Zur Erinnerung an Fritz Löhner-Beda

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Die Beatles haben es mir verziehen: Schon in jungen Jahren schwärmte ich für Lieder der Zwanziger- und Dreißiger Jahre. „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans?“ zum Beispiel oder „Ausgerechnet Bananen“ oder „In der Bar zum Krokodil.“ Mir gefielen die witzigen Texte, die feine Ironie, die charmanten Zweideutigkeiten und die perfekten Reime. Und ich war hocherfreut, als diese Lieder, die seinerzeit von den Comedian Harmonists berühmt gemacht wurden, in den 1990ern ein Revival erlebten. Dies ist nicht zuletzt Max Raabe und seinem Palastorchester zu verdanken.Dass diese Texte von Fritz Löhner-Beda geschrieben worden waren, sollte ich erst viele Jahre später erfahren. Der Name war in Vergessenheit geraten. Hitler hatte ihn gleichsam ausradiert. Dabei war Löhner-Beda einer der gefragtesten Textdichter seiner Zeit. Heute, am 24. Juni, jährt sich sein Geburtstag zum 130. Mal. Die beste Gelegenheit, einen Blick auf sein bewegtes Leben zu werfen.

Fritz Löhner-Beda wurde 1883 in Böhmen geboren und entstammte einer jüdischen Großbürgersfamilie, die kurz darauf nach Wien zog. Beda ist die tschechische Form von Fritz, ein Name, den er schon als Gymnasiast gern als Pseudonym für seine Gedichte und Satiren verwendete. Er studierte in Wien Rechtswissenschaft, über aber nie den Beruf eines Juristen aus.  Sein Herz hing an der Literatur und an der leichten Muse. Er schrieb für berühmte Kabaretts in Wien und Berlin und war in den 1920er und  1930er Jahren  eine der schillerndsten Figuren der Unterhaltungsszene. Die Begegnung mit dem Operettenkomponisten Franz Lehár katapultierte ihn in die erste Reihe der Librettisten. Mit „Land des Lächeln“ und  „Guiditta“ schuf er mit Lehár mit dem Co-Autor Ludwig Herzer, der für die Dialoge zuständig war, zwei Welterfolge und schrieb dem Startenor Richard Tauber die Arien auf den Leib oder besser gesagt die Stimmbänder. „Dein ist mein ganzes Herz…“ Wer gerät da nicht ins Schmelzen!

Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus rieten ihm Freunde zur Emigration, aber Löhner-Beda, der sich kein Blatt vor den Mund nahm, wiegte sich in Sicherheit. Schließlich genoss Lehàr das Wohlwollen des Führers. Ein grausamer Irrtum: Schon einen Tag nach dem so genannten Anschluss von Österreich würde Löhner-Beda verhaftet und mit dem 1. Prominenten-Transport in das KZ Buchenwald deportiert. Dort schrieb er  – unter falschem Namen – gemeinsam mit dem Wiener Komponisten Hermann Leopoldi das Buchenwaldlied. So wurde zu einer Zeit, in der die deutsche Musik „entjudet“ (Was für ein hässliches Wort!) wurde, das Lied zweier Wiener Juden zur KZ-Lagerhymne, die täglich von den Tausenden von Gefangenen auf dem Appellplatz gesungen werden musste. Fritz Löhner-Beda hoffte bis zuletzt auf die Fürsprache von Franz Lehàr. Leider vergeblich. Er starb mach viereinhalbjähriger Gefangenschaft  am 4. Dezember 1942 in Auschwitz.

„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, steht im Talmud. Um gegen das Vergessen von Fritz Löhner-Beda  anzukämpfen, findet am 26. Juni – quasi als verspätetes Geburtstagsgeschenk –  in der Reihe Literatur im Café Mozart in Salzburg eine Hommage an den großen Textdichter unter dem Titel „In der Bar zum Krokodil“ statt. Das Acapella-Ensemble Auftakt (Lieder) und der Schauspieler Alfred Pfeifer (Texte) lassen einem Abend lang das Werk des weltberühmten Unbekannten wieder aufleben.

