Stille Nacht: Joseph Mohr im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Kleine Vorbemerkung: In der Serie „Wer schrieb eigentlich…?“ stelle ich Textdichter des 20. Jahrhunderts vor. Aus gegebenem Anlass mache ich heute eine Ausnahme und porträtiere jenen Mann, der der Welt das berühmteste Weihnachtslied aller Zeiten beschert hat. (Auch wenn er schon im 19. Jahrhundert gelebt hat.)

ERST SINGEN, DANN DIE GESCHENKE!

„Stille Nacht, heilige Nacht! Alles schläft, einsam wacht nur das traute hochheilige Paar…“ Es ist ein ehernes Familiengesetz: Erst nach dem kollektiven Absingen von „Stille Nacht“ (zumindest der ersten Strophe!) vor dem im Kerzenschein erstrahlenden Weihnachtsbaum dürfen die Geschenke ausgepackt werden. Zu verdanken haben wir das Joseph Mohr. Er hatte den Einfall zu „Stille Nacht“ – vor fast 200 Jahren.

Jpseph MohrJoseph Mohr wurde unter keinem guten Stern geboren. Er kam am 11. Dezember 1792 in der Stadt Salzburg als uneheliches Kind der Strickerin Anna Schoiber zur Welt. Sein Vater Franz Mohr war ein ehemaliger Soldat aus dem Lungau, dem südlichsten Bezirk im Land Salzburg. Der kleine Joseph wuchs in ärmlichsten Verhältnissen auf. Zum Glück erkannte ein Domvikar das musikalische Talent des Buben und nahm ihn unter seine Fittiche. Er ermöglichte ihm den Besuch eines Gymnasiums und in weiterer Folge ein Theologiestudium. 1815 wurde Joseph Mohr zum katholischen Priester geweiht. Dafür brauchte er allerdings als unehelich Geborener vom Papst eine Ausnahmegenehmigung. Seine erste Anstellung führte ihn nach Mariapfarr, in die Heimatgemeinde seines Vaters. Dort hatte er auch den genialen Einfall zu jenem Gedicht, das in der Vertonung von Franz Xaver Gruber den Siegeszug um die ganze Welt antreten sollte.

EIN LIED GEHT UM DIE WELT

Im Jahre 1817 verschlug es Mohr nach Oberndorf. Als kurz vor Weihnachten 1818 die Orgel in der St. Nikolaus-Kirche streikte, bat er den Organisten Franz Xaver Gruber, der als Lehrer in der Nachbargemeinde Arnsdorf arbeitete, das sechsstrophige Gedicht „Stille Nacht“ zu vertonen. Gruber schrieb zwei Solostimmen mit Gitarrenbegleitung. Bei der Christmette erklang das Lied zum ersten Mal. Mohr sang Tenor und spielte Gitarre, Gruber sang Bass. Der Tiroler Orgelbauer Carl Mauracher, der die Oberndorfer Orgel kurze Zeit später reparierte, nahm die Noten mit in seine Heimat und verhalf so dem Lied zum Siegeszug zuerst  nach Tirol (1819), dann nach Deutschland, dann nach Amerika (1938).

SOZIALES ENGAGEMENT IN WAGRAIN

Mohr blieb bis September 1819 in Oberndorf und wechselte dann häufig seine Dienstorte, bis er 1837 Pfarrer von Wagrain wurde. Schon in Oberndorf hatte er für die Armen stark gemacht, in Wagrain konnte er sein soziales Engagement fortsetzen. Er veranlasste den Neubau der Schule, gründete einen Ausgleichsfonds, um auch den Kindern mittelloser Eltern den damals kostenpflichtigen Schulbesuch zu ermöglichen und kümmerte sich um die bedürftige, alte Bevölkerung. Auf seine Initiative geht auch das später geschaffene Armen- und Altenheim zurück. Von dem Erfolg seines Liedes erfuhr er genau wenig wie Franz Xaver Gruber. Die Urheberschaft wurde auf Grund eines Autographs erst 1854 nachgewiesen. Mohr starb im Alter von 56 Jahren am 4. Dezember 1848 an Tuberkulose  und fand auf dem Friedhof in Wagrain seine letzte Ruhestätte. Heute erinnert der Name der Volksschule an den großen Wohltäter.

STILLE NACHT DAS GANZE JAHR

Die Stille-Nacht-Gesellschaft mit Sitz in Oberndorf hat sich zur Aufgabe gemacht, die Entstehung des Liedes zu erforschen und die authentischen Fassungen zu verbreiten. In vier Jahren gibt es etwas ganz Besonderes zu feiern: 200 Jahre „Stille Nacht“. Drei Museen in Oberndorf, Arnsdorf und Hallein  machen das Lied zum Dauerthema. Die Entstehungsgeschichte von „Stille Nacht“ wurde mehrmals verfilmt, 1997 unter dem Titel „Das ewige Lied“ mit Tobias Moretti in der Rolle von Joseph Mohr. Auch das Fernsehen kommt nicht daran vorbei. Zauberhafte Weihnacht im Land der Stillen Nacht heißt die neueste Produktion, die am 20. Dezember in ORF 2 und am 26. Dezember auf 3 SAT ausgestrahlt wird. Moderator Harald Krassnitzer über das Lied der Lieder: „’Stille Nacht’ gehört einfach zur Kultur der Österreicher. Mich fasziniert vor allem die Weltreise, die dieses Lied gemacht hat.“

 

 

Gedicht des Monats – Dezember 2014

von Michael Feindler

Die Adventszeit hat begonnen und bringt Licht ins Dunkel unserer Wintertage – meist elektrifiziert. Anlass genug, sich einmal mit denjenigen zu befassen, die uns dieses Licht bescheren: zum einen hat die ARD vor wenigen Wochen das Geschäft der Stromkonzerne in einer Dokumentation näher beleuchtet, zum anderen gibt es aktuelle Entwicklungen bei den Elektroriesen Vattenfall und E.ON, die diesmal auch im Monatsgedicht Erwähnung finden:

Strategiewende

Atomstromzeiten sind beendet,
da Energie sich hierzulande
samt Vattenfall und E.ON wendet.
Doch beide sind wohl kaum imstande,
die Folgen finanziell zu tragen –
zumindest, wenn die Aktionäre
Profitverluste bald beklagen.
Denn schließlich meinen die, es wäre
bescheuert, stünde Sicherheit
der Menschen über dem Gewinn.
Und deshalb ist es an der Zeit,
die Dinge wieder richtig hin-
zubiegen und darauf zu schauen,
dass jeder Stromkonzern genießt,
was ihn am Leben hält: Vertrauen,
indem der Geldstrom weiterfließt.

Und so verklagt nun Vattenfall
vor dubiosen Schiedsgerichten
den Staat und will auf einen Schwall
an Geld mitnichten jetzt verzichten.
Das Unternehmen E.ON fährt
da eine andre Strategie,
die hat bei Banken sich bewährt
(und dort versagte sie fast nie):
Der Stromkonzern wird jetzt gespalten
und kann danach den Kernkraft-Schrott
getrennt vom schönen Teil verwalten.
Geht dieser Müll dann mal bankrott,
so haftet, wie man sich schon denkt,
der Staat für jeden Schuldenrest –
den gibt’s von E.ON dann geschenkt,
auch außerhalb vom Weihnachtsfest.

