Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)
Irgendwann wird jeder 50. Der eine früher, der andere später. Ich halt früher… sagte Roland Neuwirth an seinem 50. Geburtstag. Das war vor zehn Jahren. Jetzt ist er 60, und er feierte am vergangenen Samstag ein Fest, so wie es sich für einen Musiker gehört: mit seinen Fans und zwei sensationellen Konzerten im Wiener Orpheum. Amoi gehts no, meinte er augenzwinkernd. Ich wünsche mir allerdings vollkommen eigennützig, dass es noch viele Mal gehen möge.
Roland Neuwirth ist einer der ganz Großen des neuen Wienerliedes. Komponist, Texter, Sprachvirtuose, Sänger, Kontragitarrist und Bewahrer des Wiener Idioms in Personal-Union. Einer, der laut amtierenden Bürgermeister zum Wiener Weltkulturerbe gehört, und den der Dichter H. C. Artmann Orlando glorioso nannte. Gemeinsam mit seinen Musikern, den Extremschrammeln, hat er Anfang der Achtziger Jahre das Wienerlied vom Heurigenmief befreit und es zwischen Neuer Musik, Rock, Blues und dem traditionellem Gstanzl, zwischen heiterer Schwerelosigkeit, Melancholie und jener Sehnsucht, die der Schrammelinstrumentierung (Kontragitarre, Stimme, Überstimme, Knopfharmonika und zwei Geigen) innewohnt, angesiedelt.
Die Gstanzln aus Neuwirths Feder liebe ich besonders, jene humoristischen Vierzeiler, die alles sein können: rotzfrech und witzig, auch derb und böse, ja sogar absurd und irreal. Zwingende Notwendigkeit ist die Pointe am Schluss. Ein großes Kunststück in der kleinsten Form also. Natürlich machte ich mich sofort ans Reimen, als der Meister himself in Zusammenarbeit mit der Schule der Dichtung vor einigen Jahren zu einem Internet-Workshop zum Gstanzldichten rund um den Wein einlud. Einige von den Vierzeilern, die ich schrieb, gefielen ihm so gut, dass er sie in sein Programm aufnahm und mich obendrein zur Gstanzl-Queen krönte. Und das obwohl der Adel in Österreich schon 1919 abgeschafft wurde!
Wie sagte Roland Neuwirth? Amoi gehts no… Ob ich das als versteckte Aufforderung, wieder mal ein Gstanzl schreiben, interpretieren soll? Ja? Man reiche mir ein Inspirations-Achterl!