 

 

Geschmack im Frack

Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Sieben Jahre ist nun schon wieder her, dass ich die Schulbank in Celle drückte. Am letzten Vormittag  – der Abschiedsschmerz hatte sich schon im Knopfloch eingenistet – ermunterte uns Edith Jeske, die uns als Musen-Muddi gemeinsam mit Tobias Reitz durch zwei spannende Wochen begleitet hatte, aufzuschreiben, wo wir uns in zehn Jahren sehen würden. Zehn Jahre! Was für ein langer Zeitraum! Ich weiß nicht mehr ganz genau, welche verwegenen Träume ich damals zu Papier gebracht habe. Ein Bild allerdings ist mir im Kopf geblieben: Ein Plakat auf einer Litfasssäule, darauf ein Gesangstrio im Frack, das meine Lieder singt.

Das mag wohl daran gelegen sein, dass ein Jahr zuvor die ersten Liedtexte von mir öffentlich aufgeführt wurden, und zwar Parodien, die ich auf Lieder aus den Zwanziger Jahren geschrieben hatte. Anlass war ein Jubiläum im Schauspielhaus Salzburg, das der dortige Freundes- und Förderverein veranstaltete. Drei Schauspielschüler, Hansi Anzenberger, Thomas Pfertner-Enzi und Michael Rutz, schlüpften für diesen Abend  in den Frack, griffen zum Mikro und sangen nach Art der Comedian Harmonists: „Ein Freund, ein guter Freund…“ Eine aufgelegte Sache, wenn Freunde feiern. Das Ergebnis: Viel Applaus und die Idee, in diesem Stil weiterzumachen. Dass es bei diesem einen Auftritt blieb, lag daran, dass es die drei jungen Schauspieler nach der Abschlussprüfung in verschiedene Winde blies.

Zwei Jahre später  lernte ich durch Georg Clementi (genau, der Troubadour 2012!) die Kaktusblüten kennen, drei musikalisch vielseitige Entertainer aus Graz. Ich mache es kurz:  Das Bühnen-Outfit von Christa Schreiner, Robert Persché und Martin Plass  ist  – Sie wissen es schon längst –  ein Frack. Morgen Abend treten die Kaktusblüten bei den Halleiner Festwochen auf – Texte von Claudia Karner.

Manchmal gehen Träume tatsächlich in Erfüllung…

 

Wer wird Troubadour 2013?

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Ein nostalgisches Mikrofon, um dessen Ständer sich eine Rose windet – so sieht die Trophäe aus, die der Gewinner des Chanson- und Liederwettbewerbs Der Troubadour nebst einem Preisgeld von 5000 Euro und einem Auftritt im Renitenztheater in Stuttgart erhält. Hergestellt wurde die Bronzestatuette, die der Künstler M. Donato Diez entworfen hat, wie ihre sieben Vor-gängerinnen, von der Kunstgießerei Strassacker in Süßen. Der Troubadour 2012 steht in Salzburg, genau genommen auf dem Kaminsims im Wohnzimmer von Georg Clementi. Der Troubadour 2013 wartet noch auf seinen Besitzer. Die Bewerbungsfrist für den diesjährigen Wettbewerb läuft bis 15. Juli.

Initiator des renommierten Sängerwettstreits, der heuer bereits zum neunten Mal stattfindet, ist das Hotel Le Meridien in Stuttgart unter Leitung von Bernd Schäfer-Surén. Er hat es sich gemeinsam mit Chanson-Altmeister Stephan Sulke, der als Pate fungiert, zur Aufgabe gemacht, das deutschsprachige Chanson zu fördern. Den Ehrenvorsitz der Jury, darunter auch der Intendant des RenitenztheatersSebastian Weingarten, nimmt die Sängerin und Entertainerin Katja Ebstein ein. Und alle Teilnehmer hoffen, dass sich der Titel einer ihrer erfolgreichsten Lieder gerade bei ihnen bewahrheitet. Denn: „Wunder gibt es immer wieder…“

„Vom 17. bis 19. Oktober 2013 wird Stuttgart wieder die Chanson-Hauptstadt Deutschlands“, tönen die Veranstalter vollmundig. Dass es großen Spaß macht, dabei zu sein, weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe Vorjahrs-sieger Georg Clementi, für den ich die Öffentlichkeitsarbeit mache, und seine Musiker, die Akkordeonisten Sigrid Gerlach-Waltenberger und den Gitarristen Tom Reif, nach Stuttgart begleitet und ihnen im Ballsaal des Meridien mit klopfendem Herzen die Daumen gedrückt.