Im ebenfalls mit elektrischem Strom betriebenen Rampenlicht der Bühne werde ich im Dezember und Januar an diesen Tagen und Orten anzutreffen sein:

Freitag, 05.12.2014, Berlin:
Programmauszüge im Rahmen der Late-Night-Show „Frisch gepresst“ mit Tilman Lucke und Martin Valenske, Distel (Studio), 21.30 Uhr

Samstag, 06.12.2014, Berlin:
Programmauszüge im Rahmen der Late-Night-Show „Frisch gepresst“, Distel (Studio), 21.30 Uhr

Samstag, 13.12.2014, Bad Oeynhausen: VORPREMIERE des neuen Soloprogramms „Das Lachen der Ohnmächtigen“, Druckerei Begegnungszentrum, 20.00 Uhr

Freitag, 16.01.2015, Berlin:
Premiere des neuen Soloprogramms „Das Lachen der Ohnmächtigen“, Zebrano-Theater, 19.30 Uhr

Samstag, 17.01.2015, Berlin:
Soloprogramm „Das Lachen der Ohnmächtigen“, Zebrano-Theater, 19.30 Uhr

Mittwoch, 21.01.2015, Weingarten (am Bodensee):
Soloprogramm „Das Lachen der Ohnmächtigen“, Hochschulgemeinde, 20.00 Uhr

Freitag, 23.01.2015, Cottbus:
Gemeinsamer Auftritt mit der Band „Les Bummms Boys“ im Rahmen des Studentenkabarett-Festivals „Ei(n)fälle“, Konservatorium, 19.30 Uhr

Samstag, 24.01.2015, Düsseldorf:
„Das Lachen der Ohnmächtigen“, Freizeitstätte Garath, 20.00 Uhr

Eine komplette Tourplan-Übersicht ist hier zu finden.

 P.S.: Im Oktober bin ich im Rahmen der Leipziger Lachmesse aufgetreten und der MDR hat das gefilmt. Der knapp zwanzigminütige Ausschnitt (hauptsächlich mit Texten und Liedern aus dem Programm „Dumm nickt gut“, aber auch mit einem Lied aus dem kommenden Programm) lässt sich nun hier anschauen. Unter anderem mit dabei: „Der Anschlag auf den fiktiven Banker Walther Oppermann“ sowie die modernisierte Fassung von Goethes „Zauberlehrling“.

 

Den Sommer wieder mal verpasst…

von Michael Feindler (Celler Schule 2010)
 
In diesem Monat hat uns Michael Feindler mit einem besonderen Gedicht beschenkt. Genießt seine  poetisch-philsophoschen Gedanken, die sich um den Herbst ranken, auch wenn Weihnachten schon um die Ecke lugt.
 

Herbst

Die Luft ist heute überraschend kühl,
ist windig unterwegs, macht selten Rast. 
?Im kalten Hauch beschleicht mich das Gefühl,
?ich hätt’ den Sommer wieder mal verpasst.

Wo sind die warmen Tage hin, von denen ?
ich mir am Jahresanfang viel versprach?
?Ich meine mich nach Kommendem zu sehnen,?
doch im Kalender ist es schon danach.

An einen Frühling mag ich mich entsinnen,
an Aufbruchsstimmung, Ziele und den Plan, 
gemeinsam etwas Großes zu beginnen. 
Wohin verschwand im Anschluss der Elan?

Was wurde aus dem Drang, der in uns steckte,
aus jenem Antrieb, der uns weiterbrachte?
Wo blieb die Neugier, die das Umfeld weckte,?
das Feuer, das ein Geistesblitz entfachte?

Das alles ging wohl, als der Sommer kam.
Von diesem haben wir dann kaum gezehrt,
denn Statisches ist von Natur aus lahm?
und somit weniger erinnernswert.

Zum Frühling lässt sich einiges erzählen,
?der Sommer aber ist ein Status quo,
dem weitere Entwicklungsstufen fehlen –
zwar schön und warm, doch bleibt er eben so.

Das Faszinierendste ist stets, was sich bewegt,
was wächst und was sich noch verändern lässt.?
Ein definiertes Zielereignis legt?
zugleich den Punkt für einen Stillstand fest.

Denn schließlich sind es ja die Übergänge,
die ganz besonders intensiv erscheinen.?
Entwicklung zieht Momente in die Länge -?
zumindest kann man das im Rückblick meinen.

Und wenn uns dann der Sommer beispielsweise?
erfasst, ergibt sich häufig das Problem:?
Elan und Tatendrang verschwinden leise,?
der Status quo ist nämlich sehr bequem.

Doch jeder Sommer wird mal abgelöst.?
Es folgt der Herbst. Er bringt Veränderung,
indem er das Entstandene verstößt –
ganz sachte, ohne frühlingshaften Schwung.

Die Luft beginnt sich langsam abzukühlen,
ein Hauch von Sommer scheint noch nachzuhallen.
Nun geht es weiter. Neue Winde wühlen
auch die Gedanken auf und zeigen allen:

Am stärksten können wir das Leben fühlen,
wenn Dinge wachsen oder grad zerfallen.??

 „Während die Tage immer kürzer werden, können die langen Abende vortrefflich in Kabarett-Theatern verbracht werden, in denen ich in den kommenden Tagen und Wochen spielen werde“, meint Michael Feindler und verweist auf seine Homepage.

Michael Kunze im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 206)

Wer schrieb eigentlich „Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii, ging nie durch San Francisco in zerriss’nen Jeans…“? Na, Udo Jürgens, wer sonst, werden Sie jetzt vermutlich sagen. Falsch! Es war sein Haus- und Hoftexter Michael Kunze, der ihm viele Hits, darunter „Griechischer Wein“, „Ein ehrenwertes Haus“ und „Heute beginnt der Rest meines Lebens“ auf den Leib schrieb und dem dabei das typische Textdichter-Schicksal widerfuhr. „Das Publikum identifiziert gewöhnlich den Sänger mit dem, was er singt, den Texter nimmt es gar nicht wahr. Das hat mich nie gestört. Ich bin so eine Art Ghostwriter, der den Interpreten die Sprache gibt“, sagte Michael Kunze in einem Interview  in der FAZ. „Udo Jürgens und ich, wir waren ein eingespieltes Team. Mit ihm zusammen am Klavier war mir die liebste Arbeit. Einmal hat Udo gesagt: ‚Oft stört der Text die Musik oder umgekehrt. Wenn aber ein guter Text und die passende Melodie zusammenkommen, löst das die stärkten Emotionen aus’.“ Schade, dass Udo Jürgens bei der Fernsehshow anlässlich seines 80. Geburtstags für seinen langjährigen Textdichter nur in einen Halbsatz übrig hatte.

DU BIST ALLES, WAS ICH HABE AUF DER WELT…

Michael Kunze
Foto: Alexander Christoph Wulz

Geboren wurde Michael Kunze am 9. November 1943 in Prag, wo sein Vater als Journalist beim Prager Tagblatt arbeitete. Nach der Rückkehr der Familie nach Deutschland wuchs er im Schwarzwald auf und besuchte in München das Gymnasium. Als Teenager entdeckte er die Liebe für den Rock’n’Roll, lernte Gitarre spielen und schrieb die ersten Lieder. Nach dem Abitur mit der Durchschnittsnote 1,0 studierte Kunze Jura, ein Studium, das er, wenn erst auch viele Jahre später, summa cum laude beendete. Die Dissertation über einen Hexenprozess aus dem Jahre 1600  („Der Prozess Pappenheimer“) erregte großes Aufsehen in Fachkreisen und wurde Grundlage für seinen Erfolgsroman  „Straße ins Feuer“. Doch erst mal wollte der junge Kunze Liedtexte schreiben. Da die ersten Versuche nicht besonders erfolgreich waren, entschloss er sich, selbst zu produzieren. In einer Schwabinger Musikkneipe entdeckte er 1969 den 17jährigen Peter Maffay, für den er das Lied „Du“ schrieb. „Du bist alles, was ich habe auf der Welt. Du bist alles, was ich will…“ Durchaus möglich, dass sich Kunze beim Schreiben dieses Textes von seiner Jugendliebe Roswitha inspirieren ließ, die er mit 17 Jahren im Schulbus kennengelernt hatte und ihn noch heute als Ehefrau durchs Leben begleitet.

