Die Illusion des Fortschritts: Feindlers Monatsgedicht – April 2018

 

Von Turid Müller

Michael Feindler packt diesen Monat einen Dauerbrenner der Geschichte an.

Einleitend schreibt er in seinem Newsletter (Link):  „Ob sich – in Anbetracht der Weltlage – die Menschheit wirklich weiterentwickelt, bleibt umstritten.“

Die Illusion des Fortschritts
Wird wieder mal der Vorwurf laut,
sie hätten bloß darauf geschaut,
den Stillstand exzessiv zu pflegen,
beginnen sie sich aufzuregen:
„Ihr seht doch, dass wir uns bewegen!
Wir geh’n voran, wir schreiten fort,
denn Fortschritt ist der schönste Sport –
den treibt man nicht am Abstellgleis!“
Doch wer genauer hinsieht, weiß:
Sie gehen. Aber nur im Kreis.

Bleibt zu hoffen, dass es kein Kreis, sondern eine Spirale ist.

„Der Dornröschenschlaf ist vorbei“ – Simone Altenried freut sich über aktuelle Veröffentlichungen

Von Turid Müller

Sie ist ExCellentin aus dem Jahrgang 2010 und von jeher als Schlagertexterin unterwegs. Jetzt finden drei ihrer Texte auf Album und Single von Monika Martin Beachtung.

Foto: TELAMO

Im Oktober 2017 wurde von Monika Martin die Single Das Gefühl als Vorbote auf ihr kommendes Album als Single veröffentlicht, mit dem sie sich bereits seit 21 Wochen in den Radiocharts in den Top Ten behaupten kann. „Die Musik stammt von meinem Mann Uwe Altenried, Text von mir“, verrät Simone Altenried.

Monika wurde am 27.03. zum zweiten Mal mit dem Smago Award geehrt – diesmal in der extra für sie erdachten Kategorie Der Dornröschenschlaf ist vorbei. Diese Zeile stammt aus der Single Ich tanze – ebenfalls von dem Künstler-Paar Altenried geschrieben. Das Video dazu ging im April online und leitet das neue Album von Monika Martin für immer, welches am 11.05. veröffentlicht wird, ein. „Es gibt kein Lied auf der CD das so heißt, aber der Name sagt viel aus, über die Künstlerin, ihr Tun, ihre Kreativität und den Menschen Monika Martin“, ist bei Telamo über die Künstlerin zu lesen.

Monika ist eigentlich als der „stille Star“ bekannt geworden, hat immer sehr leise Lieder gesungen. Sie hat sich in den letzten fünf Jahren komplett neu erfunden und ist von der Volksmusik im Popschlager gelandet. Ein Spagat, der nur wenigen Interpreten gelingt. Sie wurde mehrfach mit Gold ausgezeichnet“, erzählt die stolze Texterin.

„Mit Mehr als ein Freund (Musik Natascha Arnold & Uwe Altenried) hat sich Monika Martin einen dritten Song aus meiner Feder gepickt. Eine Geschichte die das Leben schrieb. Für diesen sehr persönlichen Song hätte ich mir kein schöneres zu Hause wünschen können“, so die ExCellentin.

„Also singe ich.“ – Christof Stählins Erbe

Von Turid Müller

Am 24. und 25. März traf sich die Christof-Stählin-Gesellschaft im Weyenhof in Wasungen. Die seit 2017 bestehende Vereinigung bemüht sich um das Andenken an den 2015 verstorbenen Christof Stählin.

Vorstand der Christof-Stählin-Gesellschaft

„Wer war Stählin für dich?“ lautet die Frage in die Runde des Liedermacher-Seminars. „Ein Lehrer“, „jemand mit Strahlkraft“, „ein Phantom“. – So unterschiedlich wie die Antworten sind, ergeben sie verschiedene Perspektiven auf ein und das selbe Thema. Das Bild, was dazu an die Tafel gezeichnet wurde, zeigt den so genannten Kaspar Hauser Turm. Ein Symbol, das Stählin in seinen ‚Unterweisungen‘ verwendet hat. Der Dichter, Liedermacher und Kabarettist hat nicht nur ein umfangreiches Werk, sondern auch seine Denk-Ansätze sowie viele begeisterte Schülerinnen.

Zwei davon führen seinen Lehre nun fort: Unter der Leitung von Matthias Binner und Martin Betz fand in der Woche vor Ostern zum wiederholten Male ein so genanntes SAGO-Seminar statt. Alte AnhängerInnen und neue Gesichter treffen sich hier, um in Sinne Stählins Grundlagen des Liedermachens zu durchdringen, einander Feedback zu geben und im Austausch künstlerisch zu reifen.