Lust auf den Troubadour 2013 bekommen? Bewerben können sich Solokünstler und Musikgruppen, die in deutscher Sprache eigene Chansons und Lieder singen. Machen Sie es einfach Georg Clementi nach oder den ExCELLEnten Johannes Kirchberg (1. Platz 2009), Fabian Schläper (mit Tina Häussermann 1. Platz 2008), Klaus André Eickhoff (2. Platz, 2009), Madeleine Sauveur (3. Platz 2011) und Anna Piechotta (3. Platz 2006)!

 

 

Es bleibt nur die Erinnerung

 

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

 

„I bin dir ausgeliefert jede Nacht. Du hoitst mi g’fangen, lasst mi net aus“, so lautet eine Textzeile eines Songs von Hansi Dujmic. Ein Song, der es in die Top 10 von Österreich schaffte. „Ein Herzens-Hit für die Ewigkeit“, so bezeichnete ihn die Journalistin Marga Swoboda. Geschrieben hat es der Wiener Gitarrist und Sänger 1986 für seine Frau Brigitte. „I bin dir ausgeliefert jede Nacht…“ ist aber auch eine Zeile, die auf die dunkle Seite seines Lebens zutraf, das viele Jahre von  Drogen bestimmt war,  die ihn schlussendlich zerstörten. Am 21. Mai 1988 starb Hansi, der Zweifler, der Zerrissene, der von Depressionen Gebeutelte an einer Überdosis Heroin. Das war er gerade mal 31 Jahre alt.

Eine große Karriere war ihm vorausgesagt worden. „Ein Ausnahmetalent. Der hat den Rhythm and Blues im Blut“, hieß es damals in der Szene. 1980 gründete er die Band Chaos de Luxe mit Mischa Kraus (Bass), Robert Kastler (Keyboards) und Alex Munkas (Schlagzeug.  Die LP „Coloured“ – ja, damals gab es noch diese großen schwarzen Scheiben –  wurde von der Presse hochgejubelt, der kommerzielle Erfolg blieb aber aus. Damals war gerade New Wave angesagt und nicht rockiger Blues, made in Austria. Das war der Grund, warum sich die Band auflöste.

1985 wurde der Theatermacher Michael Schottenberg auf den plüschäugigen Sänger aufmerksam und engagierte ihn für die Titelrolle des Musicals „Elvis“.  Nach dem großen Bühnenerfolg  wollte Hansi Dujmic danach wieder eigene Musik machen, als Solokünstler durchstarten, das Image des Wiener Elvis abschütteln. Er versuchte sich in verschiedenen Stilrichtungen, sang mal auf Wienerisch und mal auf Englisch, wofür er sich den Künstlernamen Dew Mitch zulegte. Der erhoffte große Durchbruch wollte und wollte sich nicht einstellen. Hansi Dujmic  wurde gerade mal „weltberühmt“ in Österreich. Weiter brachte machte ein anderer Namensvetter:  Hans Hölzel aka Falco. Aber das ist eine andere Geschichte. Eine, die auch kein gutes Ende fand.

„In den All-Time-Charts bleibt die Marke Dujmic bestehen. Steht dafür, dass jemand bereit ist, die Seele aufzureißen, bis weit über die Schmerzgrenze“,  schrieb  Marga Swoboda über den sensiblen Künstler. “Echte Menschen, echte Künstler, echte Liebende sind sehr verwundbar.“ „Es bleibt nur die Erinnerung“, ist der Titel einer Compilation-CD, die anlässlich seines 20. Todestages herausgebracht wurde. Erinnern wollen sich heute, fünf Jahre später,  auch seine  Freunde und Musikerkollegen, darunter in die Jahre gekommene Austropop-Größen wie Wilfried, Joesi Prokopetz und Waterloo. Sie geben ein Erinnerungskonzert in Orpheum in Wien.

 

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Fort, Bildung! – in Pulheim

Lustige Abende mit Julia Hagemann (Celler Schule 2011) im Theater im Walzwerk.

MÜSSEN Leute mit schlechtem Charakter das eigentlich immer auf der Bühne ausleben? In Julia Hagemanns Liedern sinken die Leichen nach rechts und links zur Seite, werden Frösche gekocht, Vermieter frittiert und Kolleginnen im Rhein versenkt. Das Ganze tarnt sich als Bildungsprogramm, was aber nur ein Vorwand ist, um das Publikum beschimpfen zu können. Dazwischen erzählt sie ihre Lieblingswitze, springt von einem Kostüm ins nächste, erklärt, warum Männer schwerere Fernseher tragen können, aber früher sterben als Frauen, handelt die Geschichte der Oper und deren Bedeutung für die Gehirnforschung in wenigen Minuten ab, spielt Klavier und singt, was das Zeug hält. Schließlich hat sie’s studiert.

