Es war einmal…

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Es war einmal….So beginnen nicht nur alle Märchen, sondern auch ein Lied von Erika Pluhar. Mein Lieblingslied. „Es war einmal, und es war einmal schön. Da gibt’s gar nichts zu erklären, und niemand hat schuld…“ André Heller, der heute als Multimediakünstler die Menschen in der ganzen Welt zum Träumen und Staunen bringt –  vergangene Woche war in München Premiere seiner neuesten Show Magnifico – hat es für sie geschrieben. Damals, als er ihr Ehemann war und sie die gefeierte Schauspielerin am Wiener Burgtheater, die mit ihrem unverwechselbaren rauchigen Timbre erste Erfolge als Chansonsängerin verbuchte. Nie wieder wollte sie „Es war einmal“ singen, aber nun hat sie dem Drängen ihrer Fans nachgegeben und das Lied erneut in ihr Repertoire aufgenommen. Nicht nur ich bin beglückt, dass sie das gemacht hat! (Wer das Lied  nicht kennt: Unbedingt auf Youtube anhören!) In ihrem jüngsten Konzertprogramm zeichnet Erika Pluhar ihren  Lebensweg in Liedern nach – poetisch, melancholisch, eindringlich, manchmal übermütig. Gestern gastierte sie in meiner Stadt. Allein „Es war einmal…“ wieder zu hören, wäre den Besuch wert gewesen.

Interpretierte Erika Pluhar in den Anfängen Lieder von Friedrich Holländer, Wolf Biermann und André Heller, singt sie seit mehr als dreißig Jahren fast ausschließlich eigene Texte. “Irgendwann war ich es leid, nach Liedern zu suchen, mit deren Inhalt ich mich identifizieren konnte.“ Der erste Song entstand in der Theatergarderobe auf die Rückseite eines Wochenprogramms. „Lauf, Frau, lauf!“ war der Titel.  Ein Emanzipationslied, das ihr in den frühen Achtziger Jahren viele Ehemänner übel nahmen, wie sie sich erinnert.  Es hat in all den Jahren nichts an Aussagekraft verloren.  „Frau, lauf weg! Nimm dich selbst bei der Hand! Frau, lauf weg! Gebrauche deinen Verstand! Schau dich um in deinem Land! Sei dein eig’ner Musikant und nie mehr dein eig’ner Denunziant!“

Anfang der Achtziger Jahre war die Pluhar, die sich auch  als Autorin einen Namen gemacht hat, in „Literatur im Café Mozart“ zu  Gast. Ein Plakat im Treppenaufgang in der Getreidegasse 22  – zwischen H. C. Artmann und Piano Paul – erinnert noch daran. Ob ich sie vielleicht wieder einmal einladen sollte?

Ich schreibe keine Lieder mehr

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Ich schreibe keine Lieder mehr. Schon seit den Achtziger Jahren. Mir fällt einfach nichts mehr ein“, sagt er mit gespielter Verlegenheit, um ein beiläufiges „Wenn man von meinen Opern absieht“ anzuhängen. Er – das ist Georg Kreisler, die Legende des deutschsprachigen Musikkabaretts. Er singt auch keine Lieder mehr. „Nicht, weil ich es nicht könnte, sondern weil ich es falsch fände. Es passt einfach nicht zu einem alten Mann wie mir. Bei einem Lied kommt es ja auch auf den Text an, und worüber soll ein alter Mann singen? Wenn man hingegen aus seinen Büchern liest, kann man so alt sein wie man will und auch so alt sein, wie man nicht will.“

Und so geht der fast 89-jährige nun gemeinsam mit seiner Frau Barbara Peters auf Lese-Tour. Vor ein paar Tagen war er beim Kabarett- und Kleinkunstfestival Motzart in Salzburg  zu Gast und las aus dem Buch „Zufällig in San Francisco: Unbeabsichtigte Gedichte“, das er im vergangenen Jahr bei der Leipziger Buchmesse präsentierte und von der FAZ in höchsten Tönen gelobt wurde: „Wer hätte das gedacht! Georg Kreisler entpuppt sich im fortgeschrittenen Alter als veritabler Lyriker. Eine Entdeckung!“ Und das Salzburger Publikum zeigte sich begeistert von seiner  umwerfenden Bühnenpräsenz, seiner Interpretationskunst und dem Schalk, den er aufblitzen ließ.