KEINE ANGST VOR GEFÜHLEN

Von da an ging es aufwärts. Sehr steil sogar. Insgesamt sind es 4000 Titel geworden, darunter an die 300 Hits. „Einige davon finde ich heute noch gut“, sagt Kunze. Sein Erfolgsrezept: „Ich hatte nie Angst vor Gefühl, vor Einfachheit. Angst hatte ich vor Lügen und Klischees. In der Branche wusste man bald, für die richtigen breiten Schlager bin ich nicht der Richtige. Durchgesetzt haben sich meine Texte, weil sie etwas anders waren als das übliche Schlager-Einerlei.“ Und so schrieb er u. a. für Peter Alexander („Die kleine Kneipe“), Jürgen Drews („Ein Bett im Kornfeld“), Die Münchner Freiheit („Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“), Gitte Haenning („Freu dich bloß nicht zu früh“), Mary Roos („Aufrecht geh’n“), Juliane Werding („Stimmen im Wind“) und Gilbert Becaud („Desirée“).

1974 wagte Michael Kunze den Sprung über den Großen Teich, gründete in den USA die Retorten-Gruppe Silver Convention und erfand den sogenannten Munich Sound. Auf Grund der sensationellen Erfolge in den USA  mit „Fly, Robin, Fly“ – der Song wurde Nummer 1 in den Billboard Charts –   und Penny Mc Leans „Lady Bump“, die Kunze unter dem Pseudonym Stephan Prager schrieb, arbeitete er mit Stars der amerikanischen Musikszene und produzierte Alben mit Herbie Mann, Julio Iglesias und Sister Sledge. 1976 wurde er als erster Deutscher gemeinsam mit dem Komponisten Sylvester Levay mit einem Grammy ausgezeichnet. In Deutschland wählte ihn die Jury der Goldenen Europa zum „Mann des Jahres 1976“. Das Pendeln zwischen den Kontinenten und Druck der amerikanischen Plattenfirma gingen Kunze an die Substanz. Ende der 1970er Jahre zog er die Notbremse. Er löste Silver Convention auf, kündigte alle Verträge und nahm sich Auszeit, um den Roman „Straße ins Feuer“ zu schreiben. 

MUSICAL- UND STORY-ARCHITEKT

In den 80er Jahren entdeckte Michael Kunze eine neue künstlerische Welt: das Musical. Er übertrug mit großem Erfolg die Musicals des weltbekannten Engländers Andrew Lloyd Webber wie „Evita“, „Cats“, „Das Phantom der Oper“ und „Sunset Boulevard“ ins Deutsche und verhalf so diesen Werken in seiner Heimat zum Durchbruch. Gleichzeitig machte er sich einen Namen in dieser Branche. Es folgten die deutsche Adaptierungen (Die Bezeichnung „Übersetzung“, hört Kunze nicht gern) von  „A Chorus Line“, „Der kleine Horrorladen“, „Der Glöckner von Notre Dame“, „Der König der Löwen“, „Mamma Mia!“ und „Aida“.
Mit dem Komponisten Sylvester Levay, mit der sich bereits zu Zeiten des „Munich Sound“ die Lorbeeren geteilt hatte, begann Michael Kunze eigene Musicals zu schreiben und zu produzieren. Er startete 1990 mit „Hexen, Hexen“ und landete  zwei Jahre später mit „Elisabeth“, der Geschichte der österreichischen Kaiserin fernab vom picksüßen Sissi-Kitsch, trotz anfänglicher Kritikerschelte einen Welterfolg. „Elisabeth“ wurde vier Jahre lang in Folge in Wien gespielt. O-Ton Michael Kunze, der sich als Story-Architekt verstanden wissen will:  „Seit zwanzig Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in der Welt „Elisabeth“ aufgeführt wird. Das ist nicht ohne Ironie. Ich wollte die Geschichte der unglücklichen Kaiserin als zeitgemäßes, emotionales Musiktheater erzählen, ohne dabei zum Broadway zu schielen. Dass das dem Wiener Publikum gefiel, konnte ich allenfalls hoffen. An einen Welterfolg dachte ich wirklich nicht.“

ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK

Weitere Erfolgs-Produktionen aus Kunzes Kreativ-Werkstatt:  „Mozart! – das Musical“ (1996), „Tanz der Vampire“ (1997),  „Rebecca“ (2006), „Marie-Antoinette“ (2006) und „Moses“ (2013). Im Oktober 2015 soll die Uraufführung des Pop-Oratoriums „Luther“ folgen. „Ich war noch niemals in New York“, jenes Musical, zu dem Michael Kunze Titel und Titelsong lieferte, stammt allerdings nicht aus dessen Feder. Es ist eine Kompilation von 23 Udo-Jürgens-Liedern, die der österreichische Dramatiker Gabriel Barilly nach einer Idee von der Bestellser-Autorin Hera Lind in eine flotte, familientaugliche Story à la Traumschiff packte.

56 Goldene Schallplatten, 23 Platin-Schallplatten, ein Grammy, der Echo für das Lebenswerk,  die Goldene Feder des Deutschen Textdichter-Verbandes  und der Deutsche Musikautorenpreis – die Liste von Kunzes Auszeichnungen ist lang. „Michael Kunze ist ein echtes Universaltalent, der ein wahrhaft umfassendes Gesamtwerk vorweisen kann. Musical, Oper, Schlager, Theater, Literatur, Film und Fernsehen – überall fühlt sich Michael Kunze gleich wohl“, so die Würdigung der Jury des Musikautorenpreises 2010. „Da er der meistgenannte Autor bei „Die besten Jahrhundert-Hits“des ZDF ist, kann man davon ausgehen, dass fast jeder sofort ein paar Zeilen seiner Lieder auswendig aufsagen kann.“ Diese zum Beispiel: „Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii…“ Welche Zeile kriegen Sie nicht mehr aus dem Ohr?

 

Fred Jay im Porträt

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Dankeschön, es war bezaubernd. Dankeschön, wenn wir auch auseinander gehn, gibts doch ein Wiedersehn…“ Wer kennt nicht diesen einschmeichelnden Ohrwurm, den Peter Alexander bis in die 1990er Jahre als Schlusslied seiner großen Samstagsabend-Shows sang? Diese Zeilen schrieb 1935 ein 21-jähriger Jura-Student jüdischer Abstammung, der davon träumte, Schlagertexter zu werden, in einem Wiener Kaffeehaus in sein schwarzes Notizbuch. Zwei Jahre später wurde das Lied von Harry’s Tanzorchester unter der Leitung von Heinz Sandauer und der Sängerin Gloria Astor auf Platte aufgenommen, und ganz Wien sang begeistert mit. Der Verfasser des Liedes war Friedrich Alex Jacobson, der sich Jahre später als Fred Jay einen internationalen Namen als Textdichter machte.

Fred JayWHAT I AM LIVING FOR?

Fred Jay wurde als Friedrich Alex Jacobson am 24. Juli 1914 in Linz geboren und absolvierte in Wien ein Jura-Studium. Auf Grund seiner jüdischen Herkunft musste er 1938 nach Paris flüchten und kam nach einem längeren Aufenthalt in einem französischen Lager dank eines lebensrettenden Visums in die USA. In New York fand er nicht nur eine spätere Ehefrau Mary, sondern auch einen Job bei dem Radiosender The Voice Of America. Schnell erlernte er die anglo-amerikanische Ausdrucksweise und schrieb unter dem neuen Namen Fred Jay nun auf Englisch Songtexte. Dem Song „What Am I living for?“ verhalf Ray Charles, der damals noch am Beginn seiner Karriere stand, zum Erfolg. „The Wedding“, gesungen von Julie Rogers, wurde  mehr als 7 Millionen Mal verkauft und wurde auch in der deutschen Version Wenn die Glocken hell erklingen“, gesungen von Lys Assia, ein Hit.

