Mensch, ging das aber schnell…

Von Claudia Karner (Celler Schule 2006)

„Mensch, ging das aber schnell… „, räsoniert Stephan Sulke in einem seiner Lieder. „Wumm-di-bumm – Halbzeit um, Mensch ging das aber schnell!“ Am 27. Dezember, feiert der Chansonnier seinen 70. Geburtstag. Und noch immer sitzt ihm der melancholische Schalk im Nacken. „Du guckst in den Spiegel und denkst, wo ist die Zeit geblieben? Aber der Spiegel lügt nicht. Du bist ein junger Mann in einem alten Körper geworden, auch wenn du noch immer ganz passabel Tennis spielst und die Treppe hoch läufst oder dir Frauen auch in Begleitung ihrer Männer schöne Augen machen.“?

Als Sohn Berliner Emigranten in Shanghai geboren und in der Schweiz aufgewachsen, startete Sulke seine Karriere als Liedermacher und Chansonnier 1963 in Paris. Unter dem Pseudonym Steff veröffentlichte er seine erste Single „Mon Tourne-Disque“, für die er den Titel „Bester Nachwuchskünstler“ einheimste und von keinem Geringeren als Maurice Chevalier ausgezeichnet wurde. Nach einigen Jahren in den USA starte Sulke Anfang der 1970er Jahre unter eigenem Namen seine Karriere. Rasch wurde er eine große Nummer im deutschsprachigen Raum, melancholisch-poetisch, schnoddrig-lakonisch, nicht so verbissen wie seine Liedermacherkollegen Wader, Wecker und Degenhardt, auch nicht so schwiegermutterkompatibel wie Reinhard Mey. Mein absolutes Lieblingslied aus dieser Zeit: Der Mann aus Russland. Sulke schrieb auch die Texte für Katja Ebsteins LP „He du da“ und Erika Pluhars LP „Beziehungen“ und landete 1982 mit „Uschi, mach kein’ Quatsch“ den größten kommerziellen Erfolg. Dabei war dieser Song nur als schnelle Trotzreaktion auf pseudoemanzipierte Zicken gedacht.

1987 zog sich Stephan Sulke vom Showbiness zurück, weil er zuviel Leere und zuviel Ego ortete, machte Bilder, Skulpturen und glücklose Geschäfte. „Der Heimwehkoller nach Musik“, O-Ton Sulke, trieb ihn 1999 wieder zurück, um wenige Jahre danach, wieder abzutauchen. Gern vergleicht sich der Künstler mit einem Löwen, der erst wieder seinen Hintern hebt, wenn er Hunger hat – Hunger aufs Singen. Vor zwei Jahren kam er mit der CD „Enten züchten hätte ich sollen“ wieder aus der künstlerische Versenkung hervor und ging zur Freude seiner langlebigen Fans auch auf Tour. Seit 2005 firmiert Sulke beim Lied- und Chansonwettbewerb Der Troubadour in  Stuttgart, als Schirmherr.

Die Themen für seine Songs scheinen dem Meister der leisen Töne noch immer nicht auszugehen. Auf die Reporterfrage: „Wie entstehen Ihre Lieder?“, antwortete er einmal: „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Es ist ein wundersames Geheimnis, diese Muse… kommt, geht, plötzlich da, dann wieder weg. Ich weiß nur eins: Die Idee ist 10 Prozent vom Song, die restlichen 90 Prozent sind Schleifarbeit. Rotwein hilft, aber nur, wenn er gut ist.“

Pläne für heute und überhaupt?  „Nein, ich nehme den Tag wie er kommt.“ Dann bleibt mir nur noch eines: So wie der Mann aus Russland das Glas zu heben, Stephan Sulke zuzuprosten und „Za sdarowje, sa wasche sdarowje i blagabalutschje“ zu rufen.

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