Im Ensemblemusikkabarett Kehlwerk ist Julia Hagemann am 24.5.2013 unter dem Motto  Singen im Akkord zu sehen.   Kehlwerk bietet Musikkabarett vom Feinsten. Das Ensemble hat sich darauf spezialisiert, unschuldige Lieder und Arien so zu bearbeiten, dass sie selbst von ihren Verfassern nicht wieder erkannt werden – ein Programm, das sich in einem Moment zärtlich in die Tiefen der menschlichen Seele einschmeichelt und im nächsten frech und unbekümmert auf die Zwerchfelle seiner Zuhörer eintrommelt. Kehlwerk – immer auf der Suche nach dem Spaß im Ernst, dem Unbekannten im Bekannten, der messerscharfen und doch nie aufzufindenden Trennlinie zwischen? E- und U-Musik, verlustiert sich irgendwo zwischen kühn arrangiertem? Volkslied, Rumba, Oper und Hundegeheul.

„Wie geht Singen?“ unterhaltsam und informativ und allgemeinverständlich erklärt für alle, die finden, dass Singen leicht, beglückend und natürlich sein sollte, und wissen wollen, wie das geht. „Infotainment at its best“ ist der Kerngedanke im neuen Buch  Von Nebelhorn bis Nachtigall .

Rechtzeitig zum zweihundertsten Grimm-Jahr 2013 erschien Ihre brandaktuelle Märchen-CD als Rehwinkel-Edition mit den Märchen von Rotkäppchen, Schneewittchen, Dornröschen, Hans im Glück, Sterntaler, Hänsel und Gretel, Rumpelstilzeiner mit Booklet-Illustrationen von Barbara Berrien.

 

 

Angeln mit Bastian Sick

von Edith Jeske

Die Grimm-Festspiele in Hanau – ein Riesen-Event, eine Bühne mit fast 1400 Zuschauerplätzen. Viele Male schon hat mein lieber und verehrter Kollege Wolfgang Adenberg (Celler Schule 1996) dort die Musicals auf die Bühne gebracht. In diesem Jahr habe ich die Ehre – und eine Ehre ist es tatsächlich.

Am 17. Mai ist die Premiere von Schneeweißchen und Rosenrot. Das Buch stammt von Dieter Gring,  die Musik von Friedrich Rau,  die Songtexte von mir. Regie führt Marc Urquhart
Und hier gibt es bis dahin täglich eine neue kleine Hörprobe.

Aber das ist eine andere Geschichte.

Als ich die ersten Proben begleitete und hier und dort etwas umschrieb, blieb ich an einer meiner Zeilen hängen.  Albin, der Zwerg, will die verzauberten Prinzen in die Falle locken, indem er sich selbst als Köder präsentiert:

Albin, von Karsten Kenzel 480x640
Foto: Karsten Kenzel

 

„Hier sitz ich und ich angle…..“

Heißt es tatsächlich „angle“? Oder sollte unser Zwerg nicht eher singen „Hier sitz ich und ich angel“? Mir kam das plausibler vor. Aber nicht plausibel genug, um es einfach zu machen. Also schrieb ich meinen Freund Bastian Sick an. Der fand die Frage so interessant, dass er sie in einen Beitrag seiner Kolumne  verwandelte.

Übrigens ist die neue Folge vom Dativ, der bekanntlich dem Genitiv sein Feind ist, gerade fertig und wird Mitte Mai erscheinen. Bestellen kann man sie schon jetzt.

Restkarten in Muggensturm

Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Haben Sie schon mal  den Wunsch verspürt, nach Muggensturm zu fahren? Muggensturm?  Never heard? Naja, mir ging’s bis vor kurzem noch genau so. Jetzt weiß ich dank Google, dass es an der Grenze zum Elsass liegt und dort Mitte Mai zwei Tage lang gefeiert wird. Vermutlich feucht-fröhlich, denn im Spritzenhaus (!) tritt Michael Krebs auf, in Berlin lebender Musikkabarettist und Pop-Comedian mit unverkennbaren schwäbischen Wurzeln. Da wäre ich gern dabei! Aber irgendwie ist dieses Muggensturm dann doch etwas abgelegen – von Salzburg aus betrachtetet. Chance auf ein Ticket hätte ich wohl noch, denn „Es gibt noch Restkarten“. So nennt Krebs prophetisch-schlitzohrig sein Programm, mit dem er seit 2011 mit großem Erfolg durch die Lande tingelt.