ICH WEISS, WAS ICH WILL

Seine Frau Mary war die treibende Kraft, dass er 1963 mit seiner Familie nach Europa zurückkehrte. Fred Jay arbeitete bei „The Voice of America“ in München und wurde in weiterer Folge Programmdirektor des Senders Rias in Berlin, der Heimatstadt seiner Eltern. Dem Schreiben von Songtexten galt noch immer seine große Leidenschaft. Bei Peter Meisel, Verleger, Produzent und Talent-Scout (er ent-  deckte u.a. Manuela, Marianne Rosenberg, Drafi Deutscher, Juliane Werding, Bernd Clüver und später Die Prinzen) fand er ein offenes Ohr. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.  „Diese Welt“, ein Lied, das er für Katja Ebstein schrieb, landete 1971 auf dem 3. Platz beim Eurovision Contest. Das war der Beginn einer beispiellosen Karriere. Der Spätzünder wurde Haus- und Hofschreiber für  Howard Carpendale. 87 Titel, darunter „Du fängst den Wind niemals ein“, Deine Spuren im Sand“ und die deutsche Übersetzung von „Ti amo“ gehen auf Jays Konto. Für Christian Anders verfasste er 52 Lieder, darunter „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo und „Geh nicht vorbei“, für Jürgen Marcus 27, darunter „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ und „Ein Festival der Liebe“. Von der englischen Übersetzung „When a child was born“, gesungen von Johnny Mathis, wurden am ersten Tag der Veröffentlichung unglaubliche 221.000 Platten verkauft, was im Guiness-Buch der Rekorde verewigt wurde. Boney M. nahmen das Lied in ihr Christmas-Album auf. Für die Retortengruppe von Frank Farian lieferte Jay 36 Titel auf Englisch. „Ra-Ra-Rasputin“ verkaufte sich zwischen Rio de Janeiro und Moskau 7,5 Millionen Mal. Das Lied, das er  gemeinsam mit Udo Jürgens schrieb, war auch sein Lebensmotto: „Ich weiß, was ich will!“ Im Alter von fast siebzig Jahren war für Dr. Friedrich Alex Jacobson alias Fred Jay der Traum, den er schon als Wiener Student geträumt hatte, in Erfüllung gegangen.

DANKE SCHÖN, ES WAR BEZAUBERND

Fred Jay wurde als hochgebildeter, belesener Intellektueller, voll altösterreichischem Charme beschrieben. Und er war mit einer für seine Branche untypischen Eigenschaft ausgestattet, der Bescheidenheit. Obwohl er der erfolgreichste deutschsprachige Textdichter seiner Zeit war, trat er nie ins Rampenlicht. Es holte sich nicht einmal seine Goldenen Schallplatten ab. 1985, zwei Jahre nachdem sein letztes Lied veröffentlicht worden war und er sich aus dem Schlagerbusiness zurückgezogen hatte, kehrte er mit seiner Familie nach Amerika zurück. In Conneticut, wo sein Sohn Michael als Kardiologe arbeitete, fand er seinen Altersitz. Drei Jahre später, am 27. März 1988, starb er im 74. Lebensjahr. So unspektakulär wie er gelebt hatte, war auch sein letzter Abschied: eine kleine Friedhofskapelle, an die zwanzig Trauergäste, ein schlichter Holzsarg. Es gab keine Reden. Aber es erklang Musik: Danke schön, es war bezaubernd.

FRED-JAY-PREIS

Fred Jay lebt nicht nur in seinen Liedern weiter. Seine Witwe Mary Jay-Jacobson stiftete in Erinnerung an den großen Textdichter 1989 den Fred-Jay-Preis, der mit 15.000 Euro dotiert ist. Er steht unter der Schirmherrschaft der GEMA-Stiftung und wird alljährlich an einen Künstler verliehen,  der sich um die Schaffung und Förderung deutscher Texte verdient macht. Die Wahl des Fred-Jay-Preisträgers, der durchaus auch weiblich sein darf, trifft, auf Wunsch von Mary Jay-Jacobson, die 2002 verstarb, die Jury des Deutschen Musikautorenpreises. 2014 konnte sich Dota Kehr über die Auszeichnung freuen, die bei der Preisverleihung den Liedermacher  Christoph Stählin zitierte: „Mit Kunst nicht zielen! Wenn man getroffen hat, wird man es schon merken.“

EINFACH MAL GENIAL
die West-östlichen Diven im Zimmertheater Steglitz am 10.10.2014

Das Celler-Schul-Netzwerk werkt und wirkt! Jetzt haben die 3 Chansonetten einen Berliner Ableger bekommen!

Barbara Berrien, Julia Hagemann (beide Celler Schule 2011) und Camilla Elisabeth Bergmann (Celler Schule 2013) schmeißen ihre gesammelte Kreativität in einen Topf und prallen als „Westöstliche Diven“ aufeinander!
Welturaufführung des Abends einfach mal genial  im Zimmertheater Steglitz in Berlin

West-östlichhe DivenUnd man fragt sich natürlich:
Drei Diven auf der kleinsten Bühne Berlins – kann das gutgehen?

Die Berlinerinnen Barbara Berrien und Camilla Elisabeth Bergmann treffen auf Julia Hagemann aus der finstersten Provinz kurz vor Ostfriesland. Dabei entsteht eine gleichermaßen vergnügliche wie anrührende Mischung aus ihren Liedern und blühendem Unsinn: von „Queen of Genörgel“ über „Ich könnte deine Oma sein, mein Hübscher“ bis zu „Jochen, noch’n Rochen kochen“, Songs über fremdgehende Hühner, pathologische Hilfsbereitschaft und übermotivierte Security-Mitarbeiter. Ein kabarettistisch-musikalischer Ensemble- und Liederabend, bei dem Sie Dinge lernen können, die Ihnen bisher verschlossen waren…

Übrigens hängt die Celler Schule in vielfacher Hinsicht mit drin. Eines der Kleider ist von Anne Weber (Celler Schule 2011), ein halbes Lied stammt von Konstantin Schmidt (ebenfalls Celler Schule 2011). Zwei der Chansons wurden von Rainer Bielfeldt komponiert, der die Celler Schule von Anfang an begleitet.  Guido Raschke (der als Pianist die Playbacks einspielte) steht sonst mit Robert Metcalf auf der Bühne (Celler Schule 2013). Den Anstoß zum Kennenlernen gab Tilman Lucke (Celler Schule 2008). Ein Abend, der sich lohnt – versprochen!

Gedicht des Monats

von Michael Feindler (Celler Schule 2010)

Geschätzte Leserschaft!

Im Gedicht des Monats  geht es um politische Ereignisse, die insbesondere in den Augustwochen diskutiert wurden, ohne dass man aber behaupten kann, die Diskussionen seien nur annähernd beendet oder hätten gar zu beruhigenden politischen Entscheidungen geführt.  Also passt es auch noch in den September und auch in den Oktober, der  schon vor der Türe steht (Anm. d. R.) . Wichtig – wie bei allen politischen Diskussionen – ist hierbei, die Interessen der einzelnen Diskussionsteilnehmer nicht aus dem Blick zu verlieren. Zur Erinnerung empfehle ich daher noch einen Artikel über eine Interessengruppe, die sich (wie zu erwarten) besonders engagiert in die Diskussion einbringt:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/krauss-maffei-und-co-waffenfirmen-hoffen-auf-den-irak-13101469.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

Doch genug der Worte, die uns nicht weiterbringen. Statt bloß zu reden, kümmern wir uns lieber um die

Konfliktlösung

Im Mittleren und Nahen Osten
gibt’s leider viel zu viele Pfosten
und Irre, die sich gehen lassen
und unsern schönen Westen hassen.