Dabei gehört es zum Konzept, dass alte Hasen, die Stählin noch kannten, neu Dazugestoßenen begegnen. Darum gab es auch ein Abschlusskonzert am Ende der Versammlung der Stählin-Gesellschaft, die direkt vorher tagte. Geladen waren die Teilnehmenden der anschließenden Fortbildung. Dargeboten wurden Lieder, Gedichte und Übersetzungen aus der Feder Stählins, sowie von ihm und seiner Lehre Inspiriertes.

SAGO heißt die Schule, die um den Altmeister herum entstand. Wer jetzt an ein fast vergessenes Getreide-artiges Produkt von Anno Knips denkt, denkt richtig: Der Name leitet sich von genau diesem Kolonialwaren-Produkt ab, für das es einst in vielen Küchenschränken eine eigene Schublade gab. Nachdem es aus der Mode kam sammelten sich hier lauter Dinge, die nirgends hin gehören: Gummibänder, Kleinstteile, Schrauben… Alles, was sonst in keine Schublade passt. So ist es auch in der gleichnamigen Liedermacher-Akademie, die man nach einem Gedicht von Stählin auch als ‚Versammlung der Inseln‘ beschreiben könnte: Lauter Individuen unterschiedlichster Genres finden sich hier zusammen. Namhafte KünstlerInnen wie Bodo Wartke, Sebastian Krämer und Dota Kehr sind schon aus der Talentschmiede hervorgegangen. Das soll auch weiterhin so bleiben.

Um das veröffentlichte wie das unveröffentlichte Werk des großen Liedermachers zu pflegen und verwalten, gründeten Stählins Familie, Freundeskreis, seine Kolleginnen und Kollegen die Stählin-Gesellschaft. Ziele der Vereinigung sind die Schaffung eines Back-Kataloges, die Archivierung des Nachlasses sowie jährliche Gedenk-Konzerte:

Durch nachträgliche Digitalisierung sollen nach und nach alle Tonträger des Künstlers zugänglich gemacht werden – auch die auf Vinyl erschienenen und die vergriffenen. Als Kanäle seien der Shop auf der Homepage, sowie die üblichen online-Plattformen angedacht. Bisher sei ein Album unentgeltlich erhältlich.

Über den zu Lebzeiten veröffentlichten Bücher- und Schallplatten-Schatz hinaus sind weitere Veröffentlichungen geplant. Es ginge darum, den Schatz zu heben und ihn für die Nachwelt zugänglich zu machen, so Vereinsmitglied Matthias Binner und Vorstandsmitglied Philipp Taubert. Auch sei beabsichtigt, die Didaktik am Leben zu halten – zum Beispiel in Form eines SAGO-Lehrbuches.

Jährlich stattfindende Konzerte zum Gedenken an Stählins künstlerisches Werk werden von wechselnden SAGOnautInnen ausgetragen. Dieses Jahr findet das Memorial-Konzert am 21.06. in der Villa Eugenia in Hechingen statt.

Christoph Stählin

Neue Mitglieder sind in der Christof-Stählin-Gesellschaft herzlich willkommen – ganz gleich ob Fans, Schülerinnen oder Neu-Einsteigende.

 

Auch ohne meine Lieder ginge die Welt nicht zugrunde.
Schön, aber ich möchte darauf hinweisen, daß die

Welt ausschließlich aus Dingen besteht, ohne die sie nicht zugrunde gehen würde.
Man kann doch nun die Welt nicht einfach so ihrer Bestandteile berauben!
Also singe ich.

(Christoph Stählin)

„Ein kleiner Traum, den man sich erfüllt.“ – Kirchberg erstmals in der Elphi!

Von Turid Müller
Sein Becher-Album „Einmal frei. Und einmal glücklich sein.“ wurde kürzlich mit dem Vierteljahrespreis der deutschen Schallplattenkritik geehrt. Nun spielt er das Programm wieder. Und zwar in der Elbphilharmonie! Ein guter Zeitpunkt für ein Interview…