In der Reihe kabarett.com auf 3 SAT gab es gestern eine 30-minütige Kostprobe, die nach mehr schreit. Den Mann muss man einfach gesehen haben. Am besten live! Ein  rotzfrecher, aber charmanter Pointenschleuderer par excellence!

Apropos ExCELLEnce: Michael Krebs, 1974 geboren, drückte 2003 die Bank der Celler Schule und  mutierte ein Jahr später „Vom Wunderkind zum Spätentwickler“, so der Titel seines ersten Programms, das es auch als CD gibt. Es folgten viele Auftritte in Thomas Hermanns Quatsch Comedy Club,  in Schmidt Theater in Hamburg, in Night Wash und Ottis Schlachthof sowie 17 Kleinkunstpreise.   „The funniest fuckin’  German I know“, überschlug sich Amanda Palmer von den Dresden Dolls vor Begeisterung.

Nun bastelt der bekennende und praktizierende Richard Clayderman-Fan, der in jedem Musikstück  ein bisschen Adeline ortet, an seinem neuen Programm. Am 11. November ist im Düsseldorfer Kom(m)ödchen Premiere. Am 16. November wird Michael Krebs in München im Schlachthof in die Tasten hauen. Das werde ich mir nicht entgehen lassen. Salzburg  – München ist doch ein Klacks!

 

 

Auf der Liederbestenliste

Sie sind wahre Trüffelschweine, jene Juroren der Liederbestenliste, die Monat für Monat aus der Fülle der deutschsprachigen CD-Produktionen die Spreu vom Weizen trennen und musikalische Kostbarkeiten erschnüffeln, die im Mainstream kaum Beachtung finden. Liederbestenliste? Nie gehört?  Dann ist es höchste Zeit, einen Blick auf sie zu werfen.

Als Leuchtturm der lebens- und wahrheitshungrigen, liedtrunkenen Songschreiber und Geisterpoeten oder auch quasi „last man standing“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so bezeichnet sie der Liedermacher George Leitenberger. Etwas prosaischer ausgedrückt: Die Liederbestenliste ist eine Kritiker-Hitparade, zusammengestellt von kompetenten Musik-Redakteuren, die ein feines Sensorium für anspruchsvolle deutschsprachige Lieder haben. Sie wurde 1984 im Südwestfunk ins Leben gerufen. Die Lieder werden regelmäßig in diversen Radio-Musiksendungen in Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz gespielt, es wird die CD des Monats gekürt und der Jahrespreis der Liederbestenliste sowie ein Förderpreis vergeben. Unter den bisherigen Preisträgern findet man klingende Namen wie Wolf Biermann, Franz Josef Degenhardt, Konstantin Wecker und Reinhard Mey.

In diesem Jahr bekommt Wenzel den Preis der Liederbestenliste, und zwar für seinen  Titel „Die Erde ist da für dich und mich“ von der CD „Woody 100 live“, eine deutschsprachige Übertragung des Songs „This Land Is Your Land“ von Woody Guthrie. Für Wenzel, ist dies nach  2001, 2005 und 2008 bereits die vierte Auszeichnung.

Der Förderpreis der Liederbestenliste geht an die Berliner Künstlerin Maike Rosa Vogel. Vergeben werden die Preise im Rahmen des diesjährigen Liederfests, das am 21. September im Mainzer Unterhaus stattfindet.

Was mich besonders freut: Auch in diesem Monat – nun schon zum dritten Mal – ist der Lied „Das Kopftuch“ von Georg Clementi von der CD „Zeitlieder“ auf der Liederbestenliste. Und noch ein alter Bekannter ist darauf zu finden: Wilfried, der bereits in den 1980er (!) Jahren als österreichischer Alpenrocker die heimische Musikszene aufmischte, gibt mit „Wieder da“ von der CD „Tralala“ wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich.

 

 

 

 

Kein Schnee von gestern

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Die kenn ich doch! dachte ich, als mich neulich drei junge Salzburger Musiker aus der Zeitung angrinsten. Sie hatten wirklich allen Grund zum Strahlen. Niklas Mayr, Rupert Karl und Marvin Sillner,  die unter dem Bandnamen Manchester Snow auftreten, gewannen in Linz den Austrian Newcomer Award 2013 in der Kategorie U21. Dieser Preis hat sich in den letzten Jahren zu einer renommierten Auszeichnung für österreichische Musiktalente gemausert.