Die Menschen schießen, metzeln, morden,
allein, in Gruppen oder Horden,
und machen jeden Gegner platt,
der etwas zu entgegnen hat.

So gibt es dort seit Jahren Streit
und äußerst selten Dankbarkeit
für unsre Hilfe aus dem Westen.
Im Ganzen steht es nicht zum Besten.

Und weil sich die Gewalt nicht schickt,
versucht man lang schon den Konflikt –
vergeblich angesichts des Bösen –
mit allem, was man kennt, zu lösen.

Doch, wie man neuerdings verspricht,
ist eine Lösung jetzt in Sicht:
Man werde eine Menge Waffen,
die übrig sind, gen Osten schaffen!

Bald soll’n Gewehre und Granaten
in viele Hände dort geraten –
nur so gelingt es schließlich allen,
sich gegenseitig abzuknallen.

Denn wenn wir einmal ehrlich sind,
steht fest: Den Ost-Konflikt gewinnt
doch niemand mehr, drum ist es besser,
wir liefern alle dort ans Messer.

(Das „Messer“ ist hier nur ein Bild,
genauer wäre wohl: Man killt
zumeist in jener Ostregion
mit Sturmgewehr und Munition.)

Und ist das Waffenwerk vollbracht,
bleibt nur noch einer an der Macht
und hat den Kampf für sich entschieden:
der jahrelang ersehnte Frieden.

Übrigens – nur bedingt konfliktfrei werden die kommenden Kabarett-Auftritte ablaufen, die hier aufgelistet sind:
http://michael-feindler.de/termine/aktuell/

 

 

 

 

Bruno Balz im Porträt

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Kann denn liebe Sünde sein? Darf es niemand wissen, wenn man sich küsst, wenn man einmal alles vergisst vor Glück? … Liebe kann nicht Sünde sein. Und wenn sie’s wär, wär’s mir egal. Lieber will ich sündigen mal als ohne Liebe sein.“ Wer hat nicht schon bei den ersten fünf Worten die sinnliche  Alt-Stimme von Zarah Leander im Ohr? Das Lied stammt aus dem Ufa-Film „Der Blaufuchs“, der 1938 in Düsseldorf zum ersten Mal über die Leinwand flimmerte, und ist bis  heute  unvergessen. Den Textdichter, der Zarah Leander den Text auf den Leib schrieb und sie zum Star des UFA-Films machte, kennen hingegen nur wenige. Es war Bruno Balz, dessen dramatische Lebensgeschichte das Lied in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Bruno Balz

TEXTDICHTER, EINE NEUE BERUFSBEZEICHNUNG

Bruno Balz, am 2. Oktober 1902 in Berlin-Prenzlauer Berg geboren, schrieb schon als kaufmännischer Lehrling Gedichte, mit denen er an Zeitungswettbewerben teilnahm. Bereits damals wusste er, was er werden wollte: Textdichter. Das war eine Berufsbezeichnung, die es bis dato noch gar nicht gab. Balz, so sagt man, habe den Begriff erfunden. Im Laufe seines Lebens verfasste er mehr als 1000 Liedtexte und prägte wie kein anderer die deutsche Musik- und Schlagerkultur. Für rund 170 Filme lieferte der Berliner die passenden Schlager, darunter auch für den allerersten deutschen Tonfilm „Dich hab’ ich geliebt“. In dem polnischen Komponisten Michael Jary (eigentlich: Maximilian Jarcyik) fand er einen kongenialen Partner. Gemeinsam mit Zarah Leander waren sie ein unschlagbares Team, das in der Szene als „Trio infernal“ bekannt war. Balz schrieb aber nicht nur für Zarah Leander, sondern alle Größen der Zeit: für Leo Slezak „Auf der Heide blüh’n die letzten Rosen“ (1935) – in den Augen von  Herbert von Karajan das schönste Volkslied des 20. Jahrhunderts, für Heinz Rühmann „Ich brech die Herzen der stolzesten Frau’n“ (1938) und „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“ (1939), für Rosita Serrano „Roter Mohn (1938), für Johannes Heesters, Willi Forst, Ilse Werner und Marika Rökk.

ICH WEISS, ES WIRD NOCH MAL EIN WUNDER GESCHEH’N

Wegen seiner Homosexualität, die damals nach § 175 des Strafgesetzbuches unter Strafe stand (der sogenannte Schwulen-Paragraf wurde erst 1994 in Deutschland abgeschafft), kam Balz während des Nazi-Regimes auf die Rosa Liste Berlin. Er musste acht Monate in das Gefängnis Plötzensee und wurde, weil ein homosexueller Textdichter nicht in das geltende Weltbild passte, nach seiner Entlassung mit einer blonden Bäuerin aus Pommern namens Selma zwangsverheiratet. Balz durfte nur mehr anonym arbeiten. Sein Name wurde gänzlich ausradiert und verschwand von allen Filmabspannen. Aber seine Texte sollten das deutsche Volk trotzdem bei Laune halten. 1941 wurde er erneut in Gestapo-Haft genommen und schwer gefoltert. Zarah Leander und Michael Jary intervenierten, und Balz musste innerhalb von 24 Stunden für den Film „Die große Liebe“ zwei Lieder für Zarah Leander schreiben, die nachträglich in den schon fertiggestellten Film „Die große Liebe“ eingebaut wurden. Balz fielen, wie durch ein Wunder, die Texte für „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ und „Davon geht die Welt nicht unter“ ein. Das rettete ihn vermutlich vor dem Transport ins Konzentrationslager. Mit 27 Millionen Zuschauern wurde „Die große Liebe“ nicht nur der wichtigste Propagandastreifen der NS-Zeit, sondern der erfolgreichste deutschsprachige Film aller Zeiten.

Bitterböse Ironie des Schicksals: Nach Kriegsende wurde der Textdichter von den Allierten wegen dieser als Durchhaltelieder deklarierten Lieder angeklagt. Er geriet unter Beweisnot und musste sich gegen seinen Willen als Homosexueller, der zur Zwangsehe verpflichtet wurde, outen. Bruno Balz wurde freigesprochen und konnte seine Karriere fortsetzen. Seine ungeliebte Frau Selma hielt aus Statusgründen an der Ehe fest, auch als er 1960 den Maler Jürgen Draeger kennen lernte, mit dem ihn von da an eine lebenslange Beziehung verband.