„Es ist so etwas, woran man mal denkt… und dann träumt man…“ sagt Johannes Kirchberg  auf die Frage, wie sich das Konzert im neuen Hamburger Konzerthaus ergeben hat: Die CD war gepresst und es gab wenig Möglichkeiten aufzutreten – ein Streichquartett und ein kantiges Thema wie der Texter der Nationalhymne der DDR – dafür kann sich nicht jeder Veranstalter begeistern. „Spiel doch in der Elphi!“ hat eine Freundin spontan vorgeschlagen. – Ein Traum war geboren. Und der Musikkabarettist freut sich nun, dass die Bewerbung bei der namhaften Konzerthalle geklappt hat. Tatsächlich waren Becher und das Streichquartett der Türöffner für dieses Haus, das sich für Kabarett weniger erwärmen kann. „Die Besetzung gibt das her; das passt in den Rahmen.“

Fotograf: Stephan KnauerDie Veranstaltung findet anlässlich des 60. Todestages von Johannes R. Becher statt. Am 22.09.2018 um 19:30 Uhr steht Kirchberg zusammen mit dem Canea Quartett auf der Bühne im Kleinen Saal.

Die Vertonungen von Bechers Texten sind nicht sein erstes Projekt dieser Art. Seit vielen Jahren bemüht er sich um den Erhalt des Werkes von Schriftstellern – darunter Kästner und Borchert. „Dass das nun durch solch einen Spielort die entsprechende Wertschätzung erfährt, ist toll!“, sagt der Musiker zufrieden. – Aber lustig sei es schon, Ausschnitte der Nationalhymne der ehemaligen DDR in diesen heiligen Hallen zu spielen. Auf der CD ist sie bewusst nicht mit drauf. Aber live wird sie ausschnittsweise gespielt und thematisiert. Zunächst hatte er durchaus Bedenken: „Man will ja nicht die falschen Leute hinterm Ofen hervorlocken…!“ Aber diese Befürchtung hat sie nie bewahrheitet. Die Reaktion der Menschen ist oft: ‚Ach, die ist aber schön!‘ Und in der Tat, so Kirchberg, hat diese Hymne den besseren Text. Es habe sogar nach der Wende Bestrebungen gegeben, diese Zeilen mit der Musik von Haydn zur neuen Nationalhymne zu machen. Aber Kohl habe diktiert, dass es bei der alten bleibt und dass lediglich die 3. Strophe gesungen wird.

„Heimat und Frieden“, darum geht es eigentlich in dem Programm, hat Kirchberg hinterher festgestellt. – Also durchaus aktuell! Der Heimatbegriff wurde – und wird ja gerade wieder – missbraucht. „Ich kann mir doch als Linker das Wort nicht wegnehmen lassen!“, findet er. Und so hat er sich an diese Inhalte ran getraut. Es drehe „sich um Heimat, um das Ringen um Demokratie und den unbedingten Willen nach Frieden.“ Und das „ohne dabei die höchst streitbare Persönlichkeit Bechers zu ignorieren“, heißt es treffend auf der Homepage der ebenfalls umstrittenen Hamburger Kult-Location.
Das Besondere an dem Abend sind die Arrangements, sagt der Pianist. Ob man das nochmal so hinkriegt, sei unklar, weil man Leute braucht, die für so eine Aktion Feuer und Flamme sind. Es sei eben wirklich ein Herzensprojekt. Interessant auch, dass diese literarischen Vorlagen nie abgespielt sind. Sie haben keinen Zeit-Bezug und verlieren nie an Bedeutung.
Was als Nächstes kommt, weiß er noch nicht. Klavierkabarett – das sei wohl naheliegend. In Zusammenarbeit im Tom Reichel entsteht gerade ein neues Kabarett: AUSSTEIGERPROGRAMModer: was tut man nicht alles nicht.
Auf die Frage, ob er noch etwas sagen wolle, entgegnet er schlicht: „Es gibt noch Karten!“
Also: Hin da!

 

 

 

 

 

 

 

 

Blog-Buster. Neue Redakteurin stellt sich vor

Seit einigen Monaten steht über den Blogbeiträgen des Öfteren ein neuer Name: Turid Müller. Das bin ich. 

Seit Herbst letzten Jahres bin ich im Team und habe die Freude, für Euch über Neuigkeiten aus dem Musikbusiness und dem Umfeld der Celler Schule zu berichten. Höchste Zeit, hallo zu sagen!

Moin moin aus Hamburg! Ich bin ExCellentin des Jahrgangs 2016. Direkt nach diesen (Schlaf-ärmsten wie Inspirations-reichsten Wochen meines bisherigen Lebens) bin ich mit meiner ersten eigenen Show durchgestartet: Die Teilzeitrebellin heißt das Musikkabarett- und Chanson-Programm, das ich zusammen mit meinem Pianisten Stephan Sieveking und gut gepampert von NestWerk wie Musenmuddi aus der Taufe gehoben habe.