Woher ich die Jungs kenne? Ich besuchte im vergangenen Herbst in Salzburg einen Workshop, den das Music Information Center Austria, kurz MICA, für junge Musiker u. a. zum Thema Urheberrecht veranstaltete. MICA ist ein unabhängiger gemeinnütziger Verein, der sich die Unterstützung der in Östereich lebenden Musikschaffenden durch Beratung und Information zur Aufgabe macht. Ein Blick auf die Homepage lohnt sich.

Auf Niklas, Rupert und Marvin, alle gerade mal 17 Jahre, traf die Bezeichnung „Junge Musiker“ bei weitem besser zu als auf mich, was mich allerdings nicht von der Teilnahme abhielt. Die drei standen kurz vor der Fertigstellung ihrer ersten EP, wie mir mein Banknachbar Niklas verriet, und sie holten sich beim Workshop-Leiter Helge Hinteregger Tipps, um für die Vertragsverhandlungen mit dem Produzenten gewappnet zu sein. Manchester Snow, die Indie-Pop machen und  ihre Texte vorwiegend auf Englisch schreiben, hätten in diesem Blog eigentlich nichts verloren, wenn es da nicht auf ihrer EP „Citizens“ das Lied „Xoxo“ gäbe, in dem  die Jungs auf Deutsch einen nicht ganz ernst gemeinten Blick in die Zukunft riskieren. „Wenn ich gar nichts bekomm‘, von dem was ich gerne hätte, dann reicht mir immer noch der Boden der Herrentoilette.”  Zur Zeit ist  Optimismus angesagt. „Es ist unfassbar schön, was sich gerade abspielt“, freuen sich Niklas, Rupert und Marvin, Und ich freue mich mit ihnen. Ihr Song „Forrest Lane“, der auch auf VIVA gespielt wird, ist durchaus hörenswert. Geradezu naturbesoffen mache das Lied, behauptet der Radiomoderator Norbert K. Hund von der Radiofabrik Salzburg.

Manchester Snow scheint jene Art von Niederschlag zu sein, von dem man auch nach einem überlangen Winter nicht genug bekommen kann…

 

 

 

Im Süden von meim Herzen…

von Claudia Karner  (Celler Schule 2006)

Süden –  das ist für den bayrischen Liedermacher Werner Schmidbauer mehr als eine Himmelsrichtung. Es ist ein emotionaler Landeplatz – ganz ohne Niederschläge. „Im Süden von meim Herzen foit nia da Schnee“, behauptet er in einem seiner Songs. Süden ist auch der Titel der CD, die Schmidbauer gemeinsam mit seinem Landsmann, dem Mulitinstrumentalisten Martin Kälberer, und dem italienischen Cantautore Pippo Pollina schrieb und produzierte.

Schmidbauer, Pollina und Kälberer, alle auch als Solisten eine Klasse für sich, verbindet nicht nur die vermeintliche geographische „Nähe“  – Pollina stammt aus dem Süden Italiens,  Schmidbauer und Kälberer aus dem Süden Deutschlands -, sondern auch eine langjährige Freundschaft. Und so lag es auf der Hand, ein abendfüllendes Programm mit Liedern zu schaffen, in denen sich die bayrische Sprache mit der italienischen vermischt und die unterschiedlichen Musikstile  in einander fließen und zur Perfektion verschmelzen. „Ein wahres Kleinod“, schwärmen Fans von der  CD, die im Sommer 2012 auf den Markt kam. Seitdem sind Schmidbauer, Pollina und Kälberer auf Achse. Bis jetzt spielten sie 99 Konzerte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien. Gestern wärmten sie den Salzburgern im ausverkauften Republic  Herz und Ohren. „Danke für  die Musik, in die man sich hüllen kann wie eine Kuscheldecke, danke für das Gefühl von Wärme und Sonne“, schrieb eine Konzertbesucherin ins Gästebuch.

Am Ostersonntag nimmt die bayrisch-italienische Erfolgsgeschichte im Prinzregententheater in München ihr vorläufiges Ende. Das Grande Finale wird am 12. August dort stattfinden, wo sich Schmidbauer, Pollina und Kälberer und ihre Anhänger so gern hinträumen: in den Süden, und zwar in der Arena von Verona. Was Schmidbauer und Kälberer besonders freut: Sie werden die ersten deutschen U-Musiker sein, die auf diesem ehrwürdigen Platz, der  der Oper und der Klassik vorbehalten ist,  auftreten. Zwischen Nabucco und Rigoletto. Reeeeeschpekt!