WIR WOLLEN NIEMALS AUSEINANDERGEH’N

Auch Weihnachten ging nicht spurlos an Bruno Balz vorbei. 1958 bat ihn der amerikanische Komponist Irving Berlin „White Christmas“ ins Deutsche zu übertragen. In der Interpreation von Bing Crosby wurde dieses Lied zur meistverkauften Single aller Zeiten. Bruno Balz machte aus „I’m dreaming of a white Christmas“ Bruno Balz kurzerhand „Süß klingt der Engel Chor: Weihnacht“. Zwei Jahre später entstand „Wir wollen niemals auseinandergehn“. Balz hatte den Text für Zarah Leander geschrieben, die 1942 in ihre schwedische Heimat zurückgekehrt war und jetzt in Deutschland ein Comeback feiern wollte, die Melodie komponierte Michael Jary. Er war es auch, der durchsetzte, dass die 17-jährige Heidi Brühl das Lied interpretierte und nicht Zarah Leander. Obwohl es der größte Hit wurde, den Balz und Jary mitsammen schufen, ging die fast 30-jährige Freundschaft der beiden in die Brüche. Von wegen: „Wir wollen niemals auseinander gehen!“ Balz zog sich ins Privatleben zurück. Dieser Erfolg, so dachte er, wäre nicht mehr zu toppen. Wie man sich doch täuschen kann! 1967 suchte der Sänger und Manager Wolfgang Roloff, besser bekannt unter dem Namen Ronny, ein Lied für einen kleinen holländischen Jungen namens Heintje. In Balz’ Schreibtischlade lag seit Jahren ein auf  einem Tonträger bis dato unveröffentlichtes Lied, das der Startenor Beniamino Gigli ohne großen Erfolg 1941 in einem italienischen Film gesungen hatte. Balz überließ Rolloff den Text. Der Rest ist Geschichte. Wenn Heintje „Mama“ schmetterte, flossen nicht nur die Tränen von Millionen Frauen, sondern auch die Tantiemen. So viel, dass Balz mit dem Geld ein SOS-Kinderdorf errichten ließ.

BRUNO-BALZ-ARCHIV IN BERLIN

Bruno Balz starb am 14. März 1988 im 85. Lebensjahr und wurde auf dem Friedhof in Berlin-Wilmersdorf begraben, wo auch Robert Biberti, Sänger der Comedian Harmonists, und der Komponist Theo Mackeben ihre letzte Ruhe fanden. In einem Nachruf schrieb die FAZ: „“Bruno Balz hatte einen Hauptanschluß an die unterschwelligen seelischen Bedürfnisse seiner Zeitgenossen: er beherrschte die Kunst, in einer Liedzeile das, was jeden bewegte, wie in einer Schlagzeile zusammenzufassen. Witz, Charme, Gefühl, Sentimentalität, alles stand ihm zu Gebote, das Geflüster so unfehlbar wie das Pathos. Auf seine Weise war er – nehmt alles nur in allem – ein Genie.““ Balz legte testamentarisch fest, das bis zehn Jahre nach seinem Tode keine privaten Details aus seinem Leben veröffentlicht werden durften. „Niemand kennt mich. Zehn Jahre nach meinem Tod werden auch meine Lieder vergessen sein““, meinte er. Doch er sollte nicht Recht behalten. Universalerbe und Nachlassverwalter wurde sein Lebensgefährte Jürgen Draeger, der nun bemüht ist, Balz seine Geschichte wiederzugeben. Er tut dies mit viel Liebe und Akribie. Anlässlich des 100. Geburtstags erschien eine Doppel-CD unter dem Titel „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“, die 36 Original-Titel von Bruno Balz enthält – ein Best of aus mehr dreißig Jahren. Das Booklet illustrierte Jürgen Draeger. Auf einer umfassenden Homepage kann man in das Werk von Bruno Balz eintauchen. Seit 2011 befindet in der Oranienburger Straße 21 in Berlin, direkt am Monbijou-Park das Bruno-Balz-Archiv, das nach Voranmeldung öffentlich zugänglich ist. Darin befindet sich  historisches Mobilar aus den 1930er Jahren, darunter der Barschrank, den Zarah Leander Bruno Balz geschenkt hat.

Das Porträt, das Bruno Balz als 33jährigen zeigt und von dem Fotografen Walter Jaeger stammt, wurde uns vom Bruno-Balz-Archiv dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.

Hans Bradtke im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

 

Wenn man auf Google „Pack die Badehose ein“ eintippt, spuckt die Suchmaschine in 0,31 Sekunden unglaubliche 625.000 Ergebnisse aus. Auch heute, mehr als sechzig Jahre nach der Veröffentlichung des Liedes, ist diese Textzeile in unseren Köpfen, und Werbeleute bedienen sich noch immer gern und ungeniert der vier Zeilen, um Ferienregionen, Hotels, Bademode und Freiluft-Events  anzupreisen. Wer aber den unvergesslichen Sommerhit mit Volksliedcharakter geschrieben hat, das weiß kaum jemand. Es war der Berliner Textdichter Hans Bradtke.

„UND DANN NÜSCHT WIE RAUS NACH WANNSEE!“

Der Geistesblitz ereilte Hans Bradtke bei der morgendlichen Rasur. Noch mit Seifenschaum im Gesicht schrieb er die ersten Zeilen nieder. Eine Viertelstunde dauerte es, bis die Lobeshymne auf das beliebte Strandbad Wannsee fertig war. Der Komponist Gerhard Froboess  ließ sich dann eine pfiffige Melodie dazu einfallen. Eigentlich war das Lied für die Schöneberger Sängerknaben gedacht. Weil es aber den Verantwortlichen nicht so recht gefiel, sprang Cornelia, die siebenjährige Tochter des  Komponisten, ein. Sie soll zu ihrem Vater gesagt haben: „Dicker, lass mich det mal singen!“ Und das tat die kleine Cornelia dann auch wirklich, und zwar 1950 bei der öffentlichen RIAS-Berlin-Sendung von Hans Rosenthals „Mach mit“ im Titanis-Palast. Cornelia Froboess wurde zum Inbegriff der kessen Berliner Göre und zum ersten Kinderstar Deutschlands. „Pack die Badehose ein“ schlug ein wie eine Wasserbombe. Flugs entstand eine internationale Version (ohne Berliner Schnauze), eine holländische für ein Mädchen namens Helentche und eine österreichische für Leila Negra. In der Sowjetzone Deutschlands hingegen wurde das Lied im Oktober 1951 vom Volksbildungsministerium verboten mit der Begründung, die Lieder wären geeignet, von der Erfüllung des Fünfjahresplanes abzulenken.

VOM KARIKATURISTEN ZUM TEXTDICHTER

„Pack die Badehose an…“ war für Hans Bradtke der Beginn einer großen, wenn auch ungeplanten Textdichter-Karriere. Geboren am 21. Juli 1920 in Berlin, wollte er nach dem Abitur Kunst studieren, entschied sich aber dann – als Zugeständnis an die Eltern – für die Architektur. Nach dem Krieg arbeitete Bradtke als Pressezeichner und Karikaturist, u. a. für die Zeitschrift „Hör zu“ und illustrierte die Umschläge der Notenblätter des Musikverlags „Melodie“ von Froboess & Budde in Berlin-Grunewald. Als er sich die Texte unter den Noten einmal genauer besah, entrüstete sich der Künstler: „Mit solchem Zeug kann man Geld verdienen?“ Von da an machte Bradtke selbst solches Zeug, schriebDER SPIEGELim  August 1952 in einem Artikel, der Cornelia Froboess gewidmet war. Die Berliner Göre hatte es dank der „Badehose“ auf das Titelblatt geschafft.