Fotograf: Torge Niemann

Was ich singe? PolitChansons und SeelenBalsam – von satirisch bis sensibel ist alles dabei. Dabei geht’s durch viele verschiedene Genres von Pop bis zum klassischen Chanson. Zwischendurch plaudere ich aus dem Nähkästchen meiner Erfahrungen als Psychologin, die mir einen sehr speziellen Blick auf die Welt ermöglichen…

Die Celler Schule war der Startschuss, der mir lange gefehlt hatte. Und ich freue mich unbändig, jetzt meiner Berufung zu folgen und weiter mit diesem einzigartigen Netzwerk verwoben zu sein – auch durch diesen Blog. Eure Erlebnisse und Erfolge schreibend begleiten zu können, macht mir wahnsinnig viel Spaß. Und ich bin gespannt, welche Geschichten noch auf uns warten!

Wenn es etwas gibt, das Ihr für erzählenswert haltet, meldet Euch gern jederzeit bei mir! Ganz gleich, ob es dabei um Euch und Eure Projekte geht oder um etwas anderes – lasst es uns wissen!

Ich freue mich, Euch kennen zu lernen, und lade Euch hiermit ganz herzlich ein, mal vorbeizuschauen. Unter den nächsten Gelegenheiten sind zum Beispiel diese:

  • 16.03. Stollwerck Köln
  • 08.04. Sprechwerk Hamburg
  • 12.04. Das Kult Braunschweig
  • 13.04. Schauspielhaus Bergneustadt
  • 18.05. Theater O-Tonart Berlin

Also dann…

Bis ganz bald hoffentlich. – Auf einen Plausch im Foyer, in Eurer Mail an mich oder hier im Blog beim nächsten Artikel.

Turid

 

 

Musik verbindet! – Der Unterwegs.Chor hilft gegen Heimweh und beim Zusammenwachsen

Von Turid Müller

 

Manuela Hörr, Celler Schule 2001, hat zusammen mit ihrem Kollegen und Partner Mark Roberts den UChor ins Leben gerufen. Das Bündnis für Demokratie und Toleranz hat das Projekt jüngst ausgezeichnet. – Hoch verdient!

 

Fotograf: Clemens Heidrich

Die ExCellentin kennt sich aus mit Multikulturalität. – Sie lebt in einer zweisprachigen Familie, die gleichzeitig ein Zwei-Personen-Theaterunternehmen ist: Das Theater R.A.M.: Manuela Hörr (Schauspielerin, Sängerin, Komponistin, Texterin & Kulturpädagogin) und Mark Roberts (Musiker & Sänger).
Mit ihrer Musik und ihren Theaterstücken für Kinder und Jugendliche touren sie durch ganz Deutschland und haben in ihrem BaseCamp Hildesheim auch für große Kinder viele Initiativen ins Leben gerufen, die schon beim Lesen schwer neugierig machen – wie zum Beispiel der „Hildesheimer Beschwerdechor“.

Seit einer Weile gibt es eine neue Perle in dieser spannenden Reihe: Den Unterwegs.Chor. Hier wird zusammen gesungen, geschauspielert und gekocht. Und das in vielen vielen Sprachen. Alle lernen voneinander. Jeder ist Expertin – für das eigene Land.

Der Unterwegs.Chor Hildesheim besteht aus Menschen, die unterwegs sind. Angekommene Zugewanderte und bewegliche Einheimische schlendern gemeinsam durch ihre unterschiedliche Musik und Kultur. Gleichzeitig wandert das Publikum durch die Hildesheimer Landschaft. Die Natur gehört allen, die Musik auch. Wir machen gemeinsam Musik und lernen einfache Lieder aus verschiedenen Ländern voneinander singen.

Unser Projekt bietet Menschen die Möglichkeit, sich durch gemeinsames Tun kennenzulernen, ohne dass Sprache ein Hinderungsgrund wäre. Wir singen Lieder aus unserer jeweiligen kulturellen Heimat, wir summen oder lautmalen. Auch Bodypercussion ist als universelle Sprache bestens geeignet.
Beim Unterwegs.Chor treffen sich alle mit den gleichen Voraussetzungen als Weltbürger, als Menschen mit Offenheit und Neugier.“

Fotograf: Clemens Heidrich

Was unsere Gesellschaft gerade dringend braucht, wird hier geschafft: Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen begegnen sich, tauschen sich aus und wachsen zusammen. Und so verwundert es nicht, dass von den 381 Institutionen, die sich 2017 beworben hatten, auch der UChor gewürdigt worden ist. Als „Vorbildlich“ sieht die Jury das Wirken des Chores. Mit der Auszeichnung verbunden sind Preisgeld, Medienpräsenz sowie eine feierliche Preisverleihung.