10. Kabarettakademie in Bad Kissingen

von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Ich komme selten allein, behauptet meine Celler Jahrgangskollegin Madeleine Sauveur, Musikkabarettistin und Autorin aus Mannheim, in ihrem aktuellen Programm. Meist an ihrer Seite  – sowohl auf der Bühne als auch privat –  ist Clemens Maria Kitschen, seines Zeichens Pianist, Komponist und Multiinstrumentalist. So auch bei der Kabarettakademie 2013, die heuer von 14. bis 18. August im Heiligenhof in Bad Kissingen stattfindet.

Seit 2004 trifft sich dort der deutschsprachige Kabarett-, Chanson- und Comedy-Nachwuchs, um sich bei Bühnenprofis den Feinschliff zu holen. Daneben hat man die Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen, neue Inspiration zu tanken und jede Menge Spaß zu haben. Auch wer nur mal so in das Genre hineinschnuppern möchte, so wie ich es im vergangenen Jahr gemacht habe, ist hier gern gesehen. Aus zehn Workshops, die von Improvisation bis zur Schreibwerkstatt reichen, kann man zwei auswählen, die einem am besten gefallen.Leiter der Kabarettakademie, die einer Initiative von Rainer Hofmann-Battiston, Mitbegründer des Kabarettpreises „Reinheimer Satirelöwen“ zu verdanken ist, ist Michael Ihringer. Der Schauspieler und Kabarettist aus Darmstadt war von Anfang an dabei. In den ersten vier Jahren fand die Kabarettakademie in der Bildungsstätte Burg Fürsteneck statt. “Als Burg Fürsteneck die Veranstaltung aus dem Programm nahm, führte ich sie mit dem von mir gegründeten Förderverein als Veranstalter in Bad Kissingen weiter. Die Idee war einfach zu gut!“, erzählt Ihringer. “Was die Kabarettakademie so einmalig macht, ist die Gruppendynamik, die sich jedesmal entwickelt, wenn sich 50 oder 60 Kulturschaffende aller Genres und Entwicklungsstufen für fünf Tage am Stück aufeinander einlassen. Da passiert so unendlich viel, dass alle Bedenken, die man vorher vielleicht hat, und alle Unterschiede zwischen Laien und Profis, Teilnehmern und Referenten ganz schnell verschwunden sind. Man ist einfach nur noch Teil von einer großen Entwicklung.”

Das Resümee nach zehn Jahren? „Besser als erwartet!“ sagt Ihringer. „Und so denken auch viele Teilnehmer, die zum dritten oder vierten Mal oder noch öfter teilnehmen. Auch die Referenten kommen gerne wieder und bringen sich mit viel Engagement und Idealismus in die Workshops und  die ganze Akademie ein. Sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den Referenten haben wir immer rund zwei Drittel Wiederholer, die den Geist weitertragen, und ein Drittel Newcomer, die frischen Wind in die Sache bringen. Diese Erfolgsformel hat sich überall die Jahre bewährt und ist ein echtes Qualitätssiegel.“ 

„Ich glaube, wir sind heuer schon zum fünften Mal dabei“, sagt Madeleine Sauveur. Dieses Jahr beschäftigt sie sich gemeinsam mit Clemens Maria Kitschen mit Chansoninterpretation. „Die Arbeit in den Workshops macht mir jedes Jahr wieder großen Spaß. Letztes Mal hatten wir eine besonders homogene Gruppe, und das Ergebnis war sehr effektiv.“ Und noch ein ExCELLEnt steht  heuer auf der Referentenliste: Tilman Lucke, Musikkabarettist  aus Berlin. Gemeinsam mit der Wiesbadener Schauspielerin und Sängerin Helga Liewald macht er Gruppen-Coaching. „Es geht in dem Workshop um die konsequente Weiterentwicklung und Fertigstellung bereits geschriebener Nummern“, erklärt Lucke. „Ich möchte Kollegen helfen, die am Anfang ihrer Kabarettkarriere stehen und/oder sich verbessern möchten. Natürlich bekomme ich auch selbst wichtige Anschübe und Ideen für mein eigenes Programm, wenn ich mehrere Tage lang mit originellen Menschen zusammen bin.“

