Claudia Karner (Celler Schule 2006)
Wie macht das der Clementi? Er pickt einen sperrigen Satz wie Es gibt bessere Orte für Nierenkolik als die ostsibirische Wildnis, aus der ZEIT, der renommierten Hamburger Wochenzeitung, und macht ein Chanson daraus, ein Chanson über Sesshaftigkeit und Spießertum. Oder er nimmt die Glosse von ZEIT-Edelfeder Harald Martenstein mit dem Titel Das Kopftuch entfaltet radialere Wirkung als ein Dieter-Bohlen-Tattoo und skizziert pointiert und witzig das Problem eines weiblichen Teenagers in unserer heutigen, ach so liberalen Welt, eine Möglichkeit zu finden, die Erwachsenen doch noch zu provozieren. Oder er lässt sich von einer preisgekrönten Reportage über den Kinderknast in Lesbos inspirieren und schreibt einen Gänsehaut-Song über die Tragödie von jungen Flüchtlingen aus Afghanistan. Nicht nur den zitierten Journalisten gefällt es, welch musikalische Meisterwerke Clementi aus ihren Texten macht. Auch das Premieren-Publikum im Seekirchner Emailwerk, einer Kleinkunstbühne nahe der Stadt Salzburg, war begeistert. Veranstalter Leo Fellinger ist überzeugt: Gäbe es in Österreich ein Radioformat wie in Frankreich, wäre Georg Clementi längst ein Star. Er ist zweifellos ein Multitalent, der viele Formen des Geschichtenerzählens beherrscht.
In seinem aktuellen Programm Zeitlieder, das er mit zwei kongenialen Musikern, Sigrid Gerlach-Waltenberger am Akkordeon und Tom Reif an der Gitarre, geschaffen hat, kehrt Clementi zu seinen Wurzeln als Liedermacher zurück. Er textet seine Songs wieder selbst. Die neuen Lieder sind das Beste, was ich je geschrieben habe, sagt er unprätentiös. Dem kann ich nur zustimmen. Schön, dass ich mit so einem tollen Künstler als Texterin für das Programm Der brave Mann, das beim Troubadour 2011 ganz vorne landete, zusammenarbeiten durfte.
Es gibt bessere Möglichkeiten, eine Ausgabe der ZEIT zu verwerten als damit den Boden des Meerschweinchenkäfigs auszulegen, finde ich, lieber Georg. So, und jetzt mach einen Song daraus! 😉