Wer Lust bekommen hat, rein zu schnuppern, kann HIER eine Dokumentation über das Ensemble und über seine Performance „Club Homesick“ bewundern. Es locken aber auch live-Konzerte, zum Beispiel eine Sing-, Spiel- und Backperformance am 21. und 22. April im Riedelsaal. Mehr Informationen zu den Shows sowie Tickets gibt’s online.

Viel Spaß!

Günther Schwenn im Porträt

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Der Fasching war kurz, der diesjährige Rosenmontagkater ist längst verflogen. Wer aber glaubt, Komasaufen wäre ein Phänomen unserer Tage, der irrt. In den 1960er Jahren sang man: Schnaps, das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort… Günther Schwenn hatte zur Musik von Heino Gaze den Text für dieses Karnevalslied geschrieben, das Willy Millowitsch berühmt machen sollte, und sich dadurch heftige Kritik von zwei protestantischen Kirchenmännern aus Frankfurt eingehandelt. Dass Schwenn allerdings weit mehr auf dem Kasten hatte als simple Schunkellieder, zeigt dieses Porträt.

SCHÖN IST JEDER TAG…MARIE LUISE

Günther Schwenn wurde am 18. März 1903 als Adolf Hermann Carl Günther Franzke als Sohn des Kaffeegroßhändlers Eduard Franzke und dessen Frau Louise in Berlin geboren. Günther wurde sein Rufname. Später nahm er den Mädchennamen seiner Mutter als Pseudonym an. Nach dem Abitur am Humboldt-Gymnasium, das er schon 17 Jahren ablegte, studierte er Literatur-und Kunstgeschichte in Freiburg. Nach der Rückkehr nach Berlin begann seine Karriere als Kabarettist, wo Franzke/Schwenn im Küka, dem Künstlerkaffee, arbeitete – nach eigener Aussage als Direktor, Klavierspieler, Texter und Rausschmeißer in Personalunion. Seine Mitstreiter waren Erich Kästner, Werner Finck und Max Kolpe, der für eine Gage von 5 Mark seine ersten Gedichte aufsagte. Als das Küka geschlossen wurde, trat er in dem politischen Kabarett Die Wespen auf und veröffentlichte Chansontexte und Gedichte in dem Buch Gesänge gegen bar.

Nach der Machtergreifung Hitlers verschwand der Kabarettist Günther Franzke von der Bildfläche. Als Günther Schwenn kehrte er wieder, verschrieb sich von nun an der leichten Muse, wurde Schlagertexter und landete mit dem Lied Schön ist jeder Tag, den du mir schenkst, Marie Luise in dem Film Die Sonne geht auf, seinen ersten Erfolg. Dieses Lied, das Will Meisel komponierte, fand auch später Eingang in die Operette Königin der Nacht.

FÜR EINE NACHT VOLLER SELIGKEIT

Ope-rette sich, wer kann! so lautete Schwenns Devise, als er Haus- und Hoftexter des Metropoltheaters in Berlin wurde. Heinz Hentschke war dort nicht nur Direktor, sondern auch Librettist, „der letzte König und der erste Manager der Operette“, so ZEIT online. Zehn Jahre lang verfassten die beiden mit Komponisten wie Fred Raymond, Ludwig Schmidseder, Friedrich Schröder und Theo Mackeben alljährlich ein musikalisches Bühnenwerk, getreu dem Motto: Je schwerer die Zeiten, desto leichter die Unterhaltung. Die erfolgreichste Operette wurde Maske in blau (Komponist: Fred Raymond). Noch heute steht sie auf den Spielplan deutschsprachiger Musiktheater, noch heute hat man das Lied Die Julischka, die Julischka aus Buda-Buda-Budapest im Ohr.

Auch der Musikfilm kam an dem vielseitigen Texter nicht vorbei. Dank Schwenn sang sich  Marika Rökk mit viel ungarischem Temperament und ebensolchem Akzent in dem Film Kora Terry in die Herzen der deutschen Kinobesucher. Ihr Lied Für eine Nacht voller Seligkeit ist bis heute unvergessen. Die Melodie stammte von Peter Kreuder. Die meisten Filme sind in Vergessenheit geraten. Nur Witwer mit 5 Töchtern mit Heinz Erhardt in der Hauptrolle taucht Lochness-artig im Samstagsnachmittagsprogramm des Österreichi-schen Fernsehens auf.