Georg Kreisler ist ein Multi-Talent. Mehr als 500 Lieder hat er geschrieben,  Romane, Essays, Kurzgeschichten, Theaterstücke und zwei Opern. Berühmt geworden ist er als Komponist, Texter und Interpret seiner eigenen Lieder. Wer kennt nicht „Taubenvergiften im Park“? Dass die Lieder nach wie vor so populär und immer wieder neue Anhänger finden, liegt an der Originalität, der Zeitlosigkeit, am bitterbösen Humor und daran, dass Chansonniers wie Tim Fischer („Gnadenlose Abrechnung“ ) und Michael Frowin („Taubenvergiften für Fortgeschrittene“) sie lebendig erhalten. Auch Fritz Kohles hatte mit seiner Art, Kreisler zu singen, immer die Lacher auf seiner Seite.

1988,  als Barbara Peters in den Salzburger Kammerspielen „Heute abend: Lola Blau“ spielte, hatte ich die Gelegenheit, mit Georg Kreisler ein Interview für das mittlerweile sanft entschlafene Stadtmagazin Impuls zu machen. Kreisler kann sich zwar nicht mehr daran erinnern, ich aber noch sehr gut.  „Ich will kein lebendes Denkmal sein“, sagte er damals, und so lautete auch der Titel des Artikels.  23 Jahre danach ist er eines geworden.

Ein Lied für Deutschland

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Ein Lied für Deutschland? Nein! Siebenundzwanzig! Finden Sie alle Titel, die in der folgenden Geschichte versteckt sind? 26 wurden in den vergangenen Jahren beim Eurovision Song Contest für Deutschland gesungen, mit einem geht Lena vielleicht heuer an den Start.

Eigentlich wollte Anouschka nur nach der Arbeit abschalten. Sie wollte Ruhe, ein bisschen Frieden, keinen Krach aus den Lautsprecherboxen. „Könnten Sie etwas Rücksicht nehmen und  leiser drehen?“ fragte sie den Barman.  Auch so eine, die glaubt, Frauen regier’n die Welt, dachte er und schrie zurück: „I can’t live without music. Außerdem: Is’n Lied für einen Freund.“ Er deutete den Kerl, der zwei Hocker weiter saß. Ein Typ wie Dschingis Khan. Groß wie ein Baum, Hände wie Klodeckel. Kein Mann für Anouschka!

Links von ihr saßen zwei kleine Italiener.  Der eine sah aus wie Johnny Blue Ochsenknecht. Oder doch Jimi Blue? Egal. In Ermangelung eines anderen weiblichen Wesens umkreiste er Anouschka wie einen Satelliten, reichte ihr Feuer und lud sie auf einen Drink ein. Ein Hoch der Liebe, sagte er und hob das Glas. „Let’s get happy, Primaballerina!“ „Ach, dieses  plumpe Gesäusel! Nichts als Theater! dachte sie.

Der zweite war von der schnellen Truppe. Er blickte dauernd auf die Zeiger der Uhr und flüsterte ihr ins Ohr: „Can’t wait until tonight!“  Um dann ein banales „Nur die Liebe lässt uns leben“ hinterher zu schieben. „No no never“, zischte Anouschka und schob den Aufdringling von sich.  Ihr ging das ganze viel zu weit. „Gildo hat euch lieb“, rief der aber unverdrossen und grinste sie aus glasigen Augen an. War der Typ wirklich schon so besoffen, dass er sie doppelt sah? „Wadde hadde dudde da?“ brabbelte er und fummelte an ihren Blusenknöpfen herum. Aufrecht geh’n konnte  der  nicht mehr. Oder doch? Wunder gibt es immer wieder!  Aber nicht in diesem Fall! Als Gildo vom Hocker kippte, rief er noch mit gespitzten Lippen: Miss Kiss Kiss!  Dann machte es: Bang!