ExCELLEnte wurden auch schon auf der Teilnehmerliste gesichtet. Zum Beispiel Sylvia, die Unvollendete. Sie gerät ins Schwärmen, wenn sie an den letzten Sommer denkt: „Ich habe 2012 erstmalig an der Kabarettakademie teilgenommen und damit eine Perle entdeckt. So viele Gleichgesinnte aus dem Kabarett- und Chansonbereich trifft man selten auf einem Fleck. Die Stimmung ist kollegial, international und phänomenal.“ Begeistert ist sie auch von der Organisation und den fachkundigen Dozenten. „Man lernt man in eine Menge dazu und kann länderübergreifende Kontakte knüpfen.“

 

 

 

Sterben, um zu leben

 von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

Schon wieder ein Gedenktag! Schon wieder ein Anlass, auf den Grund meines Archivs zu tauchen. „Die Stadt Salzburg kannte ich bis jetzt nur flüchtig. Aber nach einer Mönchsbergbesteigung kann ich mir durchaus vorstellen, hier meinen Alterssitz aufzuschlagen“, erzählte mir Falco  im September 1981 in einem Interview, das unter dem Titel „Dem Erfolg  dicht auf den Fersen“ in einer Salzburger Wochenzeitung erschien. Markus Spiegel von GIG Records hatte mir auf den Termin vermittelt mit den Worten: „Du wirst sehen, das  wird noch einmal ein ganz Großer!“ Damals hatte Falco gerade  „Der Kommissar“  auf den Markt gebracht.  Markus Spiegel sollte Recht behalten. Über Nacht war der coole Wiener mit den gegelten Haaren, der mit bürgerlichem Namen Hans Hölzel hieß, in aller Ohren. Die Single, damals noch eine schwarze Scheibe, wurde 6,5 millionenmal verkauft.

Dass es aus dem geplanten Alterssitz dann doch nichts wurde, ist hinlänglich bekannt.  „Wenn ich schon mal zu früh sterben sollte, dann wie James Dean – auf einer Kreuzung im Porsche. Zack. Aus.“ Aus welcher Zeit dieses Zitat stammt, konnte ich nicht eruieren. Es war allerdings kein Porsche, sondern ein Geländewagen, in dem Falco saß, als er am 6. Februar 1998 in der Dominikanischen Republik gegen einen Autobus krachte.  Das war das tragische Ende einer weltweiten Karriere. Mit „Rock me Amadeus“ schrieb der Wiener Popgeschichte. Er war er vier Wochen lang auf dem ersten Platz der US-Charts. Das hatte kein anderer deutschsprachiger Sänger vor ihm geschafft.  Trotzdem sah er sein Tun nur als flüchtige Kunst an. „Was wir machen ist Schall und Rauch. Der letzte Ton ist verklungen, die Leute geh’n nach Haus, und das war’s dann irgendwie.“

Ein Leben auf der Überholspur, zwischen Größenwahn und Depression: Falco war immer für einen Skandal gut und ließ keine Affaire und keinen Drogenexzess aus. Hinter seiner provozierenden Macho-Attitüde steckte ein sensibler und verletzlicher Mensch. „Ich lebe nur einmal. Und so wie ich lebe, ist einmal auch genug,“ soll er über sich gesagt haben. Sein  früher Tod  – Falco starb knapp vor seinem 41. Geburtstag – machte ihn zur Pop-Legende. „Falco war die vollendete Verkörperung einer stetigen Auseinandersetzung. Eines Kampfes zwischen Unschuld und Erfahrung, zwischen Ironie und Gutgläubigkeit, zwischen Willen und Schwäche. Er war in jeder Hinsicht Spiegel seiner Generation.“ So pathetisch formuliert es sein Biograf Peter Lanz.

Als musikalisches Vermächtnis hinterließ der Falke das Album „Out of the dark“, das posthum veröffentlicht wurde. Darauf interpretiert er den legendären Spruch des Kabarettisten Helmut Qualtinger „In Wien muasst erst sterben, damit’s di hochleben lassen. Oba dann lebst lang!“ auf seine Weise, indem er fragt: “Muss ich denn sterben, um zu leben?”

Ein ausführliches Interview auf ZEITonline mit Falco-Entdecker Markus Spiegel  gibt’s hier zu lesen:

http://www.zeit.de/online/2008/06/falco-interview-markus-spiegel