Bradtkes Texte spiegelten auf amüsante Weise den Zeitgeist wieder quer durch die Jahrzehnte. Schnell avancierte der Berliner zum Hitschreiber für Vico Torriani („Sieben Mal in der Woche möchte ich ausgehen“, 1957 und „Kalkutta liegt am Ganges“,1960), Bill Ramsey („Pigalle“, 1961 und „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“, 1962), Chris Howland („Hämmerchen-Polka“, 1961), Cornelia Froboess und Peter Kraus („Lady Sunshine und Mister Moon“, 1961),Nana Mouskouri („Weiße Rosen aus Athen“, 1962), Gerd Böttcher („Für Gabi tu ich alles“, 1962), Cliff Richard („Rote Lippen soll man küssen“, 1963) und Wenke Myhre („Er steht im Tor“, 1969, und „Ein knallrotes Gummiboot“, 1970). Ein Riesenwurf gelang ihm mit „Sommerwind“, en Lied, das von Grethe Ingmann gesungen wurde. 1965 übertrug Johnny Mercer ein bekannter Songwriter der USA –  aus seiner Feder stammt „Moon River“, der Titelsong aus  dem  Film „Frühstück bei Tiffany’s“ – den Text ins Englische. Frank Sinatra machte die Cover-Version „Summerwind“ zum Welterfolg. 1963 übersetzte Bradtke den Bob-DylanSong „Blowin‘ in the Wind“ für Marlene Dietrich ins Deutsche. Aus dem Chanson von Gilbert Becaud „Et maintenant“ machte er 1961 „Was wird aus mir“,  für Joe Dassin schuf er 1969 die deutsche Fassung von „Champs Elyssées“ und für Johanna von Koczian 1977  „Das bisschen Haushalt…sagt mein Mann“.

DIE KENNT JEDER! LAUTER HITS AUS EINER FEDER

An die 2800 Lieder hat Hans Bradtke geschrieben, darunter eine Vielzahl an unvergesslichen Ohrwürmern. 1985 brachte er unter dem Titel „Die kennt jeder! Lauter Hits aus einer Feder“ eine Doppel-LP mit den größten Hits heraus. „Mein Vater war ein unheimlich kreativer Mensch“, erinnert sich Tochter Barbara Berrien (Celler Schule 2011), die ein gutes Stück vom Talent ihres Vaters vererbt bekam. „Er konnte gar nicht anders als sich ständig etwas auszudenken und das dann auch umzusetzen. Wenn er nicht textete, malte er, zeichnete oder bastelte er irgendwas. Er war äußerst gutherzig, gesellig, großzügig und ungemein humorvoll – ein richtiger Familienmensch mit einem großen, vielfältigen Freundeskreis, vom Regierungssprecher bis zum Sylter Krabbenfischer war da alles dabei.“ Trotz seiner Liebe zu Sylt blieb Bradtke ein überzeugter Berliner: „Wer mal am Kurfürstendamm seinen Kaffee trank, den zieht es immer wieder hin“, schrieb er 1960 für die Drei Travellers. Das traf auch auf ihn zu. Seine Lieblingscafés waren das legendäre Cafe Möhring und das Cafe Kranzler am Tauentzien.

Hans Bradtke starb am 12. Mai 1997 in seinem Haus in Berlin-Dahlem. Mitten aus dem Leben, so wie er es sich gewünscht hatte. Seine Tochter erinnert sich: „Mein Vater starb einfach so, saß nett gestylt und ausgehbereit auf dem Bettrand, wollte sich ein Taxi bestellen und wurde vom lieben Gott abgeholt.“ Auf dem Waldfriedhof Dahlem am Hüttenweg in Berlin fand er seine letzte Ruhe. Dort, wo auch der  Dichter Gottfried Benn, Blandine Ebinger, Chansonsängerin  und Ex-Frau des Komponisten Friedrich Holländer, der Sänger Bully Buhlan und der Entertainer Harald Juhnke begraben sind.

EHRENLEUCHTTURMWÄRTER

Das zeichnerische Talent hat Hans Bradtke nie ganz vernachlässigt. Seine heiter-poetischen Bilder wurden in Ausstellungen in Berlin, Lugano,  Zürich, Keitum/Sylt, Nizza und Paris gezeigt. Von ihm stammt auch der Pegasus, das  GEMA-Logo, und das Design für die Goldene Feder, die Auszeichnung des Deutschen Textdichterverbandes. Dem langjährigen Mitglied des Aufsichtsrates der GEMA und Ehrenmitglied des Deutschen Textdichterverbandes wurde 1970 das Bundesverdienstkreuz  der Bundesrepublik Deutschland verliehen. „Zu recht, denn seine Schlagerlyrik ist ein Kapitel deutscher Kulturgeschichte – kein großes, aber ein schönes“, schrieb Rüdiger Falksohn 1998 in „Deutsche Jahre“, einer Spezialausgabe des SPIEGEL. Fast noch stolzer war Bradtke über  die Ernennung zum Ehrenleuchtturmwärter, die ihm für die Bemühungen um den Erhalt des Leuchtturms Roter Sand zuteil wurde. Sylt war nicht nur für ihn,  sondern auch für seine Frau Renate und die Kinder Peter und Barbara, zur zweiten Heimat geworden.

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Was für ein Sommer!

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Blog Feindler Juli Schon wieder Sommerloch! Michael Feindler (Celler Schule 2010) hat ein probates Mittel dagegen. Er tut, was er am liebsten tut. Er schreibt Gedichte und macht Kabarett. Vom 29. Juli bis 3. August wird er es  mit Philipp Schaller und Erik Lehmann  in einem Sommer-Special der Late Night-Show Spätzünder in der Herkuleskeule in Dresden noch einmal so richtig krachen lassen. Die Musik dazu liefern Les Bummms Boys (mit drei m – kein Tippfehler!), fünf Mann hoch!

 Die 18. Ausgabe der Spätzünder wird auch gleichzeitig die letzte sein. Grund für das Aus? „Die Spätzünder haben sich    ausgetobt! Achtzehn heißt volljährig. Und Volljährige werden flügge“, sagen die drei. Zum Abschluss brennen sie eine Woche lang ein satirisches Feuerwerk  zur Prime Time ab. Die Programmankündigung ist vielversprechend. „Wir präsentieren euch nicht nur das Schlimmste vom Schlimmen aus allen Spätzünder-Ausgaben. Auch neue Tecte, Lieder und Figuren werden geboten, und natürlich darf das Publikum wieder tatkräftig mitmischen.“ Das Ensemble Weltkritik aus Leipzig sorgt für die pointensprühende Draufgabe.

Am 15. August ist Michael Feindler wieder solo unterwegs und behauptet in Düsseldorf „Dumm nickt gut“. Und hier Feindlers Gedicht des Monats:

Was für ein Sommer!

Wer meint, dass diese Verse hier
mit etwas Int’ressantem starten,
der sollte nicht zu viel erwarten,
denn alles, was hier steht, ist schier

ein inhaltsloser Lückenfüller,
gewürzt mit Rhythmus, Reim und Klang.
Doch ist das weder von Belang,
noch ansatzweise gar ein Knüller.

Die Zeilen dümpeln vor sich hin,
mit Worten voll, an Inhalt leer,
als ob das kaum verwerflich wär –
man sucht vergeblich nach dem Sinn.

Zuletzt erahnen wir jedoch
den Grund für diesen öden Stil:
Der Inhalt des Gedichtes fiel
ins altbekannte Sommerloch.

 

Kurt Feltz im Porträt

Von Claudia Karner (Celler 2006)

Kleine Vorbemerkung: Wir wissen es längst –  Das Leben ist nicht fair und die Textdichterei ein unbedankter Beruf. Während sich der Interpret  im Scheinwerferlicht sonnen darf und mit Lorbeeren überhäuft wird, findet der Schöpfer des Liedtextes oft nur in Kleinschrift auf dem Plattencover Erwähnung. Damit ist nun Schluss. In meiner neuen Reihe „Wer schrieb eigentlich…?“ werde ich Textdichter und Textdichterinnen auf das Podest heben, die im vergangenen Jahrhundert  Lieder schufen, deren Titel und Hooklines als geflügelte Worte Eingang in den allgemeinen Sprachschatz fanden. Beginnen wir mit  Der Theodor im Fußballtor.

DER THEODOR, DER THEODOR…

 der steht bei uns im Fußballtor. Wie der Ball auch kommt, wie der Schuss auch fällt, der Theodor, der hält. Ja, unser Theodor, der Held, der hält.“ Diese Zeilen sind auch heute noch – im Zeitalter eines Manuel Neuer – im kollektiven Gedächtnis der deutschsprachigen Fußballfans gespeichert. 1948 wurde die Torwart-Hymne geschrieben, und zwar von Kurt Feltz, dem späteren Schallplattenproduzenten, Verleger und Textdichter in Personalunion, „dem ultimativen Schlagerfürsten Kölns“, wie ihn der Journalist Joe Scevardo bezeichnete. Komponiert wurde das Lied von Werner Bochmann. Der Theodor“ wurde ursprünglich von Margot Hielscher mit  eher geringem Erfolg besungen. Zum Kassenschlager wurde das Lied erst, als es der Wiener Burgschauspieler Theo Lingen in dem gleichnamigen Film interpretierte und als rasender Reporter das Match zwischen Schienbein 04 und  den Meniskuskickers kommentierte.

Kurt Feltz, geboren 1910 in Krefeld geboren, startete bereits in jungen Jahren  mit seinem Schulfreund Ralph Maria Siegel, dem Vater von Ralph Siegel, seine musikalische Karriere. Gemeinsam schrieben sie das Libretto zu der Jazz-Operette „Der Mann im Frack“. Nach dem Abitur zog Feltz nach Köln und arbeitete beim dortigen Rundfunk. Aus dieser Zeit stammt das Karnevalslied „Wer soll das bezahlen?“ (Musik: Jupp Schmitz), ein Lied, das bis heute nichts an Aktualität verloren hat. 1938 schrieb Feltz das Libretto  für  Fred Raymonds Operette „Saison in Salzburg“ , und so erfuhr alle Welt, dass die Salzburger Nockerln süß wie Liebe und zart  wie ein Kuss sind, worüber sich die Tourismusmanager heute noch freuen. Nach dem Krieg arbeitete Feltz wieder beim Rundfunk und inszenierte 60 Operetten.

KURT FELTZ ALIAS ANDRÉ HOFF

Ende der 1950er Jahre avancierte Kurt Feltz zum Haus- und Hofdichter der Plattenfirma Polydor, wo eine gedeihliche Zusammenarbeit mit den Komponisten Werner Scharfenberger, Charly Niessen, Erwin Halletz und Heinz Gietz entstand. Seine Doppelrolle als Textdichter (Feltz nahm für sein Pseudonym André Hoff beim Mädchennamen seiner Frau Cornelia als Anleihe) und leitender Rundfunkangestellter beim NWDR brachte ihm harsche Kritik bei den Konkurrenten und eine Titelgeschichte beim Spiegel ein. Es wurde ihm  vorgeworfen, er würde seine Position beim Radio ausnützen und vermehrt seine Kompositionen spielen lassen beziehungsweise Hits aus eigener Feder (unter verschiedenen Pseudonymen) produzieren, um entsprechend mehr Tantiemen zu kassieren. Als Konsequenz wurde beim NWDR eine Quote für Feltz-Schlager eingeführt.

Vierzig Jahre lang war Kurt Feltz einer der erfolgreichsten Schlagertexter und Produzenten in Deutschland und schrieb für Stars wie Caterina Valente, Peter Alexander, Bill Ramsey und Gus Backus. Über 3500 Lieder stammen aus seiner Feder, darunter: „Man müsste noch mal zwanzig sein“ (1953 für Willy Schneider), „Die süßesten Früchte (1953 für Peter Alexander), Ganz Paris träumt von der Liebe (1956 für Caterina Valente), „Musik liegt in der Luft (1957 für Caterina Valente), Kriminaltango (1959 für das Hazy Osterwald Sextett), „Souvenirs“ (1959 für Bill Ramsey), „Heißer Sand“ (1961 für Mina), „Vom Stadtpark die Laternen (1963 für Gitte Haenning und Rex Gildo), „Barcarole in der Nacht“ (1963 für Connie Francis), „Delilah“ und „Der letzte Walzer“ (1968 für Peter Alexander), Rote Rosen (1973 für Freddy Breck) und
„Immer wieder sonntags“ (1973 für Cindy und Bert“.Feltz schrieb auch Drehbücher für Musikfilme mit Peter Alexander, Peter Kraus, Caterina Valente und Hazy Osterwald. Die Erkennungsmelodie für die Fernsehserie „Musik ist Trumpf“ mit Peter Frankenfeld stammte ebenfalls von ihm, und zwar aus dem gleichnamigen Film mit Hazy Osterwald.  Er war auch im Aufsichtsrat der GEMA tätig und engagierte sich in der Versorgungsstiftung der deutschen Textdichter.

ES GEHT ALLES VORÜBER

Seine letzten Lebensjahre verbrachte der Schlagermillionär in Morcote im Tessin –  als Nachbar von Peter Alexander und Catarina Valente. Den Erfolg seines letzten Nummer-Eins-Hits „Adios amor“, gesungen von Andy Borg, der sich 2,5 Millionen Mal verkaufte, konnte er nicht mehr miterleben. Kurt Feltz starb am 2. August 1982 während eines Urlaubs auf Mallorca an einem Herzversagen. Genau an diesem Tag stellte Andy Borg „Adios Amor“ in der ZDF-Hitparade vor. Auf Feltz’s’ Grabstein auf dem Friedhof von Morcote sind die Textzeilen verewigt, die Lale Andersen unsterblich gemacht hatte:  „Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei. Auf jeden Dezember folgt wieder ein Mai“.

 

 

 

Jan Ammann – die Celler Schule schreibt für einen Musicalstar

von Edith Jeske

2012 war es, als ich das Angebot bekam, für den Musicalstar Jan Ammann Songs zu texten. Kaum eine große Rolle, mit der er nicht schon auf der Bühne stand – ob als Krolok im Tanz der Vampire, ob als Ludwig im gleichnamigen Musical oder als Jekyll und Hyde, ob in der Westside Story oder in Rebecca.
2012 wählten die Leser von Musicals ihn zum besten Darsteller des Jahres. Also eine gewaltige Ehre. Und eine Menge Songs.

Andreas Luketa. Jan Ammanns Manager, Produzent und Textschreiber, war zum Glück sofort einverstanden, dass ich die Hälfte der mir angetragenen Titel als Aufgabe an die Celler Schule weitergeben durfte. Eine Leckerbissen für uns, da es hier um Jan Ammanns erstes Album mit individuell für ihn verfassten Texten ging. Wir waren Feuer und Flamme. Jan ammannn Farbenblind

Songtexte steuerten gleich drei verschiedene Jahrgänge der Celler Schule bei: Julia Hagemann (2011), Otto Senn (1998) und Christian Gundlach (2012). Rainer Bielfeldt – feste Größe in der Celler Schule von Anfang an – komponierte etliche Songs, ebenso mein Musical-Kollege Thomas Zaufke, mit dem ich 2013 „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ schreiben durfte (Buch Katrin Lange).

 

Kurz und gut: Die Celler Schule zeigt, was sie kann. Und Jan Ammann zeigt, was er daraus macht. Und er macht es bravourös. Ob melancholisch oder bissig, aufgewühlt oder schwelgerisch – er kann es einfach.
Michael Kunze meint dazu: „Jan Ammann ist ein außergewöhnlicher Künstler und verdient einen weit größeren Bekanntheitsgrad als er im Rahmen seiner Bühnentätigkeit für das Musiktheater gewinnen kann.“

Am 7.2. erschien Ammanns persönliches Album FARBENBLIND. Und jetzt ist er damit auf Tournee. Auf seiner Website http://www.janammann.com sind Orte und Termine zu finden. Und eins ist klar: Es lohnt sich.