Erst Stunden später schlug er wieder die Augen auf. Über ihm kniete der Barman, massierte seinen Brustkorb und murmelte mantraartig: „Lass die Sonne in dein Herz!“ Gildo fragte staunend: „What happened to me?“

Der brave Mann

Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Der brave Mann“ steht in den Startlöchern. Die Demo-CD ist endlich fertig!!! Drei Ausrufezeichen. Von dem geplanten Titel „Mannomann“ mussten wir uns leider verabschieden. Zugegeben, er ist ohnehin schon etwas abgegriffen, aber er hätte als Arbeitstitel so gut zu den skurrilen Männerfiguren gepasst, von denen Georg Clementi ein Lied zu singen weiß. Beim Googeln fand ich – zum Glück noch rechtzeitig, ehe die Grafik in Druck ging –  heraus, dass Ende 2010 eine gleichnamige CD auf den Markt gekommen war.

Nun sind wir also auf der Suche nach einem Produzenten. Wir, das sind Georg Clementi, die Kaktusblüten – Robert Persché, Martin Plass und  Christa Schreiner –  und ich. Und wir hoffen, ihn zu finden. Georg Clementi steht zur Zeit auf der Bühne  des Salzburger Landestheaters in dem Stück „Kollaboration“ von Ronald Harwood, das die fruchtbringende Begegnung von Richard Strauß mit Stefan Zweig in Salzburg zum Inhalt hat. Gemeinsam schufen sie die Oper „Die schweigsame Frau“.

Auf meinem Schreibtisch stapeln sich unterdessen die Jewel cases mit Georg’s Foto auf dem Cover. Ein Cover, das die simple Plastikhülle tatsächlich zum Jewel case, also zum Schmuckkästchen, macht. Und das Beste daran? Es gibt keine lästige Folie drum herum, deren Aufreißfaden man vergeblich sucht, um dann entnervt zur Schere und/oder zum Messer zu greifen. Einfach aufklappen, Schmuckstück sprich Silberling rausnehmen, reinschieben, anhören…

Jetzt muss ich schnell die Briefe zum Versand fertig machen und dann ab die Post! Klar, Edith, du kriegt auch eine! Und für alle anderen stelle ich eine Hörprobe ein.

Der brave Mann

„…sollst leben, Fritz!“

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Wir saßen im Gastgarten der „Klause“, und ließen Fritz hochleben, der seinen 50. Geburtstag feierte. Nur noch ein Handvoll Freunde waren übrig geblieben, die zu vorgerückter Stunde über das Leben, die Liebe und den Wein philosophierten. Plötzlich wurde Fritz sentimental, redete vom Sterben und von dem Lied, das man dereinst bei seinem Begräbnis spielen sollte. „Ein echtes Wienerlied“ von Roland Neuwirth. Das Lied beginnt mit den Worten: „Er hat an Abgang g’macht, er hat die Batsch’n g’streckt, er hat a Bankl g’rissen, hat sie niederg’legt…“ und zählt die vielen Möglichkeiten auf, die der Wiener findet, um dem Tod zumindest klanglich die Schwere zu nehmen. Wusste Fritz bereits damals, dass sein Ende nahe war?