Schwenns kreativer Output war schier unerschöpflich: Er verfasste die Liedtexte für 60 Bühnenwerke, 100 Musikfilme und über 1000 Einzeltitel, darunter: Wenn die Sonne über den Dächern versinkt (Pola Negri, Greta Keller und Hildegard Knef), Ach, Egon, ich hab ja nur aus Liebe zu dir… (Evelyn Künneke), Wenn die Glocken hell erklingen, eine Übersetzung von Les trois cloches (Fred Bertelmann, Gerhard Wendland, Lys Assia und Margot Eskens), Es kommt auf die Sekunde an (Johannes Heesters) und Durst ist schlimmer als Heimweh (Friedel Hensch). Bei seinem Auftritt im Wintergarten in Berlin wurde der Clown Charlie Rivel mit dem Lied Akrobat schö-ö-ön! überrascht, das Schwenn gemeinsam mit Fred Raymond schuf.

HEIMWEH NACH DEM KURFÜRSTENDAMM

Nach Ende des Krieges konnte Günther Schwenn seine Arbeit als Textdichter, Librettist und Autor nahtlos fortsetzen. Er engagierte sich ehrenamtlich in den Berufsverbänden, gehörte zu den Mitbegründern der GEMA-Stiftung und folgte Kurt Schwabach als Präsident des Deutschen Textdichteverbandes. In Anerkennung seiner Verdienste um die deutsche Unterhaltungsmusik wurde ihm 1979 als erstem Textdichter der Paul-Lincke-Ring verliehen, er wurde 1982 Ehrenmitglied der GEMA und erhielt 1983 die Goldene Feder des DTV.

Günther Schwenn starb am 4. Januar 1991 in Montreux am Generelle. Er wurde auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf beigesetzt. Schwenn lebte seit 1959 in der Schweiz, blieb aber im Grund seines Herzens ein Berliner. Ist ja auch nicht verwunderlich bei einem, der seiner Heimatstadt eine unnachahmliche Liebeserklärung geschenkt hat: Ich hab’ so Heimweh nach dem Kurfürstendamm, ich hab’ so Sehnsucht nach meinem Berlin… Die 3 Travellers nahmen 1950 das Lied auf Platte auf, das durch die Interpretation von Marlene Dietrich und Hildegard Knef berühmt gemacht wurde. Für Bobby Kamp, den Komponisten der Berliner Hymne, blieb es allerdings ein One-Hit-Wonder.

Der während des Krieges nach London emigrierte Journalist und Kritiker Paul Erich Markus, der seine Artikel mit Kürzel PEM signierte, sprang auf den Zug auf und verwendete den Titel für seine Erinnerungen an das Berlin der Zwanziger Jahre. Das 1951 erschienene Buch wurde ein Bestseller.

 

 

 

 

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Ein Wort für mehr Respekt unter Kollegen

Aufgrund einiger Diskussionen der letzten Tage breche ich an dieser Stelle eine Lanze – für mehr Transparenz, Fairness und Respekt in der Zusammenarbeit, auf die wir alle angewiesen sind und die uns so sehr erfüllt und beglückt, wenn sie gut läuft. Vertrauen und Transparenz gehören zusammen wie Geschwister. Zu meinen Komponisten – es sind nicht ganz wenige – habe ich volles Vertrauen. Welches im Lauf der Jahre oft noch gewachsen ist und mehr als einmal Freundschaften hervorgebracht hat.

Wenn ich mich als Textdichterin auf eine neue Zusammenarbeit einlassen soll, mache ich mich erst mal schlau und werfe die Suchmaschine an. Das sollten unsere Partner mit uns auch tun, wenn wir ihnen (noch) kein Begriff sind.

Bewahrt euch eine positive Grundhaltung. Manches, was nach schwarzem Schaf aussieht, kann sich als Traumpartner entpuppen. Bitte setzt also nicht gleich unlautere Absichten voraus, wenn Unwissenheit als Erklärung ausreichen kann. Jeder fängt klein an, sonst würde ja nichts nachwachsen können. Findet heraus, was sich im Netz herausfinden lässt und schaut nicht nur auf die Website eures potenziellen Partners. Ihr könnt auch Kolleginnen und Kollegen fragen, die mit den Betreffenden bereits gearbeitet haben. Dann könnt ihr höchstwahrscheinlich schon einordnen, auf welchem Level euer Partner unterwegs ist und wie er sich selbst ein- (oder über-)schätzt. Einsteiger werden vorwiegend mit Komponisten arbeiten, die den Olymp ebenfalls noch nicht erklommen haben. Das ist in Ordnung und kann gute Chancen eröffnen, wenn beide Partner achtsam sind. Es gibt aber Blender. Versucht, nicht auf sie hereinzufallen. Und blendet auch selbst nicht!

