
wenn ich das mal in Worte fass.
Wir halfen uns durch manche Krisen.
Denn wir, wir glauben fest daran,
dass man auch Eintracht säen kann.
Ihr habt es tausendmal bewiesen.

Und heut – mit meinen 60 Jahren
schau ich zurück voll Dankbarkeit
Ein Hoch auf was wir sind und waren!
und noch ein bisschen gute Zeit.“

Während in Berlin Christian Lindner die Verhandlungsgespräche über eine Jamaika-Koalition plazen lässt, ist das Haus Mariengrund in Münsters Norden eine Insel der Harmonie und der Harmonien.
40 Jahre Songtexten wollen gefeiert werden. Unterrichten wollte die Jeske nie. Inzwischen macht sie genau das seit 28 Jahren. 1996 gründete sie die Celler Schule, und viele der Absolventen sind gekommen, am 19. November. mit Thomas
Nicht nur ExCELLEnten und -innen entern den Festsaal. Auch Freunde aus 40 Jahren, echte Verwandte und „reingeliebte“, einige von Jeskes liebsten Komponisten und Interpreten, dazu Theatermenschen von beiden Seiten des Bühnenvorhangs. Denn es soll auch ein Netzwerktreffen werden. Oder NESTwerk, wie Thomas Woitkewitsch es so gern nennt.
Der ergreift das Mikrofon und singt eigens für den Abend und die Gastgeberin Getextetes. Bastian Sick hat ein Gedicht mitgebracht, im dem er die Konfettikanone der Reime auf „Edith“ abfeuert. Tim Fischer singt die Rinnsteinprinzessin und seinen Lieblingssong von Woitkewitsch.
Menschen, die einander bisher nie gesehen haben und sich im echten Leben vielleicht nie begegnen würden, stehen als Chor auf der Bühne und singen – jede/r eine Strophe und ganz ohne Probe – den Muddi-Song, den Turid Müller im Mail-Fernverfahren gemeinsam mit ihnen auf die Beine und die Bühne gestellt hat.

Muddi-Song
v.l.n.r.: Marvin Ochmann, Denis Sarp, Christina Arnold, Turid Müller, Doris Denke, Andrea Gegner, Jutta Dahl, Feli Feles, Sandra Niggemann, Mario Rembold

Als Zeremonienmeister durchs Programm führt Tobias Reitz. Und hat natürlich auch „was vorbereitet“ – das große La la la, welches schon in der Celler Schule jedes Abschlussfest mit neuen Texten aus Tobis Feder adelt.

Tobi singt 02.jpeg
Tobias Reitz

Die Karte obenauf – „Muddi macht das schon“ steht drauf
Bei der Frage, was sie macht, Da hab ich mir so gedacht:

Ja
Wenn du wen brauchst für deinen Text
Wo du grad steckst
Und es ist wie verhext – na, Muddi macht das schon!

Wenn du wen sucht mit Geist und Ader
Von Ernst Bader
So ein Wortgeschwader – Muddi macht das schon……

Sie ist die Wunderwaffe, echt
Und sie ist secht-
zich – unbestechlich prächtig – Muddi, unser Star.

Wenn du wen brauchst, der auch bei Hiltis
Ganz gechillt is
Und zu bohrn gewillt is, Muddi macht das schon!
Wenn du ’ne Katze bist, die schaut
Bei Immoscout
Wer kriegt sie gut verstaut? Ach, Muddi macht das schon!

Wenn du wen suchst, der dein Metrum
Verbessert und
Dir hilft die Zeilenlänge zu beachten – Muddi macht das schon

Wenn du wen brauchst mit noch mehr Kitsch
Als Woitkewitsch
Ich hab den Tipp für ditsch – die Muddi macht das schon

Sie ist die Wunderwaffe, echt
Und sie ist secht-
zich – unbestechlich prächtig – Muddi – unser Star

Turid singt
Turid Müller

Bis halb drei am Morgen geht das Programm. Zu später Stunde und vor immer noch vollen Reihen singt Turid Müller ihrer MusenMuddi noch den Pipi in die Augen, mit einer Premiere – einem Lied für die Mentorin:

Wie ein Wink des Schicksals.
Wie ein Stoß mit nem göttlichen Queue:
Plötzlich bringts alle Kugeln ins Rollen.
Du fragst: „Werde ich jemals..?“
Und du denkst dir schon: „Nö….“
Doch son Engel sagt: „Du musst nur wollen.“
„Ich trau dir das zu!“ ist sein magischer Satz.
Und alles fällt an seinen Platz.“
(Turid Müller & Stephan Sieveking)

 

Den Videomitschnitt macht Henning Ruwe zum Geschenk, mit den Tischdekorationen und auf der Bühne verzaubert Romanautorin Christine Vogeley die Gäste, Burkhard Heim liest Patrick Süskind, Marcel Kösling bringt einen Tisch zum Schweben, Gordon November stellt  seine traumhafte Bühnenanlage zur Verfügung und singt zwei seiner Lieder, außerdem Rainer Bielfeldt als Solist, aber auch als Begleiter vieler Kollegen, Willy Klüter, Annette Postel, Katja Kaye, Matthias Reuter, Andreas Schleicher, Henrika Fabian, Corinna Fuhrmann, Karla Feles, Alin Coen, Lennart Schilgen Jan Jahn, Peter Bytzek – Weggenosse aus Berliner Zeiten, Sandra Niggemann und Mario Rembold, Heike Baller, Julia Hagemann, eine gemeinsam mit Jeske getextete Schlagersingle geben Petra und Kurt Schoger zum Besten, die Musikantenstadl-Bürgerwehr schmettern Jeske mit Emmi und Willnowski Emmi und Willnowski, für die Edith Jeske seit weit mehr als zehn Jahren Songtexte schreibt.

 

Schwester Juttamaria

Und – ganz zum Schluss gegen halb drei – helfen die Gäste beim Aufräumen, denn der Saal muss um acht Uhr am Montag besenrein übergeben werden. Mindestens zwei Dutzend Hände packen mit an. Müdigkeit wird überbewertet.
Solche Freunde Kollegen sind mit Gold nicht aufzuwiegen.
Da stimmt auch Schwester Juttamaria zu.