Fritz Kohles war in Salzburg bekannt wie ein bunter Hund. Er war das, was man ein Original nennt. Unübersehbar in seiner imposanten Erscheinung. Ehemaliger Postbeamter, Beislwirt, Schauspieler, Sänger, Menschenbeobachter und Menschenfreund. „Seine Bühne war der Alltag, und er hatte uns alle im Repertoire“, brachte es der Literat Karl-Markus Gauß, ein Freund aus Jugendtagen, in seiner Abschiedsrede auf den Punkt. Am 17. Jänner 2006 war Fritz gestorben. Nicht ganz unerwartet, aber doch viel zu früh.

Ein Jahr später konnte ich ihm seinen letzen Wunsch erfüllen. Gemeinsam mit Markus Grüner veranstaltete ich in der Arge Kultur ihm zu Ehren unter dem Titel „… sollst leben!“ einen poetisch-musikalischen Abend, der sich um das Leben und das Sterben und den Wein drehte. Und an dem „Ein echtes Wienerlied“ gesungen wurde – von Roland Neuwirth höchstpersönlich. Er hatte sofort zugesagt, als ich ihn bat, bei dieser Hommage aufzutreten. „Wer sich von mir und den Extremschrammeln den Abgesang wünscht, muss ein Gesinnungsgenosse sein“, meinte er. Und er sang auch eines meiner Gstanzln, das Fritz im Brechelbad in Seeham-Webersberg im September 2005 zum Besten gegeben hatte, gleichsam eine Lebensphilosphie in vier Zeilen: „Fühl mi oiwei maroda, oba erst oisa Doda sauf i a Soda – entweder oda!“ (Eine Übertragung ins Hochdeutsche wird auf Wunsch nachgereicht!)

Richard Pertlwieser und Peter Kronreif, zwei langjährige Freunde und Künstlerkollegen, hatten den literarischen Part über. Pertlwieser las Fritz’ Lieblingstexte von Helmut Qualtinger, Anton Kuh und Friedrich Achleitner, Kronreif rezitierte aus seinem eigenen Werk. Und begeisterte damit auch Doris Windhager, die wunderbare Sängerin der Extremschrammeln,  The Golden Voice aus Hernois. Es wurde ein unvergesslicher Abend, nicht nur, weil der Orkan Kyrill über die Stadt fegte und dabei die Dächer von den Häusern riss und Roland Neuwirth den Hut vom Kopf.

„Es wird a Wein sein, und wir wer’n nimma sein!“, prophezeit ein altes Wienerlied. Ehe dieser Fall auch bei mir eintritt, werde ich schnell noch… nein, kein Apfelbäumchen pflanzen, sondern ein Kohles-Gedächtnisachterl trinken. Und mich dabei erinnern, wie Fritz als Wirt der „Klause“ Kritik an seinem vergorenen Rebensaft vom Tisch zu wischen pflegte. „Das ist ein ehrlicher Schankwein!“, brummte er. Diskussion beendet! Widerspruch zwecklos!

So ein Mensch ist einfach unersetzbar.

Hinterm Horizont

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Seit dem letzten Blog-Eintrag  „Das Mädchen aus dem Song“ schwirren pausenlos Namen in meinem Kopf herum, Namen von weiblichen Wesen, denen deutsche Texter und  Songwriter ein musikalisches Denkmal setzten.Was ist wohl aus ihnen geworden? Aus der so herrlich intellektuellen Annabelle zum Beispiel, die Reinhard Mey anflehte, ihm die rosa Brille samt Gartenzwerg-idylle zu zerstören? Oder aus der standhaften Anuschka, die Udo Jürgens abblitzen ließ mit den Worten „Liebe heut nix gut!“ Oder Cindy Lou, von der Drafi Deutscher ein Bild malen wollte und nicht die passenden Farben fand?

Und wer war das Mädchen aus Ostberlin, das Udo Lindenberg besang und nun im Mittelpunkt des Musicals Hinterm Horizont steht, das am 13. Januar Welt-Premiere im Theater am Potsdamer Platz in Berlin feiert? Sie heißt Manu und stammt aus Pankow. So kann man es in Lindenbergs Autobiographie, die er 2004 veröffentlichte, nachlesen. Im Musical heißt sie Jessie und wird von Josephin Busch gespielt. Den Hut des jungen Udo setzt sich Serkan Kaya auf.

„Es geht um so ’ne geile East-West-Side Story“, bringt es Udo Lindenberg auf den Punkt. „Einer wahren Geschichte wurde ein neues Kleidchen angezogen.“ Die deutsch-deutsche Liebesgeschichte hat  der Autor Thomas Brussig („Sonnenallee“) um zwanzig Hits von Udo Lindenberg geschrieben. Regie führt Ulrich Waller, der Intendant des St.Pauli Theaters in Hamburg. Die Lindenberg-Fans scharren schon ungeduldig mit den Hufen.

Übrigens: Wolltet ihr schon immer wissen, welche Claudia der Kabarettist und ExCELLEnt Bodo Wartke in dem gleichnamigen Lied anhimmelt und für wen er den genialen Reim  machte: Claudia, daraus mache ich kein Hehl. Ohne dich wär’ ich wie Saudia-Rabien ohne Öl?

Also, ich war’s nicht! 😉 Zweckdienliche Hinweise werden gerne entgegengenommen!

Das Mädchen aus dem Song

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Kürzlich stieß ich beim Surfen im Internet auf folgenden – mittlerweile  beinahe schon verjährten – verbalen Hilfeschrei: „Hallo ich bin verzweifelt möchte meiner freundin ein lied machen um ihr zu zeigen wie sehr ich sie liebe doch ich kann keinen songtext schreiben!!! Wär echt nett wenn es einen geben tuht, der es machen würde.“ Pech für Forum-User Elbow-Joe! Sein Wunsch blieb, wie ich aus den fehlenden Angeboten schließen konnte, unerfüllt. Joes Ellbogen-Taktik ging also nicht auf.

Auf die Idee, seiner Angebeteten ein musikalisches Denkmal zu setzen, waren allerdings schon einige vor ihm gekommen. Paul Anka zum Beispiel, der als schüchterner 15-jähriger ein Lied für die um drei Jahre ältere Diana schrieb, das kurz darauf ein Riesenhit wurde. Oder Donovan, der in „Jennifer Juniper“ das englische Model Jenny Boyd verewigte, die Schwester von Patty Boyd, die mit George Harrison verheiratet war. Oder Leonhard Cohen, der Suzanne besang, Suzanne  Verdal, die Muse der Beatniks aus Montreal, die mit Cohen am St. Lorenz-Strom Tee trank und Orangen aß, aber zu dessen Leidwesen nicht mehr von ihm wollte.

All das noch und viel mehr erzählt der englische Musikjournalist Michael Heatley in dem Buch „Das Mädchen aus dem Song“, erschienen im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. Er hat sich auf die Suche nach fünfzig außergewöhnlichen Frauen gemacht, die berühmte Musiker – von Bob Dylan bis  Mick Jagger –  zu  legendären Liedern inspirierten. Wer waren Angie, Lola, Lovely Rita, Sweet Caroline, Peggy Sue & Co? Wie kam es dazu, dass ein Lied über sie geschrieben wurde? Und was machen sie heute? Heatley hat’s in akribischer Recherche herausgefunden. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: „Ein ganz eigener Streifzug durch die Popgeschichte, mit der richtigen Mischung aus musikalischen und biographischen Hintergrundinformationen und Beziehungs-Tratsch.“

Schade, dass sich der Autor in dem Buch auf englischsprachige Lieder beschränkt hat. So werde ich vermutlich nie erfahren, wer jene Gabi war, die Gerd Böttcher in dem Lied  „Für Gabi tu ich alles“, einem Hit aus dem Jahre 1962, unsterblich gemacht hat (Wer sich noch daran erinnern kann, bitte aufzeigen!). Eine Zeile hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt: „Ich trag auch munter den Mülleimer runter. Für Gabi tu ich alles!“ Was für ein emanzipatorischer musikalischer  Liebesbeweis – zu einer Zeit, als Fifty-Fifty in deutschen Haushalten noch nicht einmal angedacht war, zu einer Zeit, als sogar der Begriff „angedacht“ noch nicht einmal angedacht war.

Reim gewinnt!

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Kürzlich flatterte mir der neueste Elektrobrief von Bodo Wartke auf den Schirm. Der Musikkabarettist und Absolvent der Celler Schule ist einer von Edith Jeskes Vorzeigeschülern. Ausverkaufte Häuser (72.000 Zuschauer im Jahre 2010),  Kleinkunstpreise, Youtube-Zugriffe in Millionenhöhe, pointierte Reimkultur in höchster Vollendung und ein Witz, den auch ich seeeeeehr mag.

Bodo schaut in diesem Brief  nicht nur auf ein ereignisreiches Jahr zurück, er macht auch Appetit auf eine Veranstaltung im kommenden Jahr, die in Stuttgart Kult-Status erlangt hat: Reim gewinnt! Nach vier Jahren Pause tritt nun wieder ein wortgewaltiges Sextett  im Theaterhaus Stuttgart zu einem Dichterwettstreit an, um sich auf Kommando vor Publikum den Mund fusselig zu reimen. Leider nur für eine einzige Vorstellung, und zwar am 15. Januar. Neben Bodo Wartke steigen die Lokalmatadoren Timo Brunke, Christine Prayon, Philip Simon, Mirjam Woggon und Udo Zepezauer in den Ring. Als Moderator und Ringrichter fungiert Helge Thun, der auch nicht auf den Mund gefallen ist. Da soll noch einer sagen, Gereimtes gehöre in die Mottenkiste!

„Es gab einmal eine Zeit, da waren Fernsehsendungen keine Auffangbecken für verhaltensauffällige Jugendliche. Da durften dort nur Leute auftreten, die tatsächlich etwas konnten. Da hießen die Stars Peter Frankenfeld oder Heinz Erhardt, und Maden wurden nicht im Dschungel gegessen, sondern als Gedicht vorgetragen. Da waren die Witze noch intelligent und die Sendungen schwarz-weiߓ, räsoniert Helge Thun. „Doch jetzt wird das Theater zu dem, was das Fernsehen heute noch sein könnte, wenn es nur wollte. Denn jetzt kommt ‚Reim gewinnt!‘ – die original bunte Reimshow in Schwarz und Weiß!“

„In Linz müsste man sein!“ lispelte der große österreichische Kabarettist Helmut Qualtinger in seinem unvergessenen Sketch „Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben“. In Stuttgart müsste man sein, denke ich. Aber zum Glück vermerkt Bodo am Schluss, dass die Veranstaltung schon so gut wie ausverkauft ist. Das tröstet mich dann wieder. Zumindest ein kleines bisschen.

Weihnachtliches One Hit Wonder

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Stille Nacht, heilige Nacht! Ein echtes One Hit Wonder, das im Dezember 1818 den Herren Mohr und  Gruber gelang. Eines, das jeden Textdichter und Komponisten vor Neid vergilben lässt! Joseph Mohr, Hilfspriester in Oberndorf (Land Salzburg), hatte den Text bereits zwei Jahre in der Lade. Als die Orgel in der Kirche kurz vor Weihnachten streikte, bat er den Lehrer Franz Xaver Gruber, eine Melodie – zwei Solostimmen mit Gitarrenbegleitung –  dazuzuschreiben. Welturaufführung war bei der Christmette. Ein Tiroler Orgelbaumeister, Matthäus Mauracher, der die Oberndorfer Orgel wieder in Schwung brachte, nahm die Noten mit in seine Heimat und ebnete so den Siegeszug von Stille Nacht rund um die Welt. Es wurde in mehr als 300 Sprachen und Dialekte übersetzt und ist bis heute das bekannteste Weihnachtslied, gefolgt von White Christmas, gesungen von Bing Crosby. Trauriges Künstlerlos: Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber hatten von dem Erfolg  bis zu ihrem Lebensende nicht die geringste Ahnung. Die Urheberschaft wurde erst 1854 nachgewiesen.

Da haben es Erfolgsautoren heutzutage wesentlich besser. Wie Irving Berlin, der Komponist von „White Christmas“ zum Beispiel, der sich nicht nur über Ruhm und Ehre, sondern auch über die Tantiemen von mehr als 50 Millionen verkauften Singles freuen konnte. Oder wie Daniel Glattauer. Der Schreiber des Email-Romans Gut gegen Nordwind, der mittlerweile in 35 Sprachen übersetzt wurde,  brachte rechtzeitig zum Fest ein Büchlein mit dem Titel Der Karpfenstreit auf den Markt, in dem er u. a.  eine Gebrauchsanleitung für das familienfreundliche Absingen wichtiger Weihnachtslieder gibt. So auch für „Stille Nacht“. Glattauer vermerkt unter dem Stichwort Schlüsselpassagen: Das erste „i“ von „himmlischer“ ist fatalerweise der höchste Ton des Liedes. Vorsicht: Akute Quietschgefahr! Holen Sie beim „H“ davor tief Luft, reißen Sie dann die Mundwinkel weit auseinander, und pressen Sie die Augenlider fest zusammen.  Das „u“ der ersten „Ruh“ geht über drei Töne, verlangt Ihnen also eine kraftraubende Terz ab.  Das zweite „Ruh“ in der ersten Strophe stellt den tiefsten Ton des Liedes dar und verendet deshalb oft als Grunzgeräusch. Um mehr Tiefe herauszuholen, einfach das Doppelkinn ausfahren. Frauen können den letzten Ton auch eine Oktave höher ansetzen.“

In diesem Sinne: Gutes Gelingen und frohe Weihnachten!

An der Arche um acht

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Wie, bitte?“ Corina zieht die Brauen hoch und schenkt mir ein müdes Lächeln. Dabei habe ich sie doch nur gefragt, ob sie mit mir ins Theater gehen möchte. Ins Kindertheater muss ich der Ordnung halber dazu sagen. König Badeschwamm? Das neue Musical von Peter Blaikner am Landestheater? Nicht einmal die Tatsache, dass Konstantin Wecker einige Lieder dafür geschrieben hat, ringt ihr einen Anflug von Begeisterung ab. Wie wär’s mit „An der Arche um acht?“, einem Familienstück mit Musik, das das Theater Laetitia unter der Leitung von Margot Maria Paar im kleinen theater  spielt? Ein Kopfschütteln sagt mehr als tausend Worte.

Corina ist mein Patenkind und interessiert sich für Hip Hop. Culcha Candela und Peter Fox’ Stadtaffen. Singende Pinguine sind nicht ihr Ding. Kein Wunder, sie ist ja schon 13. Wie konnte ich das nur vergessen! Auch mein Neffe Robert ist dem Spongebob-Alter längst entwachsen. Er legt mittlerweile als  Mr. Rob bei Clubbings von Wien bis Hamburg die Platten auf. Ich aber denke noch immer gern daran, wie wir gemeinsam Harald Krassnitzer, den nachmaligen Tatort-Kommissar, Bergdoktor und Winzerkönig, in der Elisabethbühne beim Weihnachtsmärchen als tapsigen Bären beklatschten. Wie doch die Zeit vergeht!

Weil ich also kein Kind passendes Alters bei der Hand habe, begebe ich mich im Schutze der Dunkelheit alleine ins kleine theater.  Ich will noch einmal „An der Arche um acht“ sehen, jenes preisgekrönte Stück von Ulrich Hub, in dem es nebst Dauerregen um Freundschaft, Toleranz, den Sinn des Lebens und um die Frage, wie kommen drei Pinguine auf die Arche Noah, wo’s doch nur Tickets für zwei gibt, geht. Diana PaulAnna Maria Paumgartner und Moni Müksch sind die drei Vögel im Frack, die behaupten: „Kein Pinguin lässt einen and’ren Pinguin im Regen steh’n“, während sie auf gelben Sohlen über die Eisschollen steppen. Die Melodie zu diesem Lied stammt, wie auch von den anderen sechs Liedern, von Robert Persché, meinem Grazer Komponisten  (Ja, er hat seine Stimme wieder gefunden! )

Moni Müksch hat in ihrem Verlag Edition Velvet Voice eine reizende Mitsing-CD herausgebracht. Ich habe sie natürlich sofort gekauft. Jetzt stellt sich allerdings die Frage, wem ich sie schenken soll. Ob ich sie vielleicht Corina….? Ist wohl doch nicht so eine gute Idee.  Ach was, ich behalte sie einfach selber.

Beatlemania

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Hamburg, die dritte:

Meeresbrandung, Möwengekreisch, ein tutendes Nebelhorn: So muss es wohl geklungen haben, als am 16. August 1960 fünf junge, völlig unbekannte Musiker aus Liverpool in Hamburg an Land gingen: John Lennon, Paul Mc CartneyGeorge Harrison, Pete Best und Stuart Sutcliffe. Einen Tag später standen sie zum ersten Mal auf der Bühne Indra, einer Musikkneipe auf der Großen Freiheit, wo sie für 35 D-Mark bis zu acht Stunden spielten und in kürzester Zeit mit ihrem Beat zum Geheimtipp auf dem Kiez wurden.

Meeresbrandung, Möwengekreisch, ein tutendes Nebelhorn: So klingt es heute im 5. Stock des Hauses Nobistor 10 auf der Reeperbahn, der ersten Station von Beatlemania einem Museum, das durch die Welt der Beatles führt. Und dort erfahre ich, dass die nachmaligen „Fab four“ zu fünft begannen, Stuart Sutcliffe aus Liebe zu der Fotografin Astrid Kirchherr, die den Beatles den berühmten Haarschnitt verpasste, in Deutschland blieb, und Pete Best etwas später gegen Ringo Starr ausgetauscht wurde. Ist aber nichts wirklich Neues für mich! Schließlich bin ich ein Beatles-Fan mit funktionierendem Langzeitgedächtnis!

Der Hamburger Kulturmanager, Fan und Sammler Matthias Höllings hat das Konzept für die Beatles-Erlebniswelt erstellt, die zwölf Themenbereiche umfasst und von den Hamburger-Tagen über Yellow Submarine bis zu Sgt. Pepper und Abbey Road reicht, „Eight days a Week“ geöffnet hat und jeden Beatles-Anhänger in wunderbaren  Erinnerungen schwelgen lässt. Vergilbte Zeitungsausschnitte, Fotos, technisches Equipment Anno Snow, Vinylplatten und Fernsehaufnahmen in schwarz-weiß, der Seidenpapierdurchschlag des ersten Plattenvertrages der Beatles mit Produzent Bert Kämpfert, Postkarten, die Ringo, an seine Liverpooler Oma schrieb, das Bravo-Cover, das über meinem Bett hing:  Plötzlich die Jugend wieder ganz, ganz nahe… Love, love, me do!

Als ich im Yeah Café einen Espresso trinke, fällt mir auf einmal wieder ein, dass es die Beatles höchst persönlich waren, die mich inspirierten, meinen ersten Songtext zu schreiben, der folgendermaßen begann: „Ich liebe vier Boys aus Liverpool…“ Wie es weiterging? Das ist vielleicht eine andere Geschichte! 😉