  • Wird die Anfrage gestreut? Werden mehrere oder viele an die selbe Aufgabe gesetzt? Man kann sich darauf einlassen oder nicht. Bei hochrangigen Interpreten wird es eventuell sogar von euch erwartet. Immerhin gibt es da auch was zu gewinnen. Wenn neue Teams zusammengestellt werden, ist dieses Verfahren ebenfalls häufig. Als Dauerzustand rate ich davon ab, sich gegen die Kollegen ausspielen zu lassen.
  • Was geschieht mit eurem Songtext, wenn er nicht das Rennen macht? Wird er neu vertont? Kommt er zu euch zurück? Relativ häufig werdet ihr nichts mehr hören. Ich handhabe es so, dass ich beim Komponisten erst dann rückfrage, wenn jemand anders sich für den Text interessiert. Wenn der dann noch unvertont ist, werdet ihr ihn in den meisten Fällen einfach zurückholen können.
    Achtung: Geht euren Partnern bitte nicht schon nach zwei Wochen mit Nachhaken auf den Wecker und auch nicht alle zwei Wochen erneut. Wer an einem einzelnen Text klebt, wirkt wie jemand, der es nötig hat. Auch ich habe mir damit als Anfängerin einiges versemmelt.
  • Wie geht es mit dem Song weiter, wenn unser Text ausgewählt wird? Zumeist sind es eher die Komponisten, die ein Demo herumschicken und die besseren Kontakte haben.
    Die Standardverteilung für die GEMA beträgt bei unverlegten Songs 8 Zwölftel für die Musik und 4 Zwölftel für den Text. Das finde ich persönlich akzeptabel, wenn der Komponist den Song unterbringt. Obwohl das eigentlich eine Verlagsaufgabe wäre. Aber das ist eine andere endlose Geschichte, an der die Komponisten keine Schuld haben und über die zu Recht gestritten wird.
    Seit 1996 haben wir die Möglichkeit, Text und Musik im Aufführungs- und Senderecht gleichzustellen. Wenn mein Text bereits genommen wurde und der Komponist kommt nachträglich dazu, dann erwarte ich Gleichstellung.
    Für diese Gleichstellung trete ich natürlich nach wie vor ein und kämpfe dafür. Denn erst dann sind Komponisten und Textdichter über die Ateilsvereinbarung auf Augenhöhe und können ihre Argumente austauschen. Ich glaube fest daran, dass die Komponisten auf faire Textdichter treffen werden.
  • Wie werden Änderungswünsche gehandhabt?
    Liebe Textdichter/innen: gebt euch nicht zu spröde und hört euren Komonist/innen aufmerksam zu: falsche Betonungen, schwer singbare Sprache, falsche Bezüge, unklare Inhalte – lasst euch auf Änderungswünsche ein. Aber gebt euch nicht damit zufrieden, wenn eure Partner nur sagen, was sie nicht wollen und euch eine Änderung nach der anderen abverlangen. Fordert konkrete Ansagen ein.
    Liebe Komponist/innen: Begegnet euren Textdichern mit Respekt. Versucht bitte nicht, euch über Eingriffe im Text selbst zu verwirklichen. Das letzte Wort zur Musik gehört euch, das zum Text den Textdichtern. Besprecht unbedingt vorher, wie weit Kompromisse gehen sollen. Wenn ihr euch da nicht einigen könnt, stimmt wahrscheinlich die Chemie nicht so, wie sie sollte. Dann muss man sich auch trennen können.
  • Manche Interpreten beanspruchen Anteile an Text oder Musik, auch wenn sie nichts dazu beigetragen haben. Andernfalls lehnen sie den Song ab. Das finde ich persönlich unseriös und arbeite mit solchen Interpreten nicht. Entscheiden muss das jeder selbst.

Ihr Lieben: seid freundlich, offen und klar, beschränkt euch aufs Wesentliche, klärt das Wichtige, lasst Augenmaß walten und bleibt wach. Das legt euch eine ältere Kollegin ans Herz, die in fast 40 Jahren einige schlechte Erfahrungen gemacht hat, aber: sehr viel mehr gute. Wenn jemand pampig wird, nur weil ihr nachfragt – und euch droht, euch dann eben auszusortieren – lasst ihn ziehen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit bleibt euch mehr erspart als euch entgeht.
Komponisten und Textdichter sind nicht Feinde von Natur aus, sondern wir sind Partner, die etwas schaffen, was einem Publikum Freude machen soll. Und was uns selbst Freude macht. Ihr wisst, wie sehr.
Gebt und erwartet Respekt.
Ich wünsche euch viel Glück.
Eure Edith Jeske.

Die Sommerpause ist zu Ende!

Auch bei uns ist die Sommerpause jetzt zu Ende.
Die Seminarseite hat ein Lifting bekommen, unser Webmaster Jan Weskott hat die Seite nun auch smartphone-kompatibel gemacht. Der Herbst kann kommen.
Für einige Workshops gibt es noch freie Plätze. Und:
für 2016 ist in Berlin ein Workshop über Musicalsongs geplant – vorausgesetzt, es finden sich genügend Menschen, die teilnehmen möchten. Man darf gespannt sein.

zu den Workshops 2015 und 2016

 

Christoph Sauer präsentiert seine FRAUENGESCHICHTEN am 26.9 in Berlin

Es ist soweit: Christoph Sauer (Celler Schule 2007) lädt ein – zu seiner CD-Präsentation FRAUENGESCHICHTEN.

Wie wird aus einer Idee Wirklichkeit? Es liegt etwas Neues in der Luft…
Christoph Sauer beschritt für sein CD-Projekt neue Wege mit Hilfe einer so genannten Schwarmfinanzierung. Er nennt es sein CD-Crowdfunding-Projekt. Sein Erfolg ist für ihn ein Grund zum Feiern – und zugleich Gelegenheit, noch einmal allen unterstützenden Menschen ein großes DANKE zu sagen!

Im Rahmen eines Kurzkonzerts wird er einige „Frauengeschichten“ aus dem Album live vortragen – und natürlich kann man das Album dann auch schon kaufen. Am Tag drauf, den 27.09. 2013 wird es auch im Handel erhältlich sein.
Christoph Sauer freut sich auf viele Begegnungen und Gespräche.

Foto: Felix Rachor

Also nichts wie hin!
26.09. 2013 | 21.30 Uhr (Einlass: 20.00 Uhr)
Eintritt frei | Exklusiver Cocktail von „Borgmann 1772“
Veranstaltungsort: REINGOLD-Bar, Novalisstraße 11, 10115 Berlin
Christoph Sauer, „Frauengeschichten“, Seña Music, 1 CD, 15,00 Euro

 

 

Musical-Schreibworkshop in Berlin am 27. und 28. Oktober

 

Wolfgang Adenberg, der renommierte Kölner Musicalautor (u. a. Cyrano de Bergarac, Swing Sisters, Emil und die Detektive) Liedtexter und Übersetzer (u. a. Titanic, Starlight Express, We will rock you, 42nd Street) hält am 27. und 28. Oktober im ARSforum Autorenschule Berlin einen Musical-Schreibworkshop ab.

Wolfgang Adenberg ist obendrein unser aller Kollege. Er absolvierte die Celler Schule 1996 (1. Jahrgang).

Mehr zum Workshop findet Ihr hier

 

Unkomplizierte Auftrittsmöglichkeiten für Musiker in diesem Sommer (Essen)

Liebe Aktive in Musik-Projekten,

wir vom UpH (Unperfekthaus) schaffen zusammen mit unseren Partnern wieder viele Möglichkeiten für euch aufzutreten.

1) Bei Essen-Original am ersten September-Wochenende (31. 8. – 2. 9)
Alle Infos hier
Wichtig: Die Anmeldung läuft komplett über die EMG (S. in der Info)

2) Beim Artwalk in der Essener City-Nord eine Woche später (7. – 9. 9.) gibt es die Möglichkeit bei Essen Unpluged mitzumachen. Straßenmusiker (und auch Musiker/Bands, die keine große Technik brauchen) werden in der Speakers Corner auftreten (bei schlechtem Wetter im 222).

 

Musiker vor dem UPH
Foto: UPH

Kontakt: Dirk Bussler <dirk.bussler@googlemail.com>.

Meldet euch bitte bei Dirk, wenn ihr Lust habt, da mit zu machen. Beim Fragen zum restlichen Art-Walk-Programm am UpH schreibt bitte mir eine E-Mail. Wer eine Aktion an einem der Markstände vor dme UpH machen möchte, findet frei Plätze hier (Terminwünsche bitte an info@unperfekthaus.de).

Euch ein inspirierendes Wochenende und keine Patzer beim Musizieren

